Mourinho ist auch beim Abflug grandios anmassend

Schneller als je zuvor hat José Mourinho beim Chelsea FC die ganze Mannschaft gegen sich aufgebracht, nun zieht der Verein die Notbremse. Der Portugiese lobt derweil seine «phänomenale Arbeit» – vom Vorjahr.

A man believed to be Jose Mourinho covers his face under a hoody as he is is driven out of Chelsea's training, in Cobham southern England, December 17, 2015. Jose Mourinho was sacked as manager of Premier League champions Chelsea on Thursday after a calamitous run of results left the west London club one point above the relegation zone. A statement said Chelsea and the 52-year-old Portuguese Mourinho had parted company by "mutual consent" seven months after he led them to the title by an eight-point margin. REUTERS/Peter Nicholls

(Bild: PETER NICHOLLS)

Schneller als je zuvor hat José Mourinho beim Chelsea FC die ganze Mannschaft gegen sich aufgebracht, nun zieht der Verein die Notbremse. Der Portugiese lobt derweil seine «phänomenale Arbeit» – vom Vorjahr.

Der Rauswurf von José Mourinho beim FC Chelsea kam im September 2007 auch für ranghohe Mitarbeiter sehr überraschend. Der Mediensprecher wurde mitten in der Nacht von Reportern aus dem Bett geklingelt, er wusste von gar nichts. In der Folge firmierte der in der Branche nicht übermässig wohlgelittene Mann bei Journalisten nur noch unter dem unschmeichelhaften Spitznamen «Pyjama».

Die zweite Demission des Portugiesen lief im Gegensatz dazu am Donnerstagnachmittag sehr viel geregelter ab. Vereinsbesitzer Roman Abramowitsch hat ja mittlerweile Übung: Mourinho war, diverse Interimstrainer inbegriffen, der achte Coach in acht Jahren, der an der Stamford Bridge sein Amt verlor. Ausserdem hatte sich die Kündigung in den vergangenen Tagen angedeutet.

Mit neun Niederlagen in 16 Ligaspielen und Platz 16 in der Tabelle (ein Punkt über den Abstiegsplätzen) ist die erste Saisonhälfte des Vorjahresmeisters zum regelrechten Desaster geraten; nichts wies bis zuletzt auf eine baldige Besserung der Lage hin. Mourinho hatte zwar nach dem miserablem 1:2 bei Tabellenführer Leicester City am Montagabend die Schuld recht unerwartet bei sich selbst gesucht, allerdings in einer Weise, die dann doch nur wieder grandios anmassend klang.

Football Soccer - Leicester City v Chelsea - Barclays Premier League - King Power Stadium - 14/12/15 Chelsea's Eden Hazard goes off injured as manager Jose Mourinho talks to him Action Images via Reuters / Carl Recine Livepic EDITORIAL USE ONLY. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or

Der Belgier war dem sehr auf Defensivdienst Wert legenden Coach stets zu sehr Künstler, nicht genügend Soldat. Auch mit anderen Technikern im Kader gab es Probleme. Dass Mourinho sich keineswegs an die Vorgabe hielt, Spielern aus dem eigenen Nachwuchs den Weg in die erste Elf zu bahnen, befeuerte zusätzlich den Unmut des Vorstands.

In seiner erfolgreichen Karriere hat es der Autodidakt aus dem Städtchen Setúbal nie länger als drei volle Spielzeiten in einem Club ausgehalten, beziehungsweise kein Club mit ihm. Seine aggressive Methoden muten Spielern, Vorgesetzten und Medienvertreten eine Menge zu.

Football Soccer - Chelsea v FC Porto - UEFA Champions League Group Stage - Group G - Stamford Bridge, London, England - 9/12/15 Chelsea manager Jose Mourinho before the match Reuters / Eddie Keogh Livepic EDITORIAL USE ONLY.

Niemand nahm ihm nach seiner Rückkehr zu den West-Londonern im Sommer 2013 ab, dass er nun als «The Happy One», als der Glückliche, mit mehr Gelassenheit ans Werk gehen würde. Tatsächlich hat es Mourinho in der laufenden Saison wie an keiner seinen Stationen zuvor geschafft, nahezu die komplette Mannschaft gegen sich aufzubringen.

Bereits im Sommer unterstellte er einigen Leistungsträgern öffentlich verminderten Einsatz und demontierte im Training Grössen wie Mittelfeld-Stabilisator Nemanja Matic. Die Physiotherapeutin des Teams, Dr. Eva Carneiro, wurde in beschämender Manier aus dem Amt gedrängt. Sie war für den Geschmack des Trainers in einer Partie zu schnell auf den Rasen gelaufen, um den verletzten Hazard zu behandeln. Carneiro hat mittlerweile Mourinho und den Club auf Entschädigung verklagt.

Der Neue wird ein alter Bekannter sein

Kurz nach Saisonbeginn verlängerte Chelsea seinen Vertrag bis 2020, aber noch bevor die Tage an der Themse merklich kürzer wurden, hatte Mourinho den Ton gegenüber seiner Truppe so stark verschärft, dass später keine Steigerung mehr möglich war.

Chelsea kam nun zu dem Schluss, dass ein Wechsel auf der Bank unabdingbar war. Es sei eine «Trennung im gegenseitigem Einvernehmen» und «im Guten», teilte der Club um kurz nach 16 Uhr Ortszeit mit, Mourinho würde für immer eine «vielgeliebte, respektierte und signifikante Chelsea-Person» bleiben. Nun sei es aber an der Zeit, dass die Mannschaft wieder «ihr Potenzial» erreiche.

Dem Vernehmen nach soll das der Niederländer Guus Hiddink, ein Vertrauter von Abramowitsch, auf Interimsbasis erledigen. Auch für den 69-Jährigen wäre dies das zweite Mal. Er gewann 2009 als Aushilfstrainer den FA-Pokal mit den Blues.

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