Vor dem Cupfinal gegen den FC Sion müssen sich die Spieler des FC Basel nochmal in den Wettkampfmodus zurückbeissen. Paulo Sousa muss neben dem gesperrten Breel Embolo auch auf Derlis Gonzalez verzichten und blickt auf ein Endspiel, in dem er einen gefährlichen Gegner erwartet.
Als der FCB-Tross wie gewohnt mit den Velos auf den Trainingsplatz rauscht, zeigt das Thermometer bereits 35 Grad an. Freitagmorgen, es ist 11 Uhr. Mit Schweissperlen auf der Stirn verfolgen die wenigen Zuschauer die lockeren Aufwärmübungen der Mannschaft, die von Mohamed Elneny und Ahmed Hamoudi in langen Hosen absolviert werden.
Es ist eines der letzten Trainings der Basler, bevor sie am Sonntag in den proppenvollen St. Jakob-Park einlaufen werden. Der FC Sion und der FC Basel haben ihre Kontingente längst abgesetzt, die restlichen Karten gingen über den Schweizerischen Fussballverband weg. 36’000 Fans werden erwartet – alles ist angerichtet für den letzten fussballerischen Höhepunkt der Saison 2014/15.
Abschlusstraining bei 35 Grad Celsius. MIt langen Hosen ist das nur mit einer gehörigen Portion ägyptischer Coolness zu bewältigen. (Bild: keystone/WALTER BIERI)
Walliser Ausnahmezustand – Basler Normalität
Im Wallis herrscht ob der bevorstehenden Affiche schon seit einiger Zeit der Ausnahmezustand, das Team von Didier Tholot hat dementsprechend einen aussergewöhnlichen Vorbereitungsparcours absolviert. Die letzen beiden Tage vor dem Spiel gastierten die Sittener in Meisterschwanden am Hallwilersee, wo sich die Mannschaft den letzten Schliff verpasste.
Der FC Sion verpasst sich in Meisterschwanden den letzten Schliff vor dem Cupfinal gegen Basel. Im Bild: Reto Ziegler, Chadrac Akolo und Ebenezer Assifuah. (Bild: keystone/ENNIO LEANZA)
In Basel dagegen ist von einer Sondervorbereitung keine Rede, die Mannschaft trainierte ab Montag im gewohnten Rhythmus und in gewohnter Umgebung. Aussergewöhnlich war dagegen die Intensität, wie Fabian Frei an der Medienkonferenz nach dem Freitags-Training zugibt: «Ja, es war wieder strenger, aber das wussten wir ja schon im Vorfeld.» Nach drei Spielen in der Super League, in denen es sportlich um nichts mehr ging, habe die Mannschaft und der Stab in den vergangenen Tagen noch mal einen Gang zugelegt.
Sousas Warnschuss
Diese Spannung zu erzeugen sei natürlich wichtig, aber auch nicht schwer, sagt Paulo Sousa. Das hat mit vielen Faktoren zu tun, in ersten Linie aber mit dem Gegner, den Sousa als «hervorragenden Kontrahenten» betitelt:
«Sie haben eine enorme Kapazität und das ist ihre Stärke. Sie sind explosiv und haben ein grosses Kämpferherz, sie wissen wie sie in schwierigen Phasen des Spiels reagieren müssen. Im Winter haben sie ihr Kader nochmals verstärkt (mit Veroljub Salatic, Reto Ziegler, Elsad Zverotic; Anm. d. Red.), in dieser Saison hatten wir immer schwere Spiele gegen dieses Team.»
Sousas Lob des Gegners lässt erahnen, mit welcher Vehemenz er seine Spieler nach den Meisterfeierlichkeiten wieder in den Wettkampfmodus gedrillt hat. «Wir brauchen alles, unseren Kopf, unsere Seele, unser Herz. Wir müssen noch einmal alles geben, was wir haben» sagt Sousa und offenbart seine Vorfreude auf dieses Match: «Ich erwarte ein fantastisches Endspiel.»
Paulo Sousa kann im Cupfinal auf ein beinahe vollzähliges Kader zurückgreifen, einzig Ivan Ivanov, der gelbgesperrte Breel Embolo und Derlis Gonzalez fehlen dem Portugiesen.
Gonzalez weilt zur Zeit bei der Nationalmannschaft in Paraguay, mit der er am 13. Juni in die Copa America in Chile einsteigen wird. «Natürlich wünsche ich mir, dass mir die Spieler, die beim FC Basel einen Vertrag haben, auch immer zur Verfügung stehen», sagt Sousa zu Gonzalez‘ Absenz, «aber wir müssen die Situation akzeptieren und uns auf das Spiel konzentrieren. Was nicht in meiner Macht steht, darauf verschwende ich keine Energie.»
Mehr abgewinnen kann Basels Cheftrainer offensichtlich einem Blick auf die Statistik: 19 Spieler hätten in dieser Saison für den FC Basel getroffen. Gleich 19! Damit unterstreicht Sousa, dass sich die Torgefährlichkeit bei seinem Club nicht auf einen oder wenige Spieler reduzieren lässt.
Welches «V» steht zwischen den Pfosten?
Die brennende Frage in defensiven Belangen dreht sich auf Basler Seite um die Torhüterfrage. Wird Germano Vailati, der angestammte Cup-Hüter, seinen Platz in der Startelf auch im Final bekommen? Oder läuft ihm im wichtigsten Spiel des Wettbewerbs die nominelle Nummer eins des Clubs, Tomas Vaclik, den Rang ab? Sousa gibt dazu wie immer keine Auskunft, «die Spieler erfahren von mir am Sonntag, wer spielt.»
Gegenüber dem «Blick» zeigte sich Vaclik in Sachen Aufstellung grosszügig: «Gerry würde es verdienen zu spielen», wird er zitiert und wenn der Trainer ihn fragte, würde er ihm das auch so mitteilen.
Viele Basler Fans werden sich dieser Meinung anschliessen, Vailati, so möchte man sagen, hat sich dieses Endspiel verdient. Aber dies ist der Cupfinal und nicht das letzte Spiel gegen St. Gallen, in dem man vor dem Tor noch dreimal den Ball querlegt, damit Streller sein 200. Treffer erzielen kann. Will heissen: Die Zeit für Geschenke ist vorbei, am Sonntag geht es für den FC Basel auch auf sportlicher Ebene noch einmal um alles.
Dem FC Sion winkt im Falle eines Sieges im Cupfinal ein direkter Startplatz in der Gruppenphase der Europa-League.
Durch eine Änderung an der Eintrittsliste für die Europacup-Wettbewerbe erhält der Gewinner der Europa League, der FC Sevilla, einen direkten Startplatz in der Champions League. Sevilla hat sich als Fünfter in der Primera Division einen Startplatz in der Gruppenphase der Europa-League erarbeitet, ein Platz, der nun frei wird. Gemäss der Uefa-Praxis profitiert davon kein Club der Primera Division, sondern der Landesverband auf Rang 13 der Uefa-Setzliste: die Schweiz.
Das ganze Prozedere muss von der Uefa zwar noch bestätigt werden, doch davon ist auszugehen: Sollte der FC Sion den Final verlieren, erbt der Drittplatzierte der Super League, der FC Zürich, den freien Platz, und Sion geht leer aus. Der FC Basel darf also am Sonntag ausnahmsweise mit Support von Zürcher Seite rechnen.