PSG – von der Lachnummer zum unangefochtenen Herrscher

Am Mittwoch gastiert der FC Basel in der Champions League in Paris und bekommt es mit einem der schillerndsten Clubs Europas zu tun. Mit extrem viel Investorengeld aus Katar ist Paris Saint-Germain zum Dominator in Frankreich aufgestiegen – auf internationalem Parkett fehlt aber noch das grosse Ausrufezeichen.

Football Soccer - Paris Saint-Germain v Dijon - French Ligue 1 - Parc des Princes, Paris, France - 20/9/16 Paris Saint-Germain's Edinson Cavani celebrates after scoring. REUTERS/Gonzalo Fuentes

(Bild: Reuters/GONZALO FUENTES)

Am Mittwoch gastiert der FC Basel in der Champions League in Paris und bekommt es mit einem der schillerndsten Clubs Europas zu tun. Mit extrem viel Investorengeld aus Katar ist Paris Saint-Germain zum Dominator in Frankreich aufgestiegen – auf internationalem Parkett fehlt aber noch das grosse Ausrufezeichen. Ein Sittengemälde aus der französischen Hauptstadt.

Als Paris Saint-Germain am ersten Oktoberwochenende Girondins Bordeaux bewingt (2:0), sind 150 Fans aus der Ultraszene wieder im Parc des Princes. Ohne Banner, ohne grosses Theater. Es sind 150 ausgewählte Ultras, die allesamt dem CUP, Collectif Ultras Paris, zugerechnet werden. Sie singen für ihren Lieblingsverein wie in alten Zeiten. Eine Unterstützung, die den Spielern gefällt. Es ist ein Ereignis, das die Fans nach sechs Jahren zurück ins Stadion gebracht hat.

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Im Pariser Fussball ist viel passiert in der jüngeren Vergangenheit. Und man sah das Aushängeschild aus Saint-Germain nicht immer in der Verfassung wie in den 90er-Jahren. Mit «Canal+» als Hauptinvestor, dem grössten Bezahlfernsehsender Frankreichs, stand der Hauptstadtclub damals im Zenit: Halbfinale im Uefa-Cup (1993), französischer Meister (1994), Halbfinale der Champions League (1995), Gewinner des Europapokals der Pokalsieger (1996) und eine weitere Finalteilnahme im gleichen Wettbewerb (1997).

Zur traurigen Lachnummer verkommen

Der Eintritt ins neue Jahrhundert verläuft allerdings nicht wunschgemäss. Obwohl PSG viel investiert und für Spektakel sorgt mit Spielern wie Jay-Jay Okocha oder Ronaldinho, bleiben die herausragenden Ergebnisse aus. Stattdessen wird PSG für seine ständige Krisen zusehends in ganz Frankreich verspottet. In «Guignols de l’info», der berühmten Marionetten-Satireshow (auf dem Sender Canal+), wird die Hassliebe zwischen «Nico et Luis» – Spieler Nicolas Anelka und Trainer Luis Fernandez – inszeniert, und Millionen von Zuschauer klopfen sich vor Lachen auf die Schenkel.



Football Soccer - Paris Saint-Germain v Arsenal - UEFA Champions League Group Stage - Group A - Parc des Princes, Paris, France - 13/9/16 Paris Saint-Germain's Edinson Cavani in action with Arsenal's Laurent Koscielny Reuters / Benoit Tessier Livepic EDITORIAL USE ONLY.

Einer, den es zu stoppen gilt: Edinson Cavani, genannt «El Matador», hat nach neun Spielen in der Ligue 1 neun Tore auf dem Konto und über alle Wettbewerbe betrachtet bereits wieder zwölf Mal für Paris St-Germain getroffen. (Bild: Reuters/Benoit Tessier)

Als Canal+ die Lust verliert und den Verein loshaben will, tritt 2006 «Colony Capital» auf den Plan. Aber auch unter US-amerikanischer Flagge ändert sich wenig. Im Gegenteil: PSG ist zur Lachnummer geworden, und zwar in allen Bereichen. Sportlich gesehen sind die zwei Siege im Pokal (Coupe de la Ligue 2008, Coupe de France 2010) nur ein Intermezzo.

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Dank Leonardo kommen immer mehr renommierte Spieler nach Paris: Franzosen aus der Ligue 1 wie Blaise Matuidi oder Kevin Gameiro, Franzosen aus der Serie A wie Jérémy Ménez oder Momo Sissoko – oder ausländische Stars wie Javier Pastor. Der Spielmacher wird 2011 für 43 Millionen Euro von Palermo gekauft. Die Signale, die PSG aussendet, sind eindeutig: Der Club kann jetzt auch sehr viel Geld investieren, in Stars und in Spieler, die Stars werden könnten.

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Allerdings läuft nicht alles nach Plan: Im ersten Winter unter QSI rangiert Paris Saint-Germain zwar an der Spitze der Ligue 1, die führende Köpfe des Vereins feuern dennoch Trainer Antoine Kombouaré, ebenfalls eine Identifikationsfigur in Paris, und verpflichten Carlo Ancelotti. Ende Saison wird PSG trotzdem nicht Meister: Montpellier HSC, die Überraschungsmannschaft mit Olivier Giroud und Laurent Koscielny, dessen Etat mit 33 Millionen Euro fünfmal kleiner ist als das 150-Millionen-Budget der Pariser, dieses Montpellier gewinnt die Ligue 1 zum ersten Mal in seiner Geschichte.

Dominator im zweiten Anlauf

Irritieren lassen sich die neuen Herrscher über PSG aber nicht: Im Sommer 2012 werden 150 Millionen in Transfers gesteckt. Von der AC Milan werden Thiago Silva (für 42 Millionen Euro) und Zlatan Ibrahimovic (21 Millionen) geholt, dazu Ezequiel Lavezzi für 29 Millionen aus Neapel. Und natürlich auch der junge Marco Verratti, der als nächster Andrea Pirlo betrachtet wird und für den Pescara 13 Millionen Euro Ablöse erhält.



Football Soccer - Paris Saint-Germain v Arsenal - UEFA Champions League Group Stage - Group A - Parc des Princes, Paris, France - 13/9/16 Paris Saint-Germain's Marco Verratti after being shown a red card by referee Viktor Kassai as Arsenal manager Arsene Wenger looks on Reuters / Gonzalo Fuentes Livepic EDITORIAL USE ONLY.

Einer, auf den in Paris grosse Stücke gehalten werden: Marco Verratti (Zweiter von rechts), hier im Champions-League-Startspiel gegen Arsenal (1:1) mit flehendem Anliegen an Arsène Wenger. Links PSG-Captain Thiago Silva. (Bild: Reuters/Gonzalo Fuentes)

Hinten stabil, vorne sehr gefährlich – Paris Saint-Germain diktiert nach und nach sein Gesetz in Frankreich. In der Champions League scheidet PSG im Viertelfinale gegen den späteren Sieger FC Barcelona nur aufgrund der Auswärtstorregel aus. Dafür feiert Paris 2013 nach 19 Jahren endlich wieder einen französischen Meistertitel.

Eigentlich läuft alles nach Plan in der Hauptstadt. Aber am Ende der Saison 2012/2013 ändern zwei Ereignisse alles. Carlo Ancelotti entscheidet sich dafür, Paris zu verlassen, und geht zu Real Madrid. Und am 5. Mai 2013 greift Leonardo den Schiedsrichter Alexandre Castro tätlich an. Der Sportdirektor wird für 14 Monaten gesperrt. Bei PSG führt dies zu seiner Kündigung.

Spannung gibt es auf nationaler Ebene schon seit einigen Jahren keine mehr. Alle Auszeichnungen landen im Trophäenschrank in Paris.

Goutiert werden die Erfolge von Paris Saint-Germain im Rest von Frankreich nicht unbedingt. Für die Kritiker kauft der PSG die Liga kaputt. Wie immer in seiner Geschichte polarisiert der Hauptstadtclub. Die Besitzer aus Katar wollen deshalb ihr Image und das des Clubs verbessern. Erreichen will man das mit lokalen Helden. Deshalb wird Laurent Blanc als Trainer geholt: «Le président» ist einer der erfolgreichsten Fussballer Frankreichs. Er hat als Coach die Meisterschaft mit Bordeaux gewonnen, und er war Nationaltrainer.



Football Soccer - Paris Saint-Germain v Arsenal - UEFA Champions League Group Stage - Group A - Parc des Princes, Paris, France - 13/9/16 Paris Saint-Germain's Angel Di Maria Reuters / Benoit Tessier Livepic EDITORIAL USE ONLY.

Eine der Luxusanschaffungen der Herrscher aus Katar: Angel di Maria. (Bild: Reuters/Benoit Tessier)

Vom Sommer 2013 an sitzt Laurent Blanc auf der Trainerbank, die Franzosen Lucas Digne und Yohann Cabaye werden verpflichtet. Ausserdem kommen nochmals Leistungsträger aus der Serie A, wie der Knipser Edinson Cavani (für 65 Millionen Ablöse von Napoli) und Verteidiger Marquinhos (für 31 Millionen von der AS Roma). Insgesamt beläuft sich die Rechnung für den Transfersommer auf 140 Millionen Euro. Und am Ende der Saison holt PSG das erste Double (Meisterschaft und Coupe de la Ligue) seiner Geschichte.

Spannung gibt es auf nationaler Ebene schon seit einigen Jahren keine mehr. Alle Auszeichnungen in der Liga und den beiden Cup-Wettbewerben landen im Trophäenschrank in Paris. Lediglich der Coupe de France 2014 ging nach Guingamp in die Bretagne.

International ein Fass ohne Boden

Der Mangel an echtem Wettbewerb und Herausforderung daheim wird aber zum Problem auf dem europäischen Kurs: Trotz der immensen Investitionen in erfahrenes Personal schafft es PSG nie unter die Top 4 der Königsklasse. Endstation ist stets das Viertelfinale.



Football Soccer - St. Etienne v Paris St-Germain - French Ligue 1 - Geoffroy Guichard stadium, Saint-Etienne, France - 31/01/2016 Zlatan Ibrahimovic (R) celebrates with team mates after scoring for Paris St-GermainREUTERS/Robert Pratta

Lockte viele neue Erfolgsfans in den Prinzenpark: Zlatan Ibrahimovic (rechts), inzwischen bereits weitergezogen zu Manchester United. (Bild: Reuters/ROBERT PRATTA)

Ausserdem ist die Position des Sportdirektors nicht wieder adäquat besetzt worden. PSG tätigt weiterhin teure Transfers wie David Luiz für rund 50 Millionen in der Saison 2014/15. Aber solche Investitionen sind wegen des Financial Fairplays, das die steigende Verschuldung europäischer Fussballclubs aufhalten will, und der auferlegten Transferobergrenze von 60 Millionen Euro problematisch.

Als direkte Folge von David Luiz’ Verpflichtung und mit dem geplatzten Wechsel von Angel di Maria konnte Serge Aurier nur auf Leihbasis nach Paris kommen. Ein Jahr später ist di Maria dann doch da: Über 60 Millionen Euro lassen sich die Scheichs aus Katar den Argentinier kosten.

PSG hat sich in vielen Bereichen verbessert, hat viel für sein Image gemacht, aber auf der sportlichen Ebene gibt es immer noch Mängel. Zlatan Ibrahimovic, die Identifikationsfigur für viele neue (Erfolgs-)Fans, erzielt zwar Tore am Fliessband gegen französischen Mannschaften, aber in Europa gelingt es ihm nie wirklich, ein Leistungsträger der K.o.-Phase zu sein. Mit Ibrahimovic ist der Fussball in Paris ein Spektakel. Eine Show, die abrupt endet mit dem Abgang des Schweden zu Manchester United im Sommer 2016.

Wann kommt der ganz grosse Coup?

Aber vielleicht wird sich das mit Unai Emery, dem neuen Mann an der Seitenlinie, ändern. Der Doppelsieger in der Europa League mit dem FC Sevilla vermittelt den Eindruck, als ob er einen echten sportlichen Plan hätte. Spieler wie Adrien Rabiot oder Presnel Kimpembe aus der eigenen, angesehenen Nachwuchsakademie, bekommen immer mehr Verantwortung innerhalb des Teams.

Und auch die Ultras kommen langsam zurück. Zurück in die Zukunft? Danach sieht es derzeit fast aus. Mit dem Unterschied, dass man in der Hauptstadt hofft, die Zukunft werde noch schöner als das, was gewesen ist.



Football Soccer - Toulouse v Paris St Germain - French Ligue 1 - Stadium de Toulouse, France - 23/09/16. Paris St Germain coach Unai Emery reacts. REUTERS/Fred Lancelot

Weiss, wie man europäische Trophäen gewinnt: Trainer Unai Emery, der im Sommer 2016 von Sevilla nach Paris gelotst wird. (Bild: Reuters/FRED LANCELOT)

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