Salah, Salah, Salah – daneben gibt es noch einige weitere beeindruckende Erkenntnisse nach dem neuerlichen Coup des FC Basel in der Champions League. Zum Beispiel, dass der Schweizer Meister in allen technischen Daten besser war als das Grosskaliber Chelsea.
Irgendwann im Laufe des Mittwochs war Georg Heitz die Fragen leid. Der Sportdirektor des FC Basel wurde am Tag danach gelöchert mit den immergleichen Ermittlungen zum immergleichen Spieler: Wann verlässt Mohamed Salah den FC Basel? Zu Welchem Preis? Und zu welchem Club?
Es ist ja auch kein Wunder: Schon im Frühjahr, in den Viertel- und Halbfinals der Europa League gegen Tottenham und Chelsea, war Salah auffällig geworden. Ende September hatte er zur Ouverture dieser Champions League an der Stamford Bridge mit einem brillanten Tor zum Basler 2:1-Sieg beigetragen und jetzt Chelsea erneut mitten ins Herz getroffen.
Ob Salah zu halten ist, ob er nächsten Sommer noch in Basel spielen wird, vermag auch sein Trainer nicht zu beurteilen. «Ich kann es nicht entscheiden», sagt Murat Yakin. Noch hält der Ägypter sein Niveau nicht durchgehend hoch, aber er verbessert seine Torchancenverwertungsquote kontinuierlich und er ist dann besonders stark, wenn er Raum hat. Den bekommt er international häufiger und mehr, zumal gegen einen Gegner wie Chelsea, und dann wird der 21-Jährige zu dem, was Yakin mit einem Attribut bezeichnet: zu einer Attraktion.
Der teure Salah
Wenn ein Spieler nach so einer Grosstat dann auch noch mit seinem schüchternen Englisch in die Mikrofone haucht: «Ich träume von den grossen Mannschaften», dann ist die Aufregung gross. So viel kann man sagen: Salah besitzt beim FCB einen Vertrag bis 2016, was nebst seinem Leistungsausweises, auch in der Nationalmannschaft, eine vorzeitige Auslösung teuer macht.
Sehr teuer sogar. Ein gesunder Salah wird, das kann man wohl schlankweg behaupten, den bisherigen Rekordtransfer des FCB und die 15, 16, 17 Millionen Franken – so genau weiss man das ja nicht bei all den Vertragsklauseln – toppen können, die der FC Bayern München für Xherdan Shaqiri bezahlt hat.
«Eine raffinierte Mannschaft»
Das wird dann dereinst auch den Sportdirektor des FC Basel freuen, und für den Moment der Salah-Mania muss er sich eben damit abfinden, dass «es am Schluss immer derjenige ist, der das Tor schiesst», der die Gemüter bewegt.
Dabei könnte man jede einzelne Position jener Elf von Dienstagnacht durchgehen und käme ins Schwärmen: Geoffroy Serey Die und Fabian Frei mit ihrer Ausstrahlung, Mohamed Elneny mit einer starken ersten Halbzeit wie schon lange nicht mehr, Kay Voser und Taulant Xhaka mit ihrem Kampfgeist, Ivan Ivanov mit seiner Kopfballstärke und Umsicht, Fabian Schär mit seinen langen Bällen, Valentin Stocker mit seinem Biss. Selbst der unterbeschäftigte Yann Sommer mit seiner Ruhe oder Marco Streller, der einen schweren Stand hatte – sie alle trugen ihren Anteil zur ausserordentlichen Darbietung bei. Und natürlich Salah mit seinem Speed.
Der FC Basel sei eine «raffinierte und beeindruckende Mannschaft», schreibt der «Guardian», angetan davon, wie die Basler im zentralen Mittelfeld dominierten und die Bälle dann auf die Flügel verteilt haben. Angesichts eines «derart spritzigen Auftritts» sei es geradezu rätselhaft, dass Basel es nicht geschafft habe, Steaua Bukarest zu schlagen.
Basel trauert vergebenen Punkten nach
Das fragt man sich nicht nur in London. «Ich trauere ein bisschen den Punkten nach, die wir hier in Basel vergeben haben», sagt Murat Yakin. Und Fabian Frei behauptet sogar, mit seinen Kollegen in der Kabine ins Gericht gegangen zu sein. «Ich habe geschumpfen. Es kann doch nicht sein, dass wir von acht Punkten sechs gegen Chelsea holen.» Der FCB könnte längst in den Achtelfinals der Champions League stehen.
Selbst der Trainer, der so gerne den coolen Hund verkörpert, staunt darüber: «Im Fussball überrascht mich jeden Tag etwas. Aber es ist schön zu sehen, dass die Mannschaft an ihren Aufgaben wächst.»
Auch für den Sportdirektor ist es ein Entwicklungsprozess: «Unsere Mannschaft ist fast schon so weit, dass es von ihrer eigenen Leistung abhängt – und nicht von der des Gegners.» Soll bedeuten: Ein Sieg wie gegen Chelsea ist nicht allein damit zu erklären, dass die Engländer keinen guten Tag hatten.
Der FCB: In allen Belangen besser
Überrascht ist Georg Heitz nicht mehr, dafür hat es in jüngster Vergangenheit schon für zu viele Aufsehen erregende Ergebnisse gegen höher dotierte Teams gereicht: «Aber speziell ist es schon noch jedes Mal, wenn die Mannschaft ein grosses Kaliber schlägt. Man traut es ihr zu, aber dafür muss auch alles stimmen.»
Gegen Chelsea stimmte alles, bis hin zur Dramaturgie und dem Tor spät in der zweiten Halbzeit. Verblüffend ist trotzdem, dass Basel bei allen Parametern, mit denen Fussballspiele vermessen werden, besser abschneidet. Sie hatten sich darauf eingerichtet, dass Chelsea mehr Ballbesitz haben würde und kamen am Ende selbst auf 52 Prozent Ballbesitz. Vor der Pause waren es phasenweise sogar 55 Prozent, und Heitz findet: «Viel besser als in der ersten Halbzeit kann man es nicht machen.»
Auf das Basler Tor schossen die Engländer kein einziges Mal. Ein Versuch wurde registriert, und der landete irgendwo im Fangnetz vor der Gellertkurve. José Mourinmho machte die Müdigkeit seiner Spieler dafür verantwortlich, die Müdigkeit, die er nach den Länderspielreisen befürchtet hatte, und die nach dem souveränen 3:0 am Wochenende im Derby bei West Ham mit Verspätung auftrat. «Wenn du müde bist, reagierst du langsam», sagte der Portugiese, «wir haben langsam gedacht und langsam agiert.»
Schalke-Chef spuckt grosse Töne
Als Gruppenzweiter kommt der FCB in zwei Wochen zum Endspiel nach Gelsenkirchen, mit einem Punkt Vorsprung. Damit reicht ihm zwar schon ein Unentschieden, an der Ausgangslage hat sich durch den Platztausch in der Tabelle jedoch nichts Wesentliches verändert.
Georg Heitz, beeindruckt von «Mentalität und Spirit» der Mannschaft, hofft, dass die beiden Siege gegen Chelsea «eine Extraportion Energie freisetzen». Und wenn Clemens Tönnies, der Aufsichtsratschef von Schalke 04, schon einmal vollmundig ankündigt: «Wir hauen Basel weg», dann kommt auch noch eine Extraportion Motivation für den FCB dazu.
Die Pässe des FC Basel ins Verteidigungsdrittel von Chelsea – inklusive des gelb gezeichneten Diagonalballs zum Siegtor. Quelle: fourfourtwo.com (Bild: fourfourtwo.com)