Rapperswil-Jona: Der Aussenseiter im Schafspelz

Ein Verein mit der Ambition Challenge League und eine Mannschaft gespickt mit Super-League-erfahrenen Spielern – das ist der FC Rapperswil-Jona, für den der Cupmatch am Sonntag (15.30 Uhr) gegen den FC Basel das erste Wettbewerbsspiel überhaupt gegen einen erstklassigen Gegner in 88 Jahren Clubgeschichte ist.

FC Basel's Hakan Yakin, right, fights for the ball with Grasshopper Zurich's Kim Jaggy, during the Swiss Serie A soccer match at the Hardturm stadium in Zurich, Switzerland, Sunday, March 24, 2002. (KEYSTONE/Michele Limina)

(Bild: Keystone/MICHELE LIMINA)

Ein Verein mit der Ambition Challenge League und eine Mannschaft gespickt mit Super-League-erfahrenen Spielern – das ist der FC Rapperswil-Jona, für den der Cupmatch am Sonntag (15.30 Uhr) gegen den FC Basel das erste Wettbewerbsspiel überhaupt gegen einen erstklassigen Gegner in 88 Jahren Clubgeschichte ist.

Es sind die stets wiederkehrenden Vorzeichen, wenn ein Aussenseiter im Cup-Wettbewerb der ersten Runde einem Grossen des Schweizer Fussballs begegnet. Ein Fussballfest in der Provinz kündigt sich an, da unterscheidet sich der FC Rapperswil-Jona in nichts von anderen Vereinen. Und doch ist einiges anders, wenn der FC Basel am Sonntag (15.30 Uhr) am Zürcher Obersee aufläuft.

Das «Spiel des Jahres» bedeutet der Besuch eines Schweizer Meisters auf dem Land sowieso, für den FC Rapperswil-Jona ist es sogar das Spiel der 88-jährigen Clubgeschichte. Denn noch nie zuvor ist der FCRJ in einem Wettbewerb auf einen Club aus der Nationalliga A oder der Super League getroffen.

Und so stellt der Sonntag alles in den Schatten, was die erst 2007 fusionierte Stadt – mit ihren knapp 27’000 Einwohnern die zweitgrösste im Kanton St. Gallen – bisher erlebt hat. Zumindest fussballerisch. Denn am rechten Zürchseeufer hat Eishockey den höheren Stellenwert.

Neuer Zuschauerrekord

Doch die Saison auf dem Eis beginnt erst in vier Wochen, und es ist bereits abzusehen, dass diese Erstrundenpartie der «Roten» im Schweizer Cup neue Massstäbe setzen wird. 2850 Zuschauer erlebten vor zwei Jahren das Freundschaftsspiel von Borussia Dortmund. Dieser Rekord wird fallen, denn es sind 3500 Tickets im Vorverkauf weggegangen.

Denis Simani, einst im FCB-Nachwuchs und heute Innenverteidiger beim FC Rapperswil-Jona, macht Werbung für den Cup-Schlager:

Mit 4000, vielleicht sogar 4500 Zuschauern rechnen die Gastgeber, und Platz bietet das mit provisorischen Zusatztribünen vergrösserte Stadion Grünfeld für 5000. In der 1. Liga Promotion kommt der FCRJ auf einen Besucherschnitt von 750. Kein Wunder, schreibt die «Südostschweiz» vom «Match der Superlative».

Vorbereitet ist man sogar auf einen Fanmarsch der Gäste aus Basel. Mit rund 800 im Extrazug anreisenden Supportern wird gerechnet, die vom Bahnhof am Lido vorbei bis ins Grünfeld ziehen wollen. Die Kosten dieses Spiels, insbesondere die zusätzlichen für die Sicherheit, taxiert der Verein gegenüber der «Zürichsee-Zeitung» bei 100’000 Franken und mithin wird ihm, wenn überhaupt, nur ein kleiner Gewinn bleiben.

Alles – bloss keine Blamage

Stefan Flühmann, Trainer FC Rapperswil-Jona 2016/17

Stefan Flühmann, der Trainer des FC Rapperswil-Jona. (Bild: www.fcrj.ch/)

Ob es sportlich etwas zu holen gibt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Vergangenen Sonntag, als der FCB in Luzern spielte, beobachte FCRJ-Trainer Stefan Flühmann mit Din-A4-Zettel und iPad den Gegner. Der 44-Jährige, seit 2013 in Rapperswil-Jona tätig, räumte allerdings ein: «Viel rechnen wir uns nicht aus.»

Dominik Schwizer, ein Mittelfeldspieler aus Flühmanns Team, sieht es so: «Wir treten nicht an, um Trikots zu tauschen. Wir wollen die Basler so fest wie möglich ärgern. Und wir wollen ganz sicher keine Blamage.» Der 20-Jährige präzisierte am Dienstag gegenüber der «Südostschweiz»: «Alles über einem 0:5 würde kritisch werden.»

Aber da gibt es noch eine andere Seite bei diesem FC Rapperswil-Jona, die ihn gar nicht als so gänzlich aussichtlosen Aussenseiter erscheinen lassen. Die vergangene Saison, die zweite nach dem drittmaligen Aufstieg in die 1. Liga (nach 1996 und 2005), beendete Rapperswil-Jona auf dem sechsten Platz. Mit der zweitbesten Abwehr hinter Challenge-League-Rückkehrer Servette Genf.

Der Drittklassige grüsst von der Tabellenspitze

Gab es schon vergangene Saison eine grosse Fluktuation mit 14 Ab- und 13 Zugängen, wurde das Kader in diesem Sommer erneut ordentlich durchgemischt, neun Spieler abgegeben und zehn neue geholt.

Der Start in die neue Saison ist mit der erfolgreichen Qualifikation für den Schweizer Cup (im Derby gegen Tuggen) und mit sechs Punkten aus zwei Spielen (zuletzt ein souveränes 4:1 daheim gegen die Old Boys aus Basel) geglückt. Rapperswil grüsst von der Tabellenspitze und nährt die Ambitionen des Clubs, die da heissen: der Sprung in die Challenge League.

» Die Tabelle der 1. Liga Promotion

Die Vorkehrungen dazu werden schon seit geraumer Zeit getroffen. Die Lizenz für die Challenge League erhielt der Club im Frühjahr anstandslos, und nun ist eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 250’000 Franken gegründet worden. Den Löwenanteil hält zum einen FC-Präsident Rocco Delli Colli, dessen Firma zum grössten Pizza-Kurier der Schweiz gewachsen ist und deren Name auch die Trikotbrust der 1. Mannschaft ziert. Zum anderen ist Constantin Schenker involviert, der mit seiner Sportvermarktungsfirma Codama Spieler wie Xherdan Shaqiri oder Breel Embolo betreut.

Das Kader verdeutlicht die Ambitionen am Obersee

Damit allein kann man den FC Basel zwar noch nicht beeindrucken, aber wenn Verteidiger Michael Lang vom «schwerstmöglichen Los» spricht, das für den FCB unter den Erstligisten gezogen werden konnte, dann hat das auch mit dem Kader des FC Rapperswil-Jona zu tun. Da hat sich auf die neue Saison die Erfahrung von über 450 Super-League-Spielen versammelt, was aus dem Aussenseiter einen Wolf im Schafspelz macht.

Drei aktuelle oder ehemalige Nationalspieler stehen Trainer Flühmann zur Verfügung: Kim Jaggy (Haiti) sowie die beiden Liechtensteiner Michele Polverino und Dennis Salanovic. Mit Ausnahme zweier Spieler aus dem eigenen Nachwuchs (Goalie Diego Yanz und oben genannter Schwizer) hat der Rest entweder mal beim FCZ, bei GC oder beim FC Basel (die Verteidiger Denis Simani und Daniele Fischer) in der U21 probiert, den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen.



Die Nationalspieler von Rappi: Kim Jaggy für Haiti, Michele Polverino und Dennis Salanovic für Liechtenstein.

Die Nationalspieler von Rappi: Kim Jaggy für Haiti, Michele Polverino und Dennis Salanovic für Liechtenstein.

In Rapperswil-Jona könnte das nun über Umwege gelingen. Gestützt von erfahrenen Profis mit schillernder Vergangenheit im Schweizer Cup. Wie Jonas Elmer, der 104 Super-League-Spiele (für Sion und Aarau) in den Beinen hat und 2011 mit dem FC Sion Cupsieger wurde.

» Das Kader des FC Rapperswil-Jona im Detail

FCRJ-Captain Carlos Da Silva, ein Torgarant, dessen Einsatz gegen den FCB verletzungsbedingt fraglich ist, hat eine ebenso reiche (24 Einsätze) wie bittere Cup-Vergangenheit. 2004 wurde der Portugiese bei den Grasshoppers im Final von Basel zur Pause für Stephan Lichtsteiner eingewechselt und konnte den sensationellen Triumph des FC Wil (3:2) nicht verhindern.

Nun geht es gegen den FC Basel, und Jonas Elmer sagt: «Das Schöne an unserem Sport ist, dass es immer Überraschungen geben kann. Auch wenn unsere Chancen natürlich minimal sind.» Was der 28-Jährige Zürcher, der seine Karriere einst bei Chelsea lancieren wollte und über Aarau, Sion, Bellinzona, Winterthur, Toronto und Biel schliesslich wieder am Zürichsee landete, seinen Teamkollegen rät: «Wir dürfen uns nicht dazu hinreissen lassen, Sachen zu probieren, die wir sonst nicht machen.»

1990 verlor der FCB letztmals gegen einen drittklassigen Gegner

Gegen einen Unterklassigen zuletzt ausgeschieden ist der FCB 2010 beim FC Biel; gegen einen 1.-Liga-Verein verlor der FCB zuletzt 1990, damals gleich mit 0:4 im Derby beim FC Pratteln und zu einer Zeit, als die Rotblauen selbst nur in der Nationalliga B spielten. Und das mit Mathias Walther, der heute der technische Leiter der Nachwuchsabteilung des FC Rapperswil-Jona ist.

Seither haben sich die Basler im Schweizer Cup gegen die Kleinen keine Blösse mehr gegeben. Urs Fischer will zwar rotieren lassen, «aber keine elf neuen Spieler», spricht davon, dass der sonntägliche Cup-Ausflug «kein Selbstläufer» wird und scheint schon zu ahnen, was auf seine Elf zukommen wird: «Es wird nicht einfach werden, den Schalter umzulegen.»



Die Sportanlage Grünfeld, links bei einem Testmatch der Nationalmannschaft gegen den FC Rapperswil-Jona.

Die Sportanlage Grünfeld, links bei einem Testmatch der Nationalmannschaft gegen den FC Rapperswil-Jona.

So war der FC Rapperswil-Jona vor einer Woche aufgestellt

Tor:
Diego Yanz
(28 Jahre) – 1,94 Meter gross, aus der eigenen Jugend und dienstältester beim FCRJ (seit 2008)

Abwehr:
Roman Güntensperger (25) – früher: FCZ U21; 47 Challenge-League-Einsätze für Bellinzona und Brühl
Egzon Kllokoqi (23) – Kosovo/Schweiz – früher: FCZ U21; als Innenverteidiger in den beiden ersten Saisonspielen zweimal Schütze des Führungstores
Denis Simani (24) – albanischer U21-Nationalspieler; früher GC U21 und FCB U21
Jonas Elmer (28) – ehemaliger Schweizer U21-Nationalspieler; Stationen u.a. bei Chelsea und Toronto; 104 Super-League-Einsätze für Sion und Aarau

Mittelfeld, defensiv
Julio Teixeira (20) – früher GC U21 und Elche (Spanien)
Kim Jaggy (33) – Nationalspieler Haiti; früher GC, Sparta Rotterdam, Xanthi (Griechenland); 196 Super-League-Einsätze für GC und Aarau

Mittelfeld, offensiv
Dennis Salanovic (20) – Nationalspieler Liechtenstein; früher Atletico Madrid, Jugend
Enis Ramadani (24) – U18-Nationalspieler Mazedonien; früher GC U21
Dominik Schwizer (20) – eigene Jugend FCRJ

Angriffsspitze
Mychell Silva (27) – Brasilien; spielte vergangene Saison bei YF Juventus und erzielte in der zweiten Cup-Runde gegen den FCB das Ehrentor beim 1:4

Ersatz
Stefan Lapcevic (22, Tor; früher FCB U21), Daniele Fischer (20, Verteidiger; früher FCB U21), Simon Rohrbach (19, Verteidiger; früher FC St. Gallen U21), Manuel Kubli (21, Mittelfeld; ausgeliehen von GC; 1 Super-League-Einsatz), Michele Polverino (31, Nationalspieler Liechtenstein; 58 Super-League-Einsätze für Vaduz und Aarau), Remo Staubli (27; 24 Super-League-Einsätze für FCZ und Aarau), Peter Ugljesic (24; früher GC U21)

Gesperrt
Egzon Sabani (auch im Cup gegen den FCB)

Verletzt
Carlos da Sliva (32, Portugal; zentraler offensiver Spieler, mit 9 Treffern bester Torschütze des FCRJ in 2015/16; 95 Super-League-Einsätze für GC und Schaffausen, 170 Challenge-League-Einsätze für Schaffhausen und Lugano)

» Das Kader auf der Webseite des FC Rapperswil-Jona

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