Raul Bobadilla und der ruinierte Ruf

Es ist ein langes Sündenregister, das über Raul Bobadilla geführt wird. Nach der Autofahrt mit massiv überhöhter Geschwindigkeit ist der 26-jährige Argentinier vorerst ausgebremst und intern vom Dienst beim FC Basel suspendiert. Der Club will nun letztlich auch Schaden am eigenen Image abwenden.

ARCHIVE --- ZUR MELDUNG DASS DER FC BASEL STUERMER RAUL BOBADILLA MIT 111 KM/H INNERHALB EINER 50ER ZONE IN EINE RADARKONTROLLE GERATEN IST, STELLEN WIR IHNEN AM FREITAG, 26. JULI 2013 FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG --- FCB's Raul Bobadilla reacts af (Bild: Keystone/STEFFEN SCHMIDT)

Es ist ein langes Sündenregister, das über Raul Bobadilla geführt wird. Nach der Autofahrt mit massiv überhöhter Geschwindigkeit ist der 26-jährige Argentinier vorerst ausgebremst und intern vom Dienst beim FC Basel suspendiert. Der Club will nun letztlich auch Schaden am eigenen Image abwenden.

Derjenige, den die Raserfahrt von Raul Bobadilla mit am tiefsten getroffen hat, scheint Murat Yakin zu sein. «Ich bin persönlich sehr enttäuscht», sagte der FCB-Trainer am Freitagmittag und verzog dazu keine Miene. Doch die erste Konsequenz aus dieser Enttäuschung lässt keine Interpretation zu: Bobadilla wurde vom Trainer vom Mannschaftstraining am Freitag ausgeschlossen und wird auch am Samstag beim Spiel gegen Lausanne (19.45 Uhr, St.-Jakob-Park) nicht zum Kader gehören.

Diese Entscheidung traf Yakin in Absprache mit der Clubleitung. «Die Aufstellung macht der Trainer so, wie er es für richtig hält», sagte FCB-Präsident Bernhard Heusler, der gemeinsam mit Sportdirektor Georg Heitz an der freitäglichen Medienrunde mit dem Trainer teilnahm. Das war ungewöhnlich genug.

Am Freitagabend bestätigte der FCB die Suspendierung fürs Spiel gegen Lausanne und gab bekannt, dass man «das fahrlässige Verhalten von Raul Bobadilla aufs Schärfste und in aller Deutlichkeit verurteilt». Nach einem längeren Gespräch habe man ihn mit clubinternen Sanktionen konfrontiert, die der Spieler akzeptiere. Näheres zu den Sanktionen wurde nicht bekannt gegeben.

Präsident Bernhard Heusler sprach von einem «schweren Delikt im Strassenverkehr», das nicht zu tolerieren sei. Die strafrechtliche Bewertung der massiven Geschwindigkeitsübertretung im solothurnischen Seewen stehe zwar noch aus, so Heusler, doch der FC Basel als Arbeitgeber überlege, was der Vorfall für das Arbeitsverhältnis bedeutet – «auch wenn es nicht um einen Verstoss im Rahmen der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen geht», so Heusler.

Yakins enttäuschte Hoffnung

Bobadillas Engagement in Basel begann schon mit einer mehrwöchigen Sperre, die er sich noch im Trikot der Young Boys eingehandelt hatte. Und sie war lediglich die Fortsetzung einer chronique scandaleuse des 26-jährigen Argentiniers, der seine Fussballerkarriere in Europa 2006 beim FC Concordia in Basel lanciert hatte – und zwar unter Murat Yakin, der sich damals bei «Congeli» seine ersten Sporen als Trainer abverdiente.

Auf das Vertrauensverhältnis von Yakin und Bobadilla gründete auch die Hoffnung beim FC Basel, den – um es gelinde auszudrücken – nicht pflegeleichten Spieler zügeln zu können. Zu Schulden kommen lassen hat sich Bobadilla in den ersten sechs Monaten in Basel zwar nichts – zumindest nicht auf dem Spielfeld. Aber sportlich betrachtet ist die Suspendierung ein Rückschlag im nicht einfachen Integrationsprozess.

Im Winter für eine geschätzte Ablösesumme von 3,5 Millionen Franken von YB geholt, verletzte sich Bobadilla Ende Januar in der Schlussphase der Vorbereitung schwerwiegender am Knie und hatte anschliessend Mühe, den Anschluss zu finden. Erst im letzten Saisonspiel gegen St. Gallen (1:0) gelang ihm das erste Tor im FCB-Trikot.

Die Sorge des FCB ums Image und den sportlichen Erfolg

In den ersten beiden Partien der neuen Saison stellte Yakin auf einen Zwei-Mann-Sturm um und schickte Bobadilla neben Marco Streller aufs Feld. Im Startspiel gegen Aarau (3:1) steuerte Bobadilla das Tor zum 2:0 bei. Yakin sah den Argentinier «im Aufwind», und sagte am Freitag: «Ich hatte gehofft, dass er uns helfen kann.» Zumal der Trainer auf die kommenden fünf Wochen mit im besten Fall zehn Spielen für den FCB hinwies, eine Phase, in der es um die Champions-League-Teilnahme des FCB geht.

Dass der Trainer Bobadilla intern suspendiert hat, mag Symbolpolitik sein und dem Umstand geschuldet, dass der Spieler durch den Wind ist (Heusler: «Es tut ihm unglaublich leid.»). Vor allem aber ist es Ausdruck der persönlichen Enttäuschung Yakins, der als Förderer Bobadillas gilt, der sich diesen Spieler gewünscht hatte, und von dem sich der FC Basel letztlich entscheidende Tore verspricht.

Die zum Teil groben Undiszipliniertheiten haben Bobadillas Ruf längst wenn nicht ruiniert, so doch beschädigt. Nun will der FC Basel Schaden von seinem eigenen Image abwenden. «Als Profi muss man etwas können am Ball und den Willen haben sich zu verbessern. Aber er muss auch das Bewusstsein dafür haben, was er macht und wo er es macht und welche Rolle er hat», sagte Heusler am Freitag auch noch, «ein Angestellter des FCB hat nicht nur 90 Minuten das Trikot an, sondern 24 Stunden am Tag.»

Übergangsbleibe mit Anschluss ans 14er-Tram?

Stellt sich nun noch die Frage, wie Raul Bobadilla demnächst aus seinem Wohnort im solothunischen Seewen, wohin er erst kürzlich hingezogen war, zu seinem Arbeitsplatz beim St.-Jakob-Park gelangt. Vermutlch wäre eine Übergangsbleibe in Muttenz mit Anschluss an die Tramlinie 14 das Naheliegendste. Freien Wohnplatz gäbe es ja in der Gemeinde nach dem Abgang von Joo Ho Park und dem bevorstehenden von Aleksandar Dragovic.

Der Österreicher weilte am Freitag wie berichtet in Kiew zu den obligatorischen medizinischen Checks, die zu einem Transfer gehören. Auch wenn FCB-Sportdirektor Georg Heitz noch Zweifel streut, wann es konkret zum Wechsel Dragovic’ in die Ukraine kommen wird, rechnet der Trainer mit dem Innenverteidiger zumindest nicht für das Lausanne-Spiel.

Raul Bobadillas chronique scandaleuse

Seit Raul Marcelo Bobadilla 2006 in Europa angekommen ist, hat einiges angesammelt in einem Sünderregister auf und neben dem Fussballplatz. Sechs Platzverweise etwa, vier davon mit einer Gelb-Roten-Karte. Von River Plate in Buenos Aires in die Schweiz zum FC Concordia in Basel gewechselt, flog er er in der Challange League einmal vom Platz, danach im Trikot der Grasshoppers zweimal, einmal in der Bundesliga und zweimal bei den Young Boys.

Als er 2009 für umgerechnet rund fünf Millionen Franken von GC zu Borussia Mönchengladbach transferiert wurde, schrieb der «Tagesanzeiger» über Bobadilla von «Streifzügen durch Zürcher Discotheken» und «schlaflosen Nächten für die GC-Verantwortlichen».

Nach anderthalb Jahren hatte Bobadilla am Niederhein eine Alkoholfahrt mit 1,1 Promille hinter sich, sich mit Trainer Michael Frontzeck überworfen und den Club verärgert, weil er Reha-Termine sausen liess. Als er sich im Dezember 2010 im Bundesligaspiel gegen Hannover 96 eine Tätlichkeit gegen Sergio Pinto leistete, brummte ihm der Club eine saftige Strafe von 50’000 Euro auf und der DFB sperrte ihn für fünf Spiele.

Gladbachs Sportchef Max Eberl sagte damals: «Gerade weil wir oft mit ihm gesprochen haben, ist diese Aktion ein Schlag ins Gesicht für uns alle. Er muss sein Temperament in den Griff bekommen.» Bobadilla wurde ins Training der Gladbacher U23 abgeschoben und ein paar Wochen später zu Aris Saloniki ausgeliehen. Aus Griechenland wurden keine weiteren Auffälligkeiten gemeldet.

Das änderte sich schlagartig wieder mit der Rückkehr in die Schweiz, die sich die Young Boys unter Trainer Christian Gross rund 2,5 Millionen Franken kosten liessen. Im Frühjahr 2012 wurde Bobadilla von der Swiss Football League nach dem Heimspiel gegen Luzern für «verletzende, äusserst grobe und mehrmalige Schiedsrichter-Beleidigung» für sechs Spiele aus dem (Sport-)Verkehr gezogen (siehe Video unten).

Läuterung brachte diese massive Spielsperre aber nicht. Im November des gleichen Jahres leistete er sich wieder eine Tätlichkeit, diesmal war es ein Schlag gegen Lausanne-Verteidiger Guillaume Katz, was dem Büffel aus Buenos Aires sieben Spiele Sperre einbrockte, von denen er die Mehrzahl dann bereits als Angestellter des FC Basel absass.

Raul Bobadillas Leistungsdaten der Saison 2012/13:

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