Remo Hunziker: Nach einer Odyssee angekommen in der 1. Liga

Er hat als Junior beim HC Davos gespielt, in Nordamerika, beim EHC Biel. Doch immer, wenn sich Remo Hunziker vor dem Schritt zum Eishockey-Profi wähnte, kam etwas dazwischen. Jetzt, mit 23 Jahren, spielt der Baselbieter mit dem EHC Basel Kleinhüningen die Playoffs in der 1. Liga.

«Ein bisschen wie Menschenhandel.» Remo Hunziker hat in Nordamerika erlebt, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Jetzt steigt er mit dem EHC Basel Kleinhüningen in die Playoffs der 1. Liga. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Er hat als Junior beim HC Davos gespielt, in Nordamerika, beim EHC Biel. Doch immer, wenn sich Remo Hunziker vor dem Schritt zum Eishockey-Profi wähnte, kam etwas dazwischen. Jetzt, mit 23 Jahren, ist der Baselbieter beim EHC Basel Kleinhüningen in der 1. Liga angekommen und arbeitet in einer Spedition. Und das ist für ihn ganz okay so.

Als «Pfünzi» kennt ihn kaum einer mehr. Doch unter diesem Namen begann die Hockey-Odyssee des Remo Hunziker, der nun als Topscorer mit dem EHC Basel Kleinhüningen in die Playoffs der 1. Liga steigt. Den Spitznamen erbte er von seinem Vater, der ihn schon mit fünf Jahren beim EHC Zunzgen-Sissach aufs Eis schickte.

Best-of-Five gegen den EHC Brandis
Am Dienstag ist der EHC Basel Kleinhüningen mit einem überraschenden 3:1-Sieg beim EHC Brandis in die Playoff-Viertelfinals (Best-of-5) gestartet. An diesem Donnerstag, 19. Februar, empfangen die Basler die Emmentaler in der St.-Jakob-Arena (20.15 Uhr) zum zweiten Spiel.
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17 Jahre und vier Clubwechsel auf zwei Kontinenten später hat der heute 23-jährige Stürmer seinen Platz in Basel gefunden und zieht eine wichtige Erkenntnis aus seiner Hockey-Karriere: «Ich hätte früher nicht gedacht, dass so viel im Eishockey über Beziehungen läuft. Man muss einfach Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um weiterzukommen.»

Heute wiegt der 172 Zentimeter grosse Remo Hunziker 75 Kilogramm. Vor zwei Jahren waren es bei 1,68 Metern Körpergrösse noch 61 Kilo. Von der physischen Masse her war Hunziker seinen Mitspielern meistens unterlegen. Umso mehr fiel er mit seiner Wendigkeit und hohem Tempo auf dem Eis auf. Sein Talent brachte ihn schliesslich 2008 von Basel über die U16-Nationalmannschaft bis zu den Junioren des HC Davos.

Das Sprungbrett über den Atlantik

Von da an schien Hunzikers Karriere steil aufwärts zu gehen. Nach seiner zweiten Saison bei den Junioren in Davos reiste er in der Sommerpause in ein Trainingslager nach Kanada: zur «Scanlon Creek Hockey Academy», die sich rühmt, für junge Europäer ein Sprungbrett in nordamerikanische Hockey-Organisationen zu sein.

Im Showcase-Turnier am Schluss des Lagers brillierte der damals 18-Jährige und erhielt gleich mehrere Angebote von Teams aus der dritthöchsten Stufe des amerikanischen Junioren-Hockey. Entschieden hat sich Hunziker für die «Hartford Jr. Wolfpack» im Bundesstaat Connecticut. So fasste er 2010 erstmals Fuss im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

«Ein bisschen wie Menschenhandel»

«Dort war alles sehr viel professioneller», erinnert sich Hunziker, «ein neuer Spieler konnte nach zwei Tagen schon wieder gegen einen anderen getauscht werden. Ein bisschen wie Menschenhandel.»

Remo Hunziker – hier nach im Trikot der konkursiten Sharks – ist mit 16 Toren und 37 Assists der aktuelle Topscorer der 1. Liga.

Remo Hunziker – hier nach im Trikot der konkursiten Sharks – ist mit 16 Toren und 37 Assists der aktuelle Topscorer der 1. Liga. (Bild: Christoph Perren/Archiv)

Wie bei jedem jungen, aufstrebenden Athleten sollte bald der nächste Schritt der Sportkarriere folgen. Der Plan lautete: in die nächst höhere Liga aufsteigen und ein Sportstipendium an einem College beantragen. Und tatsächlich: Nach einer Saison bei Hartford hatte er bereits sein neues Team gefunden, die New Mexico Mustangs.

Doch da wurde Hunziker die hohe Mobilität der Spieler zum Verhängnis. In amerikanischen Junioren-Ligen dürfen pro Team nur zwei Ausländer spielen. Bei den Mustangs war ein solcher Platz Hunziker zugesprochen worden. Doch kaum war Hunziker beim dortigen Sommer-Trainingslager eingetroffen, stand der Ausländer des letzten Jahres plötzlich wieder im Team.

Zwischen Stuhl und Bank

Bei Hartford dagegen war Hunzikers Platz inzwischen von einem neuen Ausländer besetzt. Das Einzige, was der junge Baselbieter in den USA noch fand, war ein Schulterzucken der Team-Verantwortlichen.

«Da war ich ein wenig zwischen Stuhl und Bank gefallen. Die Saison hatte kurz davor angefangen und alle hatten ihre Ausländer», sagt Hunziker über die plötzliche Absage, «wir suchten und suchten nach einem neuen Team, aber es hat sich nichts mehr ergeben.»



In Nordamerika zwischen Stuhl und Bank gefallen, in der Heimat wieder geerdet: Remo Hunziker.

In Nordamerika zwischen Stuhl und Bank gefallen, in der Heimat wieder geerdet: Remo Hunziker. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Für Hunziker war das Ziel einer Karriere in Nordamerika damit erledigt. In der nächsten Saison wäre die Juniorenzeit für ihn ohnehin vorbei gewesen. So zog der Liestaler in die Schweiz zurück, wo ihm seine guten Beziehungen zur Baselbieter Hockeygrösse Kevin Schläpfer halfen. Der Sportchef und Trainer des EHC Biel ermöglichte es Hunziker, bei den U20-Junioren der Seeländer zu trainieren.

Ein Profivertrag schien der nächste logische Schritt

Ein Engagement in der National League B, der zweithöchsten Schweizer Liga, schien der nächste logische Schritt. Von Hunzikers früheren Trainingspartnern in Davos hatten einige schliesslich bereits Verträge in der National League A erhalten. Und Hunziker war in seinem Innern überzeugt, dass er eigentlich besser spielte als sie. Er hätte sich bloss in Biel einleben müssen, bis er an der Reihe gewesen wäre.

Diesen Hoffnungen wurde aber bereits am Anfang seiner ersten Saison in Biel ein Riegel geschoben, als bei ihm Darm- und Herzbeutelentzündungen diagnostiziert wurden. Fünf Monate lang musste er pausieren. Für den inzwischen 20-jährigen Hunziker war ein Traum geplatzt: «Ich hatte wirklich Hoffnungen, dass ich mich via Biel für die NLB empfehlen könnte. Als es von einem Tag auf den anderen hiess, ich müsse aufhören, war das ein Schlag ins Gesicht.»

Eine Lehrstelle gibt neue Stabilität

Nach den medizinischen Problemen und wiederholten Pannen in seiner Hockeykarriere musste Hunziker neue Stabilität in seinem Leben suchen. Diese fand er neben dem Eis in einer Lehrstelle zum Speditionskaufmann bei der Interfracht AG in Pratteln.

Und in den Rink steigt er nun für den EHC Basel Kleinhüningen in der 1. Liga. Die vergangene Saison hatte er zwar regelmässige Einsätze bei den EHC Basel Sharks in der NLB, doch ein weiteres Engagement bei den Sharks wäre auch ohne den Konkurs des Basler Profivereins nicht zur Debatte gestanden. Derzeit geniesst die Ausbildung den Vorrang. Und falls es für den heute 23-Jährigen doch eines Tages wieder in die NLB gehen würde, dann nur mit dem EHC Basel Kleinhüningen.

«In Basel habe ich einen Job, der mir gefällt, und ich kann viel in einem Verein spielen, in dem ich auch etwas erreichen kann. Das ist mir am wichtigsten», sagt Hunziker, «mittelfristig denke ich, dass wir in zwei bis drei Jahren an der Spitze der 1. Liga mitspielen können. Wenn Zuschauer, Junioren und neue gute Spieler nachkommen, liegt die NLB sicher wieder drin.»

Nach seiner Eishockey-Odyssee ist Remo Hunziker angekommen. In der 1. Liga und in einer Spedition. Und das scheint für ihn so ganz okay zu sein.

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