Eine Herausforderung war Damir Dzumhur für Roger Federer nicht. In gerade mal 68 Minuten fegte er den Bosnier in der Auftaktpartie in London vom Platz. So konnte Federer wertvolle Kräfte für den weiteren Turnierverlauf sparen.
Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Nicht für Rasenmeister Roger Federer. Nicht in Wimbledon, in seinem grünen Tennisparadies. Nicht für ihn, den siebenmaligen Champion der Offenen Englischen Meisterschaften, der am Dienstagnachmittag unter strahlend blauem Himmel nur 68 Minuten brauchte, um sich durch einen 6:1, 6:3, 6:3-Sieg gegen den Bosnier Damir Dzumhur in die zweite Runde zu bringen. «Ich bin sehr zufrieden, weil ich konzentriert, aggressiv und effektiv durchgespielt habe», sagte Federer hinterher, «es war der perfekte Einstieg ins Turnier.»
Jeweils in gut zwanzig Minuten handelte Federer die drei Akte seines Blitzauftritts auf der berühmtesten Grand-Slam-Bühne der Welt ab. Oft wirkte die Partie wie eine Trainingseinheit unter verschärften Bedingungen. Federer konnte gegen den von Anfang bis Ende überforderten Gegner nach Herzenslust experimentieren und variieren, ohne je in Bedrängnis zu geraten. Trotzdem blieb er stets fokussiert, suchte mit einem möglichst schnellen Abgang auch Energien für den weiteren Turnierverlauf zu sparen. «Bei einem Grand Slam musst du immer darauf achten, nicht zu viel Kraft in den ersten Runden zu verschwenden», sagte Federer, «deshalb musst du diese Spiele auch so konsequent durchziehen.»
Dzumhur zum Statisten degradiert
Federer hat sich für seine 17. Wimbledon-Teilnahme nicht weniger als den achten Titelgewinn vorgenommen, und er war nicht bereit, auf den ersten Metern dafür mehr Ressourcen als unbedingt nötig einzusetzen. Beflügelt vom Sieg im deutschen Halle und im Wissen um die starke Form, legte der 33-Jährige los wie die Feuerwehr – unaufhaltsam und unwiderstehlich zog er dem armen Dzumhur davon, einem Mann, der wie ein Statist oder gutbezahlter Zuschauer der grossen Federer-Show wirkte.
Wohl selten bei einem Grand-Slam-Auftakt dürfte Federer die oft tückische Auftaktprüfung so nervenschonend hinter sich gebracht haben wie an diesem heissen Dienstag, der eine besonders für Wimbledon ungewöhnliche Hitzeperiode einleiten soll. «Die Wärme erinnert eher an Australien, aber ich habe kein Problem damit», sagte Federer, der sich nach dem Match vor allem auf eins freute: Auf eine erfrischende Dusche, die den Schweiss vom Körper spült.
Warmer Empfang für Federer
Federer war schon vor den ersten Ballwechseln königlich von den Fans auf dem ausverkauften Centre Court empfangen worden. Als der siebenmalige Champion das satte Grün betrat, erhoben sich die Zuschauer und spendeten ihm mehr als herzlichen Beifall. «Ich denke, sie freuen sich, dass ich immer noch dabei bin. Und stark genug bin, um im Titelkampf mitspielen zu können», sagte Federer. Vor zehn Jahren habe er sich selbst nicht vorstellen können, so Federer, «noch in diesem Alter unterwegs zu sein im Circuit. Aber jetzt fühle ich mich total wohl, habe auch kein Ende vor Augen.»
Gegen seinen nächsten Herausforderer Sam Querrey, in Spielerkreisen gern «Uncle Sam» genannt, erwartet Federer am Donnerstag das totale Kontrastprogramm: Der unprätentiöse Amerikaner ist ein harter Puncher mit der Lizenz für serienweise Asse im Match. «Das wird schon knifflig. Da muss man viel Geduld haben, konzentriert auf seine Chancen warten», sagte Federer.
Zweimal hat er bisher gegen Querrey gespielt, zweimal gewonnen. Allerdings liegt der letzte Vergleich schon sieben Jahre zurück, bei den French Open 2008. Und passgenaue Vorbereitung für ein Spiel wie das gegen Querrey hat Federer auch gerade hinter sich – bei den Gerry Weber Open entschärfte er Ass-Weltrekordler Ivo Karlovic unaufgeregt im Halbfinale und holte sich dann den achten Titel.