Roger Federer siegt – und ärgert sich über «tote Bälle»

Bei den French Open ist Roger Federer gut gestartet. Trotzdem werden ihm bloss Aussenseiterchancen auf den Titel eingeräumt – auch weil Federer mit den Spielutensilien hadert.

Bedingt zuversichtlich: Roger Federer während seines Erstrundenspiels gegen den Kolumbianer Alejandro Falla. (Bild: Keystone)

Bei den French Open ist Roger Federer gut gestartet. Trotzdem werden ihm bloss Aussenseiterchancen auf den Titel eingeräumt – auch weil Federer mit den Spielutensilien hadert.

Als ein französisches Sportmagazin kürzlich eine Hitliste der wichtigsten Ballwechsel aus den letzten beiden French-Open-Jahrzehnten präsentierte, war auch Roger Federer prominent vertreten. Der denkwürdige Punkt, um den es ging, spielte sich in höchster Not für Federer ab, im Achtelfinal des Jahres 2009 gegen Tommy Haas.

Federer lag 0:2 nach Sätzen zurück, er lag noch einmal im dritten Durchgang mit 3:4 und 30:40 zurück, er stand also schon mit einem Bein überm Abgrund eines frustrierenden Pariser Abschieds. Doch dann jagte der Baselbieter eine unerreichbare Vorhand ins Feld des Deutschen, mit der er nicht nur den Breakball abwehrte, sondern auch den Umschwung in diesem Match erzwang.

Federer gewann nach fünf dramatischen Sätzen – und sechs Tage später hielt er zum ersten und bisher auch einzigen Mal den French-Open-Siegerpokal in den Händen. Der Traum vom Karriere-Grand-Slam hatte sich erfüllt, dank einer Vorhand, die unvergesslich geblieben ist im kollektiven Tennis-Gedächtnis.


Roger Federers wichtigste Punkte – Nummer vier zeigt den abgewehrten Breakball gegen Haas

An Federers Sieg vor sechs Jahren ist in Frankreichs Hauptstadt auch deshalb erinnert worden, weil sich nun ein anderer seinen Traum vom Sieg bei allen vier Grand-Slam-Wettbewerben endlich erfüllen will – der in dieser Saison dominierende Serbe Novak Djokovic.

Djokovics Mission, aber auch die Sieglosigkeit des Sandplatz-Dominators Rafael Nadal hat in den letzten French-Open-Vorbereitungswochen die Schlagzeilen dominiert, da geriet selbst der Pariser Publikumsliebling Federer in den Hintergrund. Als ernsthafter Titelanwärter wurde und wird der 33-jährige Familienvater nicht gehandelt, eher schon war seine Expertise zu den Titelaussichten für die Rivalen Djokovic und Nadal gefragt.

«Nadal ist der Favorit auf den Titel.»
Roger Federer 

Für ihn sei Nadal weiterhin «der Favorit» auf den Titel, sagte Federer, «das ist doch völlig normal bei jemandem, der in den letzten zehn Jahren hier nur ein einziges Spiel verloren hat.» Zudem habe sich der Spanier «noch jedes Mal gesteigert, wenn es dann in Paris losgegangen ist». Einer der beiden hochfavorisierten Kämpfer wird sich in jedem Fall früh verabschieden müssen, denn schon im Viertelfinal könnte es zum Duell zwischen Djokovic und Nadal kommen.

Federer hat abseits aller Spekulationen um den Serben und den Spanier genug mit sich selbst zu tun gehabt – dem 17-maligen Grand-Slam-Champion machten in der heissen Countdownphase vor allem die schweren Bälle zu schaffen, mit denen im Stade Roland Garros gespielt wird. «In den letzten Wochen hatten wir Bälle von anderen Herstellern, jetzt muss man sich wieder komplett umstellen. Das fühlt sich wie ein Start vom Punkt Null an», sagte Federer verärgert.

Tests in letzter Minute

In einem Pressegespräch beklagte er sich sogar darüber, dass die Bälle «völlig tot» seien und ihm das Gefühl fehle, wie er sich nun taktisch aufzustellen habe. Federer arbeitete in den vergangenen Tagen intensiv mit Altmeister und Berater Stefan Edberg, weil Coach Severin Lüthi erst später anreisen konnte.

Gemeinsam testeten Federer und Edberg auch verschiedene Schlägerbespannungen aus. «So spät möchte man eigentlich nicht mehr an allem herumexperimentieren», sagte Federer, «man hat den Eindruck, dass die ganzen Turnierwochen auf Sand für die Katz‘ waren.» Wobei er speziell den Auftritt in Rom, die Endspielteilnahme, gleichwohl als beflügelnden Erfolg empfand, als Stärkung des Selbstbewusstseins: «Die Form, die körperliche Energie, das ist alles da. Der Anspruch ist, am Finalwochenende noch im Spiel zu sein.» Federer eröffnete seine Kampagne am Sonntag gegen den Kolumbianer Alejandro Falla, den er locker in drei Sätzen vom Platz schickte (6:3, 6:3, 6:4).

Schweizer Viertelfinal?

Im Viertelfinal könnte er im besten Fall dann auf Stan Wawrinka treffen – in einer Neuauflage des römischen Halbfinals. Wawrinka hatte in Rom einen zwiespältigen Aufenthalt erlebt, mit den Glücksgefühlen nach dem Coup gegen Nadal und mit dem Frust über die enttäuschend klare Niederlage gegen Federer.

Anschliessend verlor er bereits im Viertelfinale seines Heimturniers in Genf gegen den Weltranglisten-74. Federico Delbonis (Argentinien), nicht gerade ein mutmachender letzter Eindruck vor der Grand-Slam-Bewährungsprobe. Erster French-Open-Gegner für Wawrinka war der Türke Marsel Ilhan. Wawrinka tat es Landsmann Federer gleich und gewann problemlos (6:3, 6:2, 6:3). Der erste potenzielle Stolperstein wartet vermutlich in der dritten Runde mit dem Spanier Guillermo Garcia-Lopez.

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