Es ist die dritte Trainerentlassung der Saison, und sie kam nicht mehr unvermittelt. Schalke 04 – in der Champions League ungeschlagen in die Achtelfinals eingezogen, in der Bundesligatabelle jedoch abgerutscht – trennt sich von Huub Stevens. Richtig erklären warum, kann aber niemand.
Oben vor dem Haupteingang der stolzen Arena Auf Schalke hängen überdimensionale Transparente mit den Gesichtern der Legenden des Revierklubs, geschmückt mit kleinen Zitaten der unvergesslichen Helden. Der ehemalige Manager Rudi Assauer ist dort mit dem Zitat, «Ohne die Liebe und Zuneigung der Fans wäre dieser Verein längst abgenippelt» verewigt, und auch Huub Stevens lächelt von so einer königsblauen Fahne in den grauen Winterregen hinaus. «Einmal Schalke, immer Schalke“, lautet seine Botschaft.
Am Sonntagmorgen wirkte das ziemlich schräg. Am Morgen nach dem enttäuschenden 1:3 gegen den SC Freiburg und der sagenhaft schlechten Serie von lediglich fünf der 24 möglichen Punkte, mit der Schalke 04 nach der Vorrunde auf Platz 7 der Bundesliga abschliesst, wurde der blau-weissen Trainerlegende mitgeteilt, dass seine Zeit auf Schalke zu Ende geht.
Aber natürlich war es nicht allein die miserable Statistik, die dieser Trennung zu Grunde liegt, vielmehr geht es um die fatale Dynamik dahinter. «Wir hatten nicht mehr das Vertrauen, in dieser Konstellation eine Wende herbeiführen zu können», sagt der sichtlich mitgenommene Manager Horst Heldt. Sogar der 59-jährige Stevens selbst sei im abschliessenden Gespräch am Sonntagmorgen zur Ansicht gelangt, dass «jetzt der richtige Moment für diese Entscheidung» gekommen sei, berichtet Heldt, nicht ohne noch einmal ausführlich an die grossen Verdienste des Entlassenen zu erinnern.
«Irgendetwas hat nicht mehr gestimmt»
Zwar hatte Stevens noch am Abend zuvor erklärt, dass er seinen bis Saisonende laufenden Vertrag gerne «erfüllen möchte», aber nach einer Nacht der Einkehr und den Gesprächen mit seinen Vorgesetzten ist offenbar auch er der Meinung, dass sein Verhältnis zur den Spielern irreparable Schäden genommen hat. «Irgendwas hat nicht mehr gestimmt zwischen Mannschaft und Trainer», sagte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies am Sonntagmorgen im Fernsehen.
Ausgebrochen sei der Konflikt bei der Niederlage in Leverkusen Mitte November, behauptet Tönnies, und seither ist es niemandem gelungen, die Dynamik der Selbstzerstörung zu bremsen. «Wenn jeder für sich einzeln kämpft und läuft, dann reicht das nicht», sagte Christoph Metzelder am Samstagabend nach dem Spiel, und Captain Höwedes sprach von einer «Frage des Kopfes». Schalke 04 agierte zuletzt nicht mehr als Mannschaft, jetzt hofft die Clubführung mit einem neuen Trainer Impulse der Versöhnung setzen zu können.
Was genau zwischen dem Team und Stevens vorgefallen ist, bleibt aber auch nach diesem Wochenende schleierhaft. Heldt sagt, er könne da keine klare Antwort geben, er wolle «den Anschein nach Aussen dokumentieren, was er (Stevens) für eine gute Arbeit abgeliefert hat».
Das klang, als habe Stevens – von 1996 bis 2002 schon einmal Trainer auf Schalke und Uefa-Cup-Gewinner – nur dem Anschein nach gut gearbeitet. Immerhin erreichten die «Knappen» in der Champions League ungeschlagen die Achtelfinals. Aber Heldt sagt auch: «Die Mannschaft steht jetzt in der Pflicht.» Offensichtlich waren die Spieler nicht unbeteiligt an der Eskalation des Konfliktes.
Wie in Stuttgart: Keller für Gross
Die Befreiung von Stevens soll das heterogene Team, das bei der Heimniederlage gegen den weiterhin erstaunlichen SC Freiburg nach dem ersten Gegentor in sich zusammen brach, zu einem Sieg im Pokal am Dienstagabend tragen. Die Hauptarbeit des ehemaligen Abwehrspielers Keller, wartet dann erst in der Winterpause.
«Im Grossen und Ganzen ist es schwer, mir innerhalb der Kurzen Zeit ein Bild zu machen», sagt der ehemalige Abwehrspieler, den Heldt einst auch in den Trainerstab des VfB Stuttgart geholt hatte. Kurz nachdem der Manager nach Schalke gewechselt war, übernahm Keller dann vom erfolglosen Christian Gross für zwei Monate die Profis des VfB. Nach nur zwei Siegen aus neun Bundesligaspielen wurde Keller aber von Bruno Labbadia abgelöst.
Der Unterschied zu seinem gescheiterten Projekt in Stuttgart sei, dass er die Schwaben inmitten einer Vorrunde voller englischer Wochen übernahm, «ich hatte gar keine Zeit, mit der Mannschaft zu arbeiten», sagt er. Auf Schalke darf er jetzt eine ganze Winterpause lang an der komplizierten Mannschaft tüfteln. Wie er sich das Spiel des Revierklubs künftig vorstellt wollte er allerdings noch nicht verraten: «Jetzt konzentrieren wir uns nur auf das Spiel am Dienstag.»
Mit der launischen Diva am Dienstag im Pokal
Der Schwabe, der in dieser Saison mit der U17 alle bisherigen Saisonspielen gewonnen hat, wollte nicht viel Preis geben, es wird eine der spannendsten Fragen der Rückrunde, ob Keller besser mit dem launischen Ensemble klar kommt, als sein Vorgänger.
Und für den Fall, dass es nicht klappt mit dem 43-Jährigen, wird Heldt sicher fleissig den Trainermarkt sondieren. Frankfurts Armin Veh, ein sehr guter Freund des Schalker Managers, zögert seinen Vertrag in Frankfurt zu verlängern und gilt ebenso als Kandidat wie Thomas Tuchel. Der sagte am Samstag im «ZDF Sportstudio», er könne sich schon vorstellen Mainz zu verlassen, wenn ein passendes Angebot kommt. Die Mainzer werden am Dienstag zum DFB-Pokal-Achtelfinal in Gelsenkirchen erwartet. Tuchel kann en Revierclub dann ein wenig genauer in Augenschein nehmen.
Die Bilder zur 1:3-Heimniederlage von Schalke gegen den SC Freiburg: