Einen Tor- und Punkterekord stellt der FC Basel beim 4:1 (1:1) Sieg gegen den FC St. Gallen auf, Seydou Doumbia setzt sich die Torjägerkrone auf und die Muttenzerkurve inszeniert einen fünfminütigen friedlichen Platzsturm für FCB-Präsident Bernhard Heusler – die Dernière vor 30’000 Zuschauern hat eine ganze Menge zu bieten.
Der Meisterpokal in den Händen von FCB-Captain Matias Delgado, und Präsident Bernhard Heusler nimmt es sich zum Abschied heraus, mit aufs Siegerbild zu stehen.
Was die beiden Herren so amüsiert? Man weiss es nicht...
...jedenfalls muss es eine wirklich amüsante Episode aus dem zweijährigen gemeinsamen Wirken beim FC Basel gewesen sein: Trainer Urs Fischer (rechts) mit seinem Assistenten Markus Hoffmann vor dem Anpfiff ihres letzten Spiels auf der Bank des St.-Jakob-Park.
Abschied nehmen: Die Spieler stehn Spalier für Trainer Urs Fischer.
FCB-Präsident Bernhard Heusler vor dem Anpfiff bei der Verabschiedung von Trainer Urs Fischer, Assistenztrainer Markus Hoffmann sowie Stürmer Marc Janko.
Emotionale Momente: Urs Fischer.
Abschied aus dem St.-Jakob-Park: Urs Fischer geht mit zwei Meistertiteln, dem Cupsieg und dem besten Punkteschnitt eines FCB-Trainers.
Kam, um Tore zu erzielen, und tat das mit bestechender Quote: Marc Janko, der den FC Basel nach zwei Jahren verlässt.
Der Überraschungsgast, der nicht wirklich eine Überraschung war: FCB-Fan Roger Federer mit seinen Eltern im St.-Jakob-Park.
Keine 14 Minuten dauerte es, ehe Seydou Doumbia alleiniger Führender in der Schweizer Torschützenliste war. Er liess später noch Treffer Nummer 20 folgen und holt sich damit zum dritten Mal die Torjägerkrone der Super League.
Um kurz nach elf Uhr gab es am Freitag eigentlich das Wichtigste – den Pokal für den Schweizermeister FC Basel. Da war die Dernière im St.-Jakob-Park bereits eine ganze Weile vorbei, ein Spiel, das noch einmal einen ganzen Strauss an grossen Momenten geboten hatte.
Und doch waren die Minuten zwischen Schlusspfiff und Pokalübergabe der wahre emotionale Höhepunkt dieser Basler Fussballnacht: Die Verabschiedung der Vereinsführung, von Bernhard Heusler und Co., die niemanden unter den offiziell 30’657 Menschen im Stadion kaltlassen konnte.
Da wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt, und obwohl ganz dick aufgetragen wurde, konnte man sich am Ende einer unvergleichlichen Ära nicht dem Gefühl verwehren: Das grosse Gefühlskino und die Ovationen haben sich die Abtretenden, allen voran Bernhard Heusler und sein Sportdirektor Georg Heitz, verdient. Es war ein einziges Dankeschön, dem eine ganze Reihe ehemaliger Spieler, die aktuellen Meister und Cupsieger angeführt von Trainer Urs Fischer, sowie sämtliche Mitarbeiter des Clubs Spalier standen und dem sich am Ende auch noch der grösste Sportler aus Basel, Roger Federer, anschloss.
Da wurden alle Tasten auf der Klaviatur angeschlagen, die für eine imposante Verabschiedung zur Verfügung stehen. Und Fussball-Basel war ganz bei sich.
Seydou Doumbia setzt sich die Krone auf
Dass auch noch der eigentliche Zweck der Veranstaltung, nämlich Sport, geboten wurde, soll nicht unterschlagen werden. Das Spiel endete 4:1 für den FC Basel, hatte seinen Unterhaltungswert und etliche Ausrufezeichen:
● Alle Bälle vorne auf Doumbia! Das war das Motto, um Seydou Doumbia die alleinige Führung in der Torschützenliste zu ermöglichen. Und der erledigte seine Mission schon in der 14. Minute, als er eine abgefälschte Flanke von Matias Delgado mit dem Kopf zu seinem 19. Saisontor veredelte. Weil Guillaume Hoarau (18 Tore) verletzt ist und aus Lugano keine Tore für Ezgjan Alioski gemeldet wurden, war Doumbia damit vorne. Vorsichtshalber legte der Ivorer in der 87. Minute mit dem 3:1 auch noch seinen 20. Treffer nach, womit er sich zum dritten Mal die Torjägerkrone der Super League aufsetzen darf.
● Nachdem Danijel Aleksic mit einem fantastischen Freistosstor in der 25. Minute ausgeglichen hatte – der St. Galler hatte übrigens schon vor zwei Jahren beim Saisonkehraus im Joggeli mit einem ähnlich spektakulären Schuss getroffen – war die Reihe an Renato Steffen. Zwischen Latten- und Pfostentreffer (40./80.) erzielte er das 2:1 in der 58. Minute nach einem doppelten Doppelpass von Mohamed Elyounoussi und Adama Traoré. Sehr schön anzusehen!
● In der siebenminütigen Nachspielzeit (siehe unten) wurde Marc Janko für Doumbia eingewechselt. Der Beifall für beide war stürmisch und kaum verklungen, als Janko seinem Torjägerinstinkt alle Ehre machte: Mit der Hacke lenkte er in der 92. Minute Elyounoussis Vorlage über die Linie. Was für eine Schlusspointe! Auch dem Österreicher war mit seinem 13. Tor damit in der Liga ein krönender Abschluss vergönnt. Es wirkte fast ein bisschen kitschig. Als ob da jemand Regie führen würde.
Der friedliche Platzsturm der Fans
Das war auch bei der Inszenierung der Fall, die sich in der 73. Minute ihren Weg bahnte. Über der Muttenzerkurve wurde eines der unzähligen Transparente an diesem Abend entrollt. Die weit ausgreifende Botschaft lautete «Zämme unter ainere Deggi gsteggt, gfange in däm ideologische Buff». Eine Anspielung auf das Verhältnis zwischen unabhängigkeitsliebenden (Ultra-)Fans und einem Club, in dem Bernhard Heusler vom Zeitpunkt der Ausschreitungen am 13. Mai 2006 einen wertvollen Dialog in Gang gebracht und gepflegt hat.
Dann setzten sich plötzlich aus einer Ecke, durch ein geöffnetes Tor, die ersten Fans in Bewegung Richtung Spielfeld. Es wurden immer mehr, sie trugen ein Banner vor sich her, das an den Präsidenten Bernhard Heusler adressiert war: «Chapeau Bärni!» Schiedsrichter San Fedayi, offenbar instruiert, holte in aller Gemütsruhe die beiden Mannschaften vom Feld, das sich mit weit über tausend Fans füllte. Und am Rand stand Heusler, eine FCB-Fahne schwenkend.
Nach fünf Minuten war der friedliche Platzsturm vorüber, die Partie konnte fortgesetzt werden ohne weitere Aufregung über das grenzwertige Intermezzo. An diesem Abend jedoch, an dem es für beide Mannschaften sportlich um nichts mehr ging, erscheint es als vertretbar, wenn auch – wie gesagt – ziemlich dick aufgetragen.
Rekord, Rekord, Rekord
Sportlich bleibt jedoch schon noch etwas hängen von diesem Schluss der Saison 2016/17. Der FC Basel ist nicht nur zum achten Mal in Serie Meister geworden, und das so frühzeitig wie nie zuvor und zum zwanzigsten Mal in seiner Geschichte (und obendrein Cupsieger). Er hat auch (fast) alle Rekorde gebrochen, die er selbst einmal aufgestellt hatte:
● Mit dem 26. Saisonsieg totalisiert er 86 Punkte und damit einen mehr als in der Saison 2003/04, als die Meistermannschaft von Christian Gross auf 85 Punkte gekommen war. Das ist Rekord für die Super League.
● Mit Doumbias Tor zum 3:1 war auch der bisherige Torrekord übertroffen. Mit insgesamt 92 Treffern hat Urs Fischers Mannschaft eine weitere Bestmarke aufgestellt, zwei Tore mehr geschossen als Thorsten Finks Team in der Saison 2009/10. Und eine Tordifferenz von plus 57 gab es zuvor auch noch nicht. Auch hier hielt der FCB den bisherigen Höchstwert (plus 54, Saison 2003/04).
Das Geschenk für Urs Fischer: «Einer von uns»
Weil sich die Young Boys in ihrem letzten Heimspiel gegen Lausanne (2:0) keine weitere Blösse gaben, bleibt es bei 17 Punkten Abstand zwischen dem Serienmeister und dem Zweiten, der Rekordvorsprung von 2011/12 (20 Punkte) damit unangetastet. Geschenkt, wird sich Urs Fischer sagen, der mit der Rekordpunktausbeute für FCB-Trainer abtritt: 102 Pflichtspiele, 68 Siege und 18 Unentschieden machen im Schnitt herausragende 2,21 Punkte.
Bewegt war Fischer, als er vor der Partie von Bernhard Heusler und den 30’000 Zuschauern verabschiedet wurde, und vielleicht war das Transparent, das auf den Rängen in die Höhe gehalten wurde, das schönste Abschiedsgeschenk, was man dem Zürcher für seinen exzellenten Job in Basel machen kann: «Einer von uns» stand da drauf. Und weil Urs Fischer Urs Fischer ist, sagte er dazu: «Einer von Ihnen zu sein, das muss man sich erarbeiten. Es gilt, Danke zu sagen. Es war ein fantastischer Abend.»
Der Samstag: Es wird weiter gefeiert
Ein Abend, dem sich eine lange Nacht angeschlossen haben dürfte und dem ein Samstag folgen wird, an dem einfach weiter gefeiert wird: Ab 18 Uhr setzt sich ein Umzug in der Innenstadt in Gang, der Auftakt zur grossen FCB-Sause, mit der die Meisterschaft und der zweite Meisterstern zelebriert werden. Wenn es dabei nur halb so emotional zugehen wird, wie Freitagnacht im Joggeli, könnte eine schöne Party daraus werden.
Vor dem Spiel:
● Ein Abend der Emotionen und der Rekorde: Was an diesem Freitag im Joggeli passieren wird, möglicherweise passiert und sicher nicht passiert – sondern erst am Samstag in der Stadt beim grossen FCB-Meisterfest.
● Die Stadt schmückt sich rotblau – die KollegInnen von «barfi.ch» zeigen, wie der Marktplatz zu einem mächtigen FCB-Transparent gekommen ist.
● Und noch mal eine Linkempfehlung auf barfi.ch: Rückblick auf die Choreografien dieser Saison der Muttenzerkurve.
● Fakten: Die NZZ zum Zuschauerschwund in der Super League, wo der Schnitt erstmals seit 2009 wieder unter 10’000 rutscht.