Der SV Muttenz unterliegt in seinem «Jahrhundertspiel» deutlich und kann mit dem Abend dennoch zufrieden sein. Die erwartete Rekordkulisse wurde erreicht, niemand hat sich verletzt und das Heimteam konnte dem Favoriten ein Gegentor einschenken.
Thomas Eggenberger war es schon während des Spiels zum Jubeln zumute. Das Team des Aussenverteidigers lag kurz nach der Pause zwar mit 0:2 hinten, er hatte aber soeben gegen Yoichiro Kakitani einen Penalty herausgeholt. Zdravko Kuzmanovic sollte den Strafstoss später als Geschenk des Schiedsrichters an den SV Muttenz bezeichnen.
Manuel Jenni legte sich den Ball zurecht, beobachtete Torhüter Vailati lange und traf, als dieser sich in die andere Richtung bewegte, in die rechte untere Torecke. Das erstrebte Heimtor war realisiert. Der Jubel der Muttenzer grenzenlos. Ein einzelner Muttenzer Fan liess sich gar zum Zünden einer Leuchtpetarde hinreissen.
In Jubelstimmung dürften auch die Organisatoren des Anlasses sein. Präsident Manfred Wieland freute sich, dass es zu keinerlei unerfreulichen Zwischenfällen auf und neben dem Platz gekommen war. Die Rechnung ist noch nicht gemacht, sie könnte aber aufgehen: Bis in die vierte Cuprunde kann das unterklassige Heimteam den gesamten erwirtschafteten Gewinn in die eigene Tasche stecken und muss nichts an den Gegner abgeben.
Ein Fest für die ganze Familie. Die Zuschauerränge auf dem Margelacker sind gut gefüllt. (Bild: PATRICK STRAUB)
Der ausgebaute Margelacker war nicht komplett ausverkauft. Der Zuschauerrekord konnte mit den 5800 verkauften Tickets aber übertroffen werden. Er datierte aus dem Jahr 1977.
Amüsierte Zurufe von den Zuschauern
Das Kapitel Schweizer Cup muss in der Vereinsgeschichte wohl neu geschrieben werden. Das Sechzehntelfinal gegen den FC Zürich wird bestimmt Teil dieser Geschichte bleiben. Die Strahlkraft des Spiels gegen den FCB ist aber trotz der etwas deutlicheren Niederlage (1:5 statt damals 1:4) wesentlich grösser.
Die Stimmung auf den Rängen war gut und drohte nie zu kippen. Amüsierte Penaltyforderungen von den Anhängern der Baselbieter ertönten, sobald sich ihre Spieler in der Nähe des Basler Strafraums bewegten. So häufig kam es dazu jedoch nicht.
Die Mannschaft von Sandro Kamber verteidigte diszipliniert in einem 4-4-2. Wenn sich die Chance bot, versuchten die Mittelfeldspieler, allen voran Manuel Jenni, den Ball schnell in die Spitze zu spielen. Die Amateurfussballer wirkten aber alles andere als nervös. Wenn es die Situation nicht zuliess, spielten sich die beiden Innenverteidiger den Ball zu. Letztes Wochenende hatten sie das wohl noch bei ihren Vorbildern im Joggeli beobachtet.
Der Muttenzer Torhüter Valentino Reist muss nach einer Verteidigungsaktion gepflegt werden. Captain Marc Tanner nützt die Chance für eine Verschnaufpause. (Bild: PATRICK STRAUB)
In einigen wenigen Spielsituationen glänzte der SV Muttenz mit schönen Kombinationen, mehrheitlich war das junge Team aber mit der Defensive beschäftigt. In der Verteidigung ist Marc Tanner eine besondere Erwähnung wert. Der Captain machte seinen Mitspielern vor, wie man sich gegen die üblicherweise schnelleren Gegenspieler behaupten kann. Er war aufmerksam, reagierte früh und attackierte dann mit voller Überzeugung den Ball. So konnte er einige Offensivaktionen der Basler im Keim ersticken.
«Jetzt sind wir wieder Rotblau»
In den Kabinengängen des Margelackers starteten die Spieler des SV Muttenz die Party, während die nationale und regionale Presse noch die Profis aus Basel interviewte. Der laut aufgedrehte Sound dürfte die Arbeit der Tontechniker nicht gerade vereinfachen. Neben den Profis waren vor allem Kamber und Torschütze Jenni begehrte Interviewgäste.
Abgesehen vom Medienrummel genoss Kamber sein «Spiel unter Freunden». Er habe Urs Fischer zum Sieg gratuliert und angehängt, dass Muttenz draussen sei, der FCB dafür den Kübel hole, sagte er nach dem Spiel. Denn vor und nach diesem Spiel seien der Trainer und viele seiner Spieler vor allem eins: FCB-Fans.
Fussballerisch war der Unterschied gross. Man muss kein Fussballexperte sein, um dies festzustellen. Auch Eishockeytrainer Kevin Schläpfer hielt am Ende fest, dass sich die Klasse der Profis wie erwartet durchgesetzt habe. Er war als Freund des Muttenzer Trainers Sandro Kamber zum Spiel eingeladen und wollte sich die regionale Affiche als Baselbieter nicht entgehen lassen.
Ehrengast auf dem Margelacker. @ehcbiel Trainer Kevin Schläpfer im Gespräch mit SVM Coach Kamber #rotblaulive pic.twitter.com/69OOYHmATO
— Stephan Gutknecht (@GutknechtSteph) 28. Oktober 2015
Der Abend war ein Fest in unterschiedlicher Ausprägung. Die FCB-Stars gönnten dem Dorfclub – trotz schlechtem Wetter – den Abend an der Sonne des Medieninteresses und konnten ohne grossen Aufwand in die nächste Runde einziehen. Die Muttenzer nahmen das Cupspiel zum Anlass, eine grosse Party zu feiern.
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Unser Text-Paket zum Achtelfinal:
» Schützenfest für Basel, Dorffest für Muttenz – wie 5800 Zuschauer und ein Eishockeygott den Cupmatch erlebten
» Sechs Tore, Gashis Rückmeldung und ein Feuerwerk – die Fakten und die Einordnung des 5:1-Sieges des FC Basel gegen den SV Muttenz
» Drei Befreiungsschläge für ein Halleluja – die Einzelkritiken