Pünktlich hat Neuschnee in den Ötztaler Alpen für eine perfekte Kulisse zum Start in den alpinen Winter gesorgt. Die Branche kann es brauchen. Ein Blick nach Sölden, wo heute Samstag und am Sonntag die ersten Rennen stattfinden, und eine Einschätzung, was von den Hauptprotagonisten zu erwarten ist.
«Ist das nicht herrlich?» – Doppelolympiasiegerin Tina Maze am Freitag im Neuschnee von Sölden.
(Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)Fanarbeit: Wendy Holdener, die Technikerin aus Unteriberg.
(Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
Es ist immer wieder erstaunlich, welche Wirkung ein paar frische Schneekristalle haben. Selbst den abgebrühtesten und routiniertesten Skifahrern im Weltcupzirkus vermag Neuschnee noch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. «Ist das nicht herrlich», sagte Doppelolympiasiegerin Tina Maze, strahlte und zeigte aus dem Fenster, wo im Abendhimmel von Sölden die Schneeflocken tanzten. Nicht einmal ein Interview-Marathon mit der internationalen Fachpresse konnte der gerne als Diva verschrienen Slowenin die gute Laune verderben. «Ich komme immer wieder gerne nach Sölden.»
Samstag
Riesenslalom, Frauen
9.30 Uhr und 12.45 Uhr
Sonntag
Riesenslalom, Männer
9.30 Uhr und 12.45 Uhr
Alle Läufe live bei SRF 2
» Website der Veranstaltung
Wie der Primadonna Tina Maze ergeht es allen in der alpinen Weltcup-Branche vor dem Start in die neue Saison. Die Gletscherrennen im österreichischen Ötztal, die 1993 das erste Mal organisiert wurden, sind längst ein Klassiker und zählen bei den Athleten zu den beliebtesten Veranstaltungen des Winters.
Das liegt daran, dass mit Sölden die lange und unbeliebte Vorbereitungsphase endet. Das liegt auch daran, dass in Sölden ausnahmsweise Frauen und Männer Seite an Seite an einem Wochenende am selben Ort ihre Riesentorläufe austragen. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass sich Sölden alle Jahre wieder als kleines Winterwonderland präsentiert.
Die unbezahlbaren Bilder
Der Wettergott sei ein Ötztaler, sagen sie hier im Ötztal gerne, und natürlich war auch heuer wieder auf die Hilfe von oben Verlass. Pünktlich zum Weltcupauftakt hat sich Sölden in eine Winterlandschaft verwandelt.
Die Schneemassen, die in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Teilen der österreichischen Bergregionen alles lahm gelegt haben und etwa auch die Weltcuppiste hoch oben auf dem Gletscher bis zu vier Meter hoch verschüttet haben, fordern zwar ihren Tribut und von den Weltcupveranstaltern in Sölden hohe Zusatzkosten. 500 Personen sind seit Donnerstag rund um die Uhr auf der Rennstrecke im Einsatz.
Aber für das Ötztal, den Skiweltcup und die gesamte Skiindustrie sind die Bilder von schneebedeckten Bergen, Baumwipfeln und Häuserdächern eine perfekte und unbezahlbare Werbung.
Die innert 10 Jahre halbierte Skiproduktion
Und Aufmerksamkeit und eine positive Atmosphäre hat die Branche auch notwendig. Es sind gerade keine leichten Zeiten für Skifirmen, die allesamt Absatzrückgänge zu beklagen haben. Die jährliche Weltproduktion, so berichtet Günther Mader, der Rennsportleiter von Salomon, habe sich im vergangenen Jahrzehnt auf circa drei Millionen Paar Ski halbiert, dazu kommt dass immer weniger Kinder auf den Pisten zu finden sind.
Selbst im skiverrückten Österreich, wo inzwischen die obligaten Schulskikurse eingestellt wurden und ganze Generationen an künftigen Skifahrern verloren gehen. «Kein Wunder, dass sich die Kinder lieber ein neues Handy wünschen, als ein neues Paar Ski», sagt Mader, der nun aber in Sölden frohlocken kann. «Was Besseres als diese Winterbilder aus Sölden kann der gesamten Branche gar nicht passieren.»
Denn die Faustregel in der Skibranche heisst: der Winter muss schon vor dem offiziellen Winterbeginn da sein. Weisse Weihnachten mögen vielleicht die Menschen freuen, für die Skifirmen und deren Umsatz ist es da jedoch schon zu spät. «Die nächsten zwei Monate sind am Wichtigsten», erklärt Günther Mader, «wenn da Schnee fällt, am besten auch in den Städten, und wenn die Skigebiete vielleicht im November schon aufsperren können, dann kurbelt das den Skiverkauf an. Aber mit Sölden fängt die Saison jetzt schon einmal hervorragend an.»
Was bringt der WM-Winter?
Wer wird sich ins Rampenlicht fahren? Und wer hat das Zeug, dem Österreicher Marcel Hirscher nach drei Weltcupgesamtsiegen in Folge vom Thron zu stossen? Rückblicke, Ausblicke und Einblicke vor den Riesenslaloms von Sölden.
Die Pensionisten
Zwei Langzeitgrössen des Frauen-Skisports haben sich nach der Olympiasaison in den wohl verdienten Ski-Ruhestand verabschiedet. Die Deutsche Maria Höfl-Riesch (30) trat als Olympiasiegerin (Super-Kombination) ab, die österreichische Slalom-Queen Marlies Schild, mit 35 Weltcupsiegen die Nummer eins in dieser Disziplin, holte zum Abschluss ihrer Karriere noch einmal Olympiasilber.
Allzu grossen Abstand hat das Duo vom Skisport aber noch nicht gewonnen: Sowohl Höfl-Riesch als auch Schild stehen beim Weltcupauftakt in Sölden schon wieder an der Piste: die Deutsche als TV-Expertin, die Österreicherin als Fan von ihrem Freund Benjamin Raich. Auch eine bekannte Schweizerin hat inzwischen einen Einkehrschwung eingelegt: Fränzi Aufdenblatten beendete mit 33 ihre Laufbahn.
Österreichs Traumpaar: Anna Fenninger und Marcel Hirscher, die Weltcup-Gesamtsieger des Winters 2013/14. (Bild: Keystone)
Das Traumpaar
Österreich stellt mit Anna Fenninger und Marcel Hirscher das Traumpaar des Skisports. Beide 25, beide in der gleichen Region in Salzburg gross geworden, beide eloquent und Publikumslieblinge – und vor allem: beide Weltcupgesamtsieger. Erstmals seit der Saison 2001/02 sind aktuell wieder beide grosse Kristallkugeln in österreichischem Besitz.
Der Pechvogel
Aksel Lund Svindal humpelt in die WM-Saison. Ausgerechnet beim Hobbykick mit seinen Teamkollegen riss die Achillessehne und zwang den Norweger auf den Operationstisch. Den Ausfall des Sympathieträgers aus Norwegen bedauerte die gesamte Skiszene, denn Svindal ist das Sprachrohr und die Führungsfigur im Männer-Weltcup. Normalerweise müsste der 31-Jährige nach dieser Verletzung die WM-Saison abschreiben, doch Svindal spekuliert immer noch mit einem Start an den Titelkämpfen im Februar in Vail.
Vorerst an Krücken unterwegs: Aksel Lund Svindal, der sich beim Fussball die Achillessehne gerissen hat. (Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
Die Abwesende
Schafft sie das Comeback? Bricht sie den Rekord von Annemarie Moser-Pröll mit 62 Weltcupsiege? Kehrt sie vielleicht gar noch stärker zurück? Lindsey Vonn ist zwar nicht in Sölden, aber trotzdem ist die US-Amerikanerin in aller Munde. Nach zwei Knieoperationen will sich die 30-Jährige (59 Siege) rechtzeitig für die Heim-WM wieder zurück melden. Vonn verzichtet auf den schwierigen Riesentorlauf in Sölden und bereitet sich stattdessen in ihrer Heimat auf die Speedbewerbe Anfang Dezember in Lake Louise vor.
Der Gejagte
Ted Ligety stellte seinen Konkurrenten in den letzten Jahren einige Rätsel auf. Der US-Amerikaner dominierte den Riesentorlauf nach Belieben und ist vor allem auf dem steilen Hang auf dem Rettenbachferner oberhalb von Sölden eine Klasse für sich. 2012 hatte Ligety den Zweiten um 2,75 Sekunden distanziert, und auch im Vorjahr liess der Olympiasieger von Sotschi seinen Gegnern keine Chance.
Die Schweizer Riesenslalomläuferinnen Wendy Holdener, Andrea Ellenberger, Fabienne Suter und Lara Gut. (Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
Die Herausforderin
Lara Gut und Anna Fenninger verbindet schon seit Jugendjahren eine dicke Freundschaft. Und nicht wenige Skiexpertin trauen der 23-jährigen Tessinerin zu, dass sie in diesem Winter der Weltcup-Gesamtsiegerin aus Österreich den Rang abläuft. Die vergangene Saison war mit sieben Siegen (unter anderem in Sölden) ein Aha-Erlebnis für den ehemaligen Jungstar, der inzwischen reif für den grossen Coup scheint.
Der komplette Weltcup-Kalender | |||
Das alpine Weltcup-Programm bis Weihnachten | |||
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15.11. | Levi/Fin | Frauen | Slalom |
16.11. | Levi | Männer | Slalom |
29.11. | Lake Louise/Can | Männer | Abfahrt |
29.11. | Aspen/USA | Frauen | Riesenslalom |
30.11. | Aspen | Frauen | Slalom |
30.11. | Lake Louise | Männer | Super-G |
5.12. | Lake Louise | Frauen | Abfahrt |
6.12. | Lake Louise | Frauen | Abfahrt |
6.12. | Beaver Creek/USA | Männer | Super-G |
7.12. | Beaver Creek | Männer | Riesenslalom |
7.12. | Lake Louise | Frauen | Super-G |
13.12. | Courchevel/Fra | Frauen | Riesenslalom |
13.12. | Val d’Isère/Fra | Männer | Riesenslalom |
14.12. | Courchevel/Fra | Frauen | Slalom |
14.12. | Val d’Isère | Männer | Slalom |
19.12. | Gröden/Ita | Männer | Super-G |
20.12. | Val d’Isère | Frauen | Abfahrt |
20.12. | Gröden | Männer | Abfahrt |
21.12. | Val d’Isère | Frauen | Super-G |
21.12. | Alta Badia/Ita | Männer | Riesenslalom |
22.12. | Madonna di Campiglio/Ita | Männer | Slalom |