«Sonst halt ins Ausland» – die EHC-Spieler zwischen Clubsuche und Arbeitslosenamt

Konsternation bei den Spielern des EHC Basel. Am Montagmorgen um halb neun Uhr wird ihnen verkündet, dass es ihren Arbeitsplatz nicht mehr gibt. Noch Ende April wurde ihnen eine positive Zukunft des EHC skizziert, jetzt suchen sie dringend neue Clubs. Dabei gibt es ein Problem.

Fertig. Der EHC Basel ist am Ende, Louis Heinis packt seine Siebensachen. (Bild: Florian Raz)

Konsternation bei den Spielern des EHC Basel. Am Montagmorgen um halb neun wird ihnen verkündet, dass es ihren Arbeitsplatz nicht mehr gibt. Die meisten fühlen sich vor den Kopf gestossen, weil ihnen noch Ende April eine positive Zukunft des EHC skizziert worden ist. Jetzt suchen sie dringend neue Clubs. Dabei gibt es ein Problem: Die meisten Kader in der Schweiz sind bereits voll.

Am Sonntagabend, da war das Worst Case Szenario noch eines unter mehreren, das die Spieler des EHC Basel im Chat diskutierten. Kurz zuvor hatten sie per SMS die Vorladung zu einer Information des Verwaltungsrats am Montagmorgen erhalten. Daran glauben mochte da noch keiner der Eishockeyaner, dass er demnächst keinen Arbeitsplatz mehr haben würde. Doch aus der Ahnung wurde am Montagmorgen bittere Realität. Spätestens als sie beim Betreten der Garderobe die Tränen der Betreuerin sahen, wussten die meisten Profis: Ihre Zukunft als Spieler des EHC Basel in der National League B gibt es nicht mehr.

Um halb neun Uhr Morgens erfuhren die Spieler von Verwaltungsratspräsident Matthias Preiswerk dann offiziell, dass sie keinen Arbeitgeber mehr haben. Kurz darauf tigerte eine Schar junger Männer zwischen der St.-Jakob-Arena und dem nahen Kunstrasen hin und her, alle mit dem Handy am Ohr, alle auf der Suche nach ihren Agenten. Und die sind nun gefragt. Zwar hatte sich Preiswerk bei der Pressekonferenz noch optimistisch gezeigt: «Dieser Markt reagiert so rasch. Ich gehe davon aus, dass die meisten einen neuen Club finden werden.»

Die Agenten sind in Nordamerika beschäftigt

Doch ganz so einfach könnte sich die Clubsuche für einige Spieler nicht gestalten. Sebastian Sutter, erst seit Ende 2013 beim EHC, eilt mit dem Telefon vorbei. «Sonst halt ins Ausland», sagt er seinem Agenten. Und: «Okay, viel Glück beim Draft.» Denn auch das ist ein Problem der nun plötzlich ohne Club dastehenden Profis: Viele Schweizer Agenten weilen derzeit in Nordamerika, wo am Freitag die diesjährigen Drafts der National Hockey League stattfinden. Jener Ort, an dem die Clubs der besten Liga der Welt die jungen Talente unter sich aufteilen. Einen Spieler in die NHL zu bekommen, das dürfte die Spielerberater eher interessieren, als einen NLB-Profi irgendwo unter zu kriegen.

«Ich fühle eine Mischung aus Leere und Aggression. Ratlosigkeit sagt man dem wohl.» 


Louis Heinis

Denn das könnte harte Arbeit werden. Hätte der EHC Ende letzter Saison das Ende verkündet, die Spieler hätten sich berechtigte Hoffnungen machen können, irgendwo Unterschlupf zu finden. «Aber jetzt, Ende Juni, da sind die Kader doch voll», stellt Louis Heinis fest, der dem Verwaltungsrat vor allem den Zeitpunkt vorwirft, in dem der die Reissleine zieht. Heinis steht neben seinem Kleinwagen und versucht, von seinen Sachen aus der Garderobe hinein zu packen, was hinein geht. Er sagt: «Derzeit fühle ich eine Mischung aus Leere und Aggression. Ratlosigkeit sagt man dem wohl.»

Heinis ist mit seinen 23 Jahren einer der vielen Jungen im Kader. Und er stellt fest: «Die meisten von uns sind doch noch jung. Es ist ja nicht so, dass wir hier das grosse Geld verdient hätten. Die meisten konnten sich gerade noch so durchschleichen.» Bei der Verabschiedung übt er sich in Galgenhumor. Auf dem Handy könne man ihn noch die nächsten zwei Monate erreichen: «Danach weiss ich dann nicht, ob es mir nicht abgestellt wird, wenn ich die Rechnung nicht mehr bezahlen kann.»

Die Neuen haben eben ihre Wohnungen in Basel bezogen

Es sind die kleinen Alltagsprobleme, die den Spielern nur plötzlich Sorgen bereiten. Die Neuzugänge haben soeben die Verträge ihrer Mietwohnungen unterzeichnet. Michel Riesen, der ehemalige NHL-Spieler, auf dessen Schultern noch vor einem Jahr grösste EHC-Hoffnungen ruhten, wollte seine Karriere in Basel beenden und baut in der Region sogar ein Haus. Wobei er zu jenen gehören dürfte, die in ihrer Karriere genügend verdient haben, um den Konkurs des EHC einigermassen unbeschadet zu überstehen.

Die Sonne scheint über der St.-Jakob-Arena. Irgendwie wirken die Hockeyspieler mit all ihren Schlägern Fehl am Platz. Einer ärgert sich laut darüber, dass ihm noch vor eineinhalb Monaten eine grosse Zukunft skizziert worden sei, mit extra nochmals hochgeschraubten Zielen. «Unter die ersten Vier!» Er hat dafür nur ein verächtliches Schnauben übrig.

Einer nach dem anderen fährt mit seinem Wagen vor, um seine Siebensachen zu packen. Der Fuhrpark lässt tatsächlich auf moderate Gehälter schliessen. Es sind Klein- bis Kleinstwagen, die da anrollen. Was nun tun mit der vorigen Zeit? Ein Bier trinken? Gute Idee. Später. Aber zunächst packen.

«Jetzt erst mal einen Club suchen», sagt Louis Heinis, «und sonst halt aufs Arbeitsamt.» Die Sonne scheint über der St.-Jakob-Arena, es ist warm. Der ehemalige EHC-Verteidiger Heinis hat nebst seinen Stöcken noch eine Packung Waschmittel aus der Konkursmasse eingepackt.

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