Sousa will mehr – und bekommt erst einmal nichts

Paulo Sousa macht kein Hehl daraus: Am Schluss wollte der Trainer des FC Basel in Sofia nicht das Nullzunull halten. Nach der bitteren Niederlage nimmt derweil Captain Fabian Frei den vom Platz gestellten Serey Die in Schutz: «Er muss sich nicht entschuldigen.»

Basel Coach Paulo Sousa during an UEFA Champions League group B matchday 3 soccer match between Bulgaria's Ludogorez Rasgrad and Switzerland's FC Basel 1893 in the National Stadion Vasil Levski in Sofia, Bulgaria, on Wednesday, October 22, 2014. (KEYSTONE/Ennio Leanza) (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

Paulo Sousa macht kein Hehl daraus: Am Schluss wollte der Trainer des FC Basel in Sofia nicht das Nullzunull halten, sondern die Partie gegen Ludogorets Razgrad gewinnen und setzte die entsprechenden Zeichen. Nach der unter bitteren Umständen zustande gekommenen Niederlage nimmt Captain Fabian Frei den vom Platz gestellten Serey Die in Schutz: «Er muss sich nicht entschuldigen.»

Über Nacht ist ein erster Vorgeschmack auf den Winter auch über Sofia gekommen. Der goldene Oktober auf dem Balkan ist von einem Sturmtief abgelöst worden, und die unwirtliche Witterung passte zur Gemütsverfassung im Basler Lager, als der Trainer am frühen Morgen nach dem Spiel zur Regeneration im strömenden Regen rief.

«Ich glaube, keiner hat gut geschlafen», erzählte Fabian Schär später am Flughafen, «die Niederlage, das späte Tor, das ist immer noch schwer zu akzeptieren.» Schär, nach überstandener Knieprellung wieder schmerzfrei im Wettkampf zurück und in Sofia ein sicherer Wert in der Innenverteidigung, findet, «dass wir es gut gemacht haben, eben so, wie es der Spielverlauf ergeben hat.»

Die Diskussionen kreisten noch am Tag danach um drei Schlüsselmomente des dritten Gruppenspiels in der Champions League: Der frühe Platzverweis gegen Geoffroy Serey Die, Paulo Sousas Signal an die Mannschaft mit seinen Einwechslungen und das Tor.

Der Platzverweis und das Gegentor – zwei schlechte Witze

«Ein dummer Ballverlust», sagt Schär zur 91. Minute, als er den Ball zu Ahmed Hamoudi schob und der im Dribbling hängen blieb. «Eigentlich waren genügend Spieler hinter dem Ball», so Schärs Analyse eines Gegentores, das sich der FCB in einer Kontersituation einfing und nach dem einseitigen Spielverlauf wie eine miese Pointe eines auf bescheidenem Niveau ausgetragenen Champions-League-Spiel wirkte. «Ein Unentschieden», findet Schär dennoch, «wäre den Umständen entsprechend ein gelungener Auftritt gewesen.»

So aber herrscht Gleichstand in der Gruppe B im Kampf um Platz 2 hinter dem bereits entschwebten Real Madrid. Ein Gutes kann FCB-Präsident Bernhard Heusler dem Abend in Sofia abgewinnen: «Es hat sich durch die Niederlage eigentlich nichts an der Ausgangslage verändert: Schlagen wir Razgrad im Heimspiel, könnte es in Liverpool zur Finalissima um Platz 2 kommen – und was kann man sich Schöneres vorstellen?»

Champions League, Gruppe B
1. Real Madrid 10:2 Tore 9 Punkte
2. Ludogorets Razgrad* 3:4 3
3. Liverpool FC* 2:5 3
4. FC Basel* 2:6 3
* Zwischen Basel, Liverpool und Razgrad entscheiden die direkten Vergleiche. Da sich die Teams reihum geschlagen haben, steht Razgrad mit einem Torverhältnis von 2:2 und dem bisher einzigen Auswärtstor in den Direktbegegnungen am besten da. Danach kommt Liverpool mit einem Torverhältnis von 2:2. Und danach der FCB mit einem Verhältnis von 1:1.

Dass der FCB nicht schon einen Schritt weiter ist, darauf hatte Schiedsrichter Deniz Aytekin seinen Einfluss. Der Deutsche beharrte noch in der Halbzeitpause auf seiner nicht mehrheitsfähigen Entscheidung, Geoffroy Serey Die die rote Karte für ein hartes, aber höchstens gelb-würdiges Foul zu geben. Paulo Sousa bestätigte am Tag danach, dass ihm das Aytekin beim Gang zur zweiten Halbzeit so bedeutet hatte.

Eine erste Kampfansage an Razgrad

Selbstverständlich sieht man das beim FCB ganz anders. Als «lächerlich» bezeichnete Philipp Degen, der vorsichtshalber geschont wurde und die Szene von einem Tribünenplatz aus verfolgt hatte, den Platzverweis; Heusler hatte noch in der Nacht das Verdikt «mir unergründlich» genannt.

epa04458561 German referee Deniz Aytekin shows a yellow card to Breel Embolo of FC Basel during their UEFA Champions League Group B soccer match between Ludogorets Razgrad and FC Basel at Vassil Levski Stadium in Sofia, Bulgaria, 22 October 2014. EPA/VASSIL DONEV

Hat sich in Basel keine Freunde mit dem Platzverweis gegen Serey Die gemacht: Schiedsrichter Deniz Aytekin, der hier Breel Embolo verwarnt. (Bild: Keystone/VASSIL DONEV)

«Ein solcher Entscheid nach 20 Minuten verändert alles», sagte Davide Calla, der seine Startelfpremiere in der Champions League erlebte. Serey Die spiele stets hart, aber immer fair. «Ultrahart» sei die rote Karte und «ultrabitter» das späte Gegentor: «Wir mussten uns zu zehnt aufs Verteidigen beschränken, aber das haben wir gut gemacht», sagte Calla und richte schon eine kleine Kampfansage an Ludogorets Razgrad: «Ich freue mich jetzt schon auf das Rückspiel.»

In ein ähnliches Horn stiess Fabian Frei. Als Captain war er zum Tatort geeilt und hatte Aytekin, als der die rote Karte aus der Gesässtasche gefummelt hatte, gefragt: «Warum?» Eine Antwort erhielt er vom Schiedsrichter nicht.

Frei: «Serey Die muss sich nicht entschuldigen»

Nach dem Abpfiff im Vasil Levski National-Stadion feierte Ludogorets mit 29’150 Zuschauern (abzüglich circa 300 Baslern) nicht nur den ersten Sieg in der Champions League und eine Million Euro Siegprämie, sondern die ersten Punkte überhaupt eines bulgarischen Clubs in der Königsklasse. Und in der Garderobe richtete Frei derweil das Wort an seine Mitspieler: «Wir haben alles gegeben, und ich bin auf jeden einzelnen stolz.»

Geoffroy Serey Die bekam eine Extra-Portion Nestwärme vom Captain. Der Ivorer hatte Frei gebeten, ihm bei der Übersetzung einer Entschuldigung an die Teamkollegen behilflich zu sein. Was Frei rundweg ablehnte: «Ich habe ihm gesagt, dass das definitiv nicht nötig ist. Er muss sich nicht entschuldigen. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren gemeinsam.»

Sousas Signal – mutig, aber nicht pragmatisch

Gewinnen – das wollte Paulo Sousa in Sofia. Zumindest in den Schlussminuten, nachdem sein Team zunächst mit zwei zusätzlich defensiv beauftragten Spielern (Calla, Gonzalez) vorsichtig ausgerichtet war. Der Trainer machte am Tag danach kein Hehl daraus, was er in der Schlussphase beabsichtigt hatte: Er setzte auf Offensive. Ungeachtet der Tatsache, dass sein Team dezimiert und nach fast 70 Minuten Schwerstarbeit am und im eigenen Strafraum an den Kapazitätsgrenzen angelangt war.

Nun kann man streiten darüber, ob die Hereinnahme von Ahmed Hamoudi in der 84. Minute und drei Minuten später die von Giovanni Sio das richtige Signal war. Die einen finden das mutig, Fabian Schär etwa kam auf dem Feld der Gegner nach vergeblichem Anrennen «ratlos» vor. Andere hätten wohl ein pragmatisches Vorgehen, ein zwar schmuckloses, aber mit grossem Eifer ermauertes Nullzunull vorgezogen.

«Es ist die Philosophie des Clubs, es ist unser Konzept, immer gewinnen zu wollen – und nicht auf Unentschieden zu spielen. Und das ist auch die Mentalität der Jungs.»
FCB-Trainer Paulo Sousa

Für Sousa kam das nicht in Frage. Ja, sagte er, die Einwechslungen seien ein Zeichen an die Mannschaft gewesen, noch einmal den Weg nach vorne zu suchen. Eine Mannschaft notabene, die mit einem Altersdurchschnitt von 23,7 Jahren bemerkenswert jung besetzt war. Und der vielleicht der Schuss Erfahrung fehlte, um einerseits den Siegtreffer konsequent zu suchen und gleichzeitig die Balance nach hinten nicht preiszugeben.

Eine Frage der Mentalität

Sousa wollte mehr – und erhielt nichts. Und das in einem Spiel, in dem einiges gegen den FCB gerichtet war. «Es ist die Philosophie des Clubs, es ist unser Konzept, immer gewinnen zu wollen – und nicht auf Unentschieden zu spielen», verteidigte der Portugiese die Marschrichtung, «und das ist auch die Mentalität der Jungs.» Und die hätten, so Sousa, «mehr verdient gehabt.»

Der FCB steht mit leeren Händen da, aber der Trainer nimmt auch etwas Positives aus Sofia mit: «Das Feuer, dass die Jungs gezeigt haben. Diese Energie werden wir in das Heimspiel gegen Ludogorets stecken.»



Basel Coach Paulo Sousa during an UEFA Champions League group B matchday 3 soccer match between Bulgaria's Ludogorez Rasgrad and Switzerland's FC Basel 1893 in the National Stadion Vasil Levski in Sofia, Bulgaria, on Wednesday, October 22, 2014. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Das Signal des Trainers an seine Mannschaft: Paulo Sousa bringt in der 87. Minute in Giovanni Sio einen weiteren Stürmer. Im Hintergrund der ausgewechselte Derlis Gonzalez. (Bild: Keystone/ENNIO LEANZA)

Mit einem Sieg in kaum 14 Tagen, am 4. November im St.-Jakob-Park, einem Sieg, der den FCB nach der Europacup-Formel im direkten Vergleich mit dem bulgarischen Meister besser stellt, wäre das europäische Überwintern und damit das eigentliche Ziel jeder Champions-League-Kampagne zum Greifen nah. Dann kommt Real Madrid, und hinterher, so Sousa, könne man eine Kalkulation auf Platz 2 aufmachen.

Sousas Lebensweisheit

Auf der Achterbahn, auf der Sousa mit dem FCB seit vier Monaten unterwegs ist, zwischen den bemerkenswert guten Auftritten und solchen wie in Sofia, die als Rückschlag im vielbeschworenen Prozess eingeordnet werden müssen, entlässt Sousa Spieler und Fans mit einer Lebensweisheit: «Was du heute nicht bekommst, bekommst du irgendwann in der Zukunft.»

» Die Situation in der Basler Gruppe B

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