«Statt Schienbeinschonern gefaltete Zeitungen in den Stulpen»

Toni Gisler trat 1955 dem Eisenbahner Sport Club bei – und ist ihm bis heute treu geblieben. Ein Interview über Zeitungen in den Stulpen, mit Schnüren zusammengebundenen Fussbällen und eingefleischte Eisenbähnler, die von der grossen Politik ins Flugzeug getrieben werden.

Checkpoint Charlie 1970, Berlin (Bild: Roger Wollstadt/Flickr)

Toni Gisler trat 1955 dem Eisenbahner Sport Club bei – und ist ihm bis heute treu geblieben. Ein Interview über Zeitungen in den Stulpen, mit Schnüren zusammengebundenen Fussbällen und eingefleischte Eisenbähnler, die von der grossen Politik ins Flugzeug getrieben werden.

Es war die Arbeit, die Toni Gisler nach Basel brachte. Als Eisenbahner zog er 1955 in die Stadt – und trat sogleich dem 1933 gegründeten Eisenbahner Sport Club Basel bei. 30 Jahre lang spielte Gisler als aktiver Fussballer. Und auch heute ist er als Mitglied weiterhin bei den Eisenbahnern – seit beinahe 60 Jahren.

Fussballgeschichten aus der Region

Zum 75. Geburtstag des Fussballverbandes Nordwestschweiz kommt es zu einer ­Kooperation mit der Tages­Woche. Das Ziel: Online soll eine interaktive Geschichte des Fussballs in der Region entstehen, auf der die wichtigsten Ereignisse des regionalen Fussballs, Anekdoten und Erinnerungen auf einer Zeitleiste dargestellt werden. ­

Toni Gisler, als erstes interessiert uns die Ausrüstung in den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Was war anders als heute?

Die Trikots und Stulpen waren nicht so sehr anders, abgesehen vom Material. Es gab allerdings Spieler, die anstatt Schienbeinschonern zusammengefaltete Zeitungen in die Stulpen steckten. Einen sehr grossen Unterschied gibt es zu den Bällen von damals. Diese wurden mit Schnüren in der Form gehalten und mussten zu jedem Gebrauch aufgepumpt werden – und weil aus dickem Leder, waren sie entsprechend schwer.

Wo und unter welchen Umständen haben Sie trainiert?

Ganz am Anfang hatte der ESC Basel sogar einen eigenen Platz am Eidgenossenweg. Die Trainings in der Halle dürften heute wohl nicht mehr unter denselben Bedingungen durchgeführt werden. Da es keinen Materialraum gab, standen alle Geräte und das gesamte Material in der Halle und es wurde daneben und drum herum gespielt.

Wie organisierte man sich für Spiele? Ohne Telefon und E-Mail heute undenkbar! Waren immer genügend Spieler auf dem Platz?

Die Teilnahme wurde entweder kurzfristig an den Trainings abgemacht. Wenn sich nicht genügend Spieler gemeldet haben, gab es auch mal schriftliche Nachfragen für Aufgebote. Ganz so rasch wie heute liessen sich nicht noch zusätzliche Spieler organisieren. So kam es auch damals vor, dass nur neun oder zehn Fussballer auf dem Platz standen.

Welches war die beste Ligazugehörigkeit des ESC Basel?

Die höchste erreichte Spielklasse war die 3. Liga. Zu Bestleistungen trieb uns immer wieder die Konkurrenz sozusagen «aus dem eigenen Lager». Mit dem FC Flügelrad ist seit langen Jahren ein zweiter Eisenbahner-Fussballverein im Spielbetrieb dabei.

Habt ihr an Spielen im Ausland teilgenommen? Die Eisenbahner sind ja seit vielen Jahren international organisiert und bestreiten jährlich Turniere.

Dazu gibt es natürlich einige besondere Geschichten zu erzählen. Die aussergewöhnlichste Reise führte 1971 nach Berlin, ausnahmsweise mit dem Flugzeug! Bezahlt hat jeder selber. Für damalige Verhältnisse ein enormer Luxus; aber wie sollte sonst die Berliner Mauer überwunden werden? Und gespielt wurde dann wegen heftiger Regenfälle gar nicht. Ebenfalls in Erinnerung bleibt die Fahrt 1965 nach Luxemburg: Der Ausflug dauerte drei Tage für gerade mal ein Spiel. Wie üblich waren wir mit dem Zug unterwegs, wie zu allen Auswärtsspielen, auch in der Schweiz.

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