Lange beisst sich der FC Basel die Zähne aus gegen Ludogorets Razgrad, muss mit dem Pausenpfiff sogar den Rückstand hinnehmen, ehe Renato Steffens Tor in der 80. Minute dem Schweizer Meister wenigstens einen Punkt einbringt. Vor 30’852 Zuschauern im St.-Jakob-Park ist das 1:1 dennoch eine Enttäuschung zum Start in die Champions League.
Die siebte Champions-League-Teilnahme nahm der FC Basel gegen den bulgarischen Meister Ludogorets Razgrad mit dieser Mannschaft vor 30'852 Zuschauern im St.-Jakob-Park in Angriff.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Grätsche von links – Taulant Xhaka gegen Wanderson...
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Grätsche von rechts – Birkir Bjarnason gegen Jonathan Cafu: Szenen des Abnützungskampfes in Basel.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Rettungstat an der Strafraumgrenze: Tomas Vaclik kommt gerade noch rechtzeitig vor Virgil Misidjan an den Ball.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Eine der wenigen Szenen von Marc Janko, hier gegen den starken argentinischen Innenverteidiger Jose Luis Palomino.
(Bild: Keystone/PETER SCHNEIDER)Nach 40 Minuten und mit muskulären Problemen war Schluss für Marc Janko.
(Bild: Keystone/PETER SCHNEIDER)Das Unheil für den FCB und Verteidiger Marek Suchy kommt in der 45. Minute in Gestalt des Brasilianers Jonathan Cafu.
(Bild: Keystone/PETER SCHNEIDER)Jonathan Cafus Schuss zur Führung für Ludogorets Razgrad in Basel. Marek Suchy kann ihn nicht mehr stoppen, Renato Steffen (rechts) schon gar nicht.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Das Nachsehen: Torschütze Jonathan Cafu mit Marek Suchy und FCB-Torhüter Tomas Vaclik beim 0:1.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Die zweite Halbzeit war noch nicht alt, als im St.-Jakob-Park zum ersten Mal so richtig Stimmung aufkam, diese dichte, intensive Atmosphäre eines mit über 30’000 Zuschauern besetzten Stadions. Ein Zweikampf von Birkir Bjarnason, ein kraftvoller Körpereinsatz, ein gewonnener Ball – die Zuschauer spürten, dass dieser FCB, mit dem Pausenpfiff in Rückstand geraten, Unterstützung benötigte.
Bjarnason war auch am Ursprung des 0:1 gestanden, das den FCB kalt erwischt hatte. Mit einem brillanten, tiefen Pass über 40 Meter von Matias Delgado lanciert, verpasste es der Isländer, etwas aus der Kontersituation zu machen.
Im Gegenteil: José Luis Palomino, bärenstarker argentinischer Innenverteidiger der Bulgaren, spielte den abgefangenen Ball zu Marcelinho, der passte aus dem Mittelkreis in den Lauf von Cafu – und der Brasilianer vollendete, nachdem er Marek Suchy mit einer Körpertäuschung genarrt hatte. Es war ein Gegentreffer, der den Spielverlauf mehr oder weniger auf den Kopf stellte, bevorteilt vom schlechten Abwehrverhalten des FCB, anfangen von Renato Steffen, der zu tief verharrt und so den Raum für den schnellen Cafu erst geschaffen hatte.
Bulgarischer Beton
Bjarnason also, einer der EM-Helden Islands, der wie Adama Traoré, Michael Lang und Steffen das erste Mal in der Champions League spielte – und der bei allem Einsatz doch nicht die Durchschlagskraft entwickeln konnte, die ihn vergangene Saison noch ausgezeichnet hatte. Wie sich das gesamte Team schwer tat gegen den bulgarischen Meister, den er in der Königsklasse bereits drei Mal geschlagen hat, darunter 2:0 und 4:0 im Joggeli.
Diesmal wählte Razgrad, mit vier Brasilianern bestückt, wieder die Variante Beton. Nach 20 durchaus offen gestalteten Minuten, mit zwei guten Basler Chancen in der Anfangsphase, war es nach der ersten von ungezählten Behandlungsunterbrechungen der Bulgaren vorbei mit dem Zauber. Der Rhythmus war gebrochen, die Gäste gruppierten sich mit zehn Mann hinter dem Mittelkreis und mit sechs Spielern auf einer Verteidigungslinie.
Kaum klare Basler Chancen
Dagegen fand der FCB kein Mittel, kam er nicht zwischen die Linien, verhedderte er sich immer wieder im dichten Abwehrgestrüpp. Er gewann lange Zeit auch keine zweiten Bälle, und richtig Druck konnte er so nicht aufbauen. Geschweige denn, klare Chancen kreieren.
In der 56. Minute war es Steffen, der bis zur Grundlinie durchbrach, mit seinem abgefangenen Querpass auf Doumbia aber die falsche Entscheidung traf, statt Delgado im Rückraum anzuspielen. Genauso schlecht löste Lang in der 78. Minute nach einem clever und schnell ausgeführten Freistoss von Delgado die vielversprechende Situation und spielte dem kaum einmal geprüften Vladislav Stoyanov in die Hände.
Aufgeheizte Stimmung
Inzwischen war die Stimmung im Joggeli aufgeheizt, weil die Bulgaren jede sich bietende Möglichkeit nutzten, um im Abnützungskampf Zeit zu schinden, was vom in jeglicher Hinsicht grosszügigen weissrussischen Schiedsrichter geduldet wurde. Das war für den Betrachter nervtötend, aus der Fassung bringen liess sich Fischers Mannschaft dadurch nicht. Und: Auch wenn es kein Abend fürs Basler Poesiealbum war, so verlor der FCB immerhin den Faden nicht.
Und er fand wenigstens ein Mal die Lücke im bulgarischen Beton. Steffen, Lang und Stoyanov, der jüngst als Nationalkeeper Bulgariens gegen Luxemburg drei Mal hinter sich hatte greifen müssen, waren die Protagonisten beim Ausgleich. Langs Flanke wehrte Stoyanov ungenügend ab, und der geistesgegenwärtige Steffen traf im Fallen volley zum Ausgleich.
Es ist das erste Tor im ersten Champions-League-Spiel für den 24-Jährigen, der hinterher meinte: «Mit meiner Leistung bin ich zufrieden, aber enttäuscht über das Ergebnis. Wir haben nicht die zwingenden Torchancen gehabt und müssen froh sein, dass wir wenigstens noch einen Punkt geholt haben. Wenn man daheim gewinnen will, muss man anders spielen.»
Fischer: «Einmal nicht aufgepasst»
Ein bisschen nachsichtiger war Urs Fischer nach seiner eigenen Feuertaufe in der Champions League, ein Tag, an dem sich Anspannung und Vorfreude beim FCB-Trainer vom Aufstehen an aufgebaut hatte. «Sehr speziell» empfand Fischer seine eigene Gefühlswelt, ganz anders noch als am Vortag, als er, wie er erklärte, «zu sehr vertieft war in die Arbeit».
Nach seinen ersten 94 Minuten in der Königsklasse stellte er fest: «Fussball ist manchmal nicht gerecht. Wir hatten den Gegner im Griff und haben einmal nicht aufgepasst. Das 0:1 hat weh getan, aber die Mannschaft hat an sich geglaubt und mit unheimlichem Aufwand den mehr als verdienten Ausgleich erzielt.» Und sie hat sich anschliessend mit dem Spatz in der Hand zufrieden gegeben, statt auf Teufel komm raus noch den Siegtreffer zu suchen.
Weil Paris St-Germain und Arsenal sich ebenfalls 1:1 trennten, ist in der Gruppe A noch nichts passiert – ausser, dass dem FCB der Start nicht so geglückt ist, wie er sich das ausgemalt hatte. Der Mannschaft, die nach 40 Minuten Marc Janko verletzungsbedingt verlor, fehlte auf internationalem Niveau der spezielle Moment, das gewisse Etwas, um einen Gegner von überschaubarer Qualität zu schlagen.
«Warum nicht gegen PSG oder Arsenal gewinnen?»
Urs Fischer aber freut sich – nicht ohne den Cupmatch am Sonntag in Zug zu erwähnen – schon auf das Spiel in London gegen Arsenal. Und den verpassten Punkten gegen Razgrad wollte er nicht allzu grosse Tränen nachweinen: «Ein Weiterkommen ist nicht allein von Direktbegegnungen mit Razgrad abhängig. Wer sagt denn, dass wir gegen Paris oder Arsenal nicht einen Punkt holen oder sogar gewinnen?»
Luft nach oben, das ist eine Erkenntnis des Premierenabends in Basel, hat dieser FCB jedenfalls noch.
Michael Lang und Davide Calla zum ersten Spiel in der Gruppe A:
Vor dem Spiel:
Kein grosser Name, aber eine entscheidende Begegnung: Im ersten Spiel der Gruppe A geht es für den FC Basel bereits darum, einen grossen Schritt in Richtung Ziel zu machen. Dieses heisst: europäisch überwintern. Dabei sind die Partien gegen den bulgarischen Meister Ludogorets Razgrad von grösster Bedeutung. » Gegen Razgrad muss Basel den Grundstein legen
Die Rückkehr des alten Bekannten: Trainer Georgi Dermendziev, mit Razgrad schon zum dritten Mal im St.-Jakob-Park, appelliert an die Fortuna und vertraut auf seine südamerikanischen Offensivspieler – die vor wenigen Wochen im Marakana von Belgrad ein Schlüsselspiel ablieferten. » Razgrad hofft auf das Glück und die brasilianische Fussballkunst
Sternstunden und Rückschläge: Die Basler wurden in den bisherigen Champions-League-Spielen zum Schrecken der englischen Teams, mühten sich mehrmals mit Rumänen ab, erlebten bittere Niederlagen im nahen Ausland und boten dem Publikum im St.-Jakob-Park immer wieder das, wofür es ins Stadion kommt: Spektakel und grosse Emotionen. » Die 46 Spiele des FC Basel in der Königsklasse