Thorsten Fink: «Ich habe Hummeln im Hintern»

Heute tritt der FC Basel bei der Austria Wien zu einem Freundschaftsspiel an. Trainer der Wiener ist seit dieser Saison Thorsten Fink, der Meistertrainer des FCB in den Jahren 2009/10 und 2010/11 – die schönste Zeit als Trainer, wie der heute 48-Jährige im Gespräch mit der TagesWoche beteuert.

Bei der Arbeit in Wien: Thorsten Fink. (Bild: Imago)

Am Freitag tritt der FC Basel bei der Austria Wien zu einem Freundschaftsspiel an. Trainer der Wiener ist seit dieser Saison Thorsten Fink, der Meistertrainer des FCB in den Jahren 2009/10 und 2010/11 – die schönste Zeit als Trainer, wie der heute 48-Jährige im Gespräch mit der TagesWoche beteuert.

Es gibt in Basel immer noch einige FCB-Anhänger, die werden es Thorsten Fink nie verzeihen, dass er den FC Basel im Oktober 2011, nach zwei Meistertiteln und einem Cupsieg und mitten in einer glänzenden Champions-League-Kampagne verlassen hat. Zwei Jahre später hat ihn der Hamburger SV vom Bundesliga-Trainerkarussell wieder abgeworfen, es folgten 18 Monate ohne Beschäftigung, ein Intermezzo auf Zypern, und seit vergangenem Sommer trainiert Thorsten Fink in Wien den Traditionsclub Austria. Mit von der Partie ist sein ehemaliger Athletiktrainer in Basel, Nikola Vidovic.

Es gibt natürlich auch noch ein paar Menschen in Basel, die sich gerne und ohne Groll an Fink und sein sonniges Gemüt erinnern. Die TagesWoche hat Thorsten Fink in Wien am Telefon erreicht.

Servus nach Wien, Thorsten Fink, in welcher Gemütsverfasung treffen wir den ehemaligen Meistertrainer des FC Basel an?

Mir geht es richtig gut, ich kann mich nicht beklagen. Ich fühle mich sehr wohl in Wien, es ist eine schöne Stadt, ein schönes Land und sportlich läuft es so, wie die Ziele vorgegeben sind.

Testspiel ab 18.00 Uhr live im Internet

Vor der Fortsetzung der Super League (Sonntag, 7. Februar,
16 Uhr) gegen den FC Luzern bestreitet der FC Basel noch zwei Tests. In der Wiener Generali- Arena wird am Freitag die Partie gegen die Austria um 18.00 Uhr angepfiffen und auf fcb.ch
im Livestream
gezeigt. Am Dienstag, 2. Februar, 15 Uhr, ist Xamax der Gegner; der Austragungsort ist noch offen.

Leben Sie mit Ihrer Familie in Wien?

Nein, die Kinder sind jetzt 9 und 10 Jahre alt und sollen nicht laufend umziehen müssen. Deshalb lebt meine Familie in München, sie kommt mich am Wochenende besuchen in Wien, und ich fahre einmal in der Woche nach Hause. Ich sehe die Kinder oft genug, und ansonsten arbeite ich und bin von morgens bis abends für den Verein da.

Das typische Nomadenleben eines Fussballprofis also?

Von nichts kommt nichts. Wenn man etwas erreichen will, muss man raus in die Welt.

Unweigerlich muss man Ihnen zum wiederholten Male die Frage stellen: Wann haben Sie es bereut, im Oktober 2011 den FC Basel Knall auf Fall in Richtung Hamburg verlassen zu haben?

Natürlich macht man sich Gedanken und sagt sich: Das war eine tolle Zeit in Basel und als Trainer meine schönste Zeit. Aber ich bin noch keine 65 und konnte damals doch nicht sagen, dass ich für immer bleibe. Das gilt auch für Hamburg. Man darf im Leben nichts nachtrauern. Aber den FC Basel habe ich für immer im Herzen, weil wir viel erreicht und auch viel Spass zusammen gehabt haben. Und das ist im Fussball auf diesem Niveau heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Jetzt bin ich bei Austria Wien bei einem Club, bei dem ich etwas aufbauen kann und bei dem mir die Arbeit auch Freude macht.

01.10 .2011 St Jakob Park Basel Fussball Super League Saison 2011/2012 FC Basel - FC Servette 3:0 Marco Streller mit S�hnchen nach dem Spiel , rechts Trainer Thorsten Fink (c) Foto Patrick Geisser
«Als Trainer meine schönste Zeit» – Thorsten Fink in Basel mit Marco Streller und dessen Sohn. Die Aufnahme ist übrigens Marco Strellers Lieblingsbild seiner langen Karriere. (Bild: Patrick Geisser)

Sie sind demzufolge nie ins Grübeln geraten?

Als ich als Spieler vom Karlsruher SC zu Bayern München gegangen bin, haben alle gesagt: Warum gehst du? Du schaffst das doch sowieso nicht in München. Und am Ende war ich zehn Jahre bei den Bayern. Also: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Das passt zu meinem Charakter: Ich bin ein risikofreudiger Trainer und habe damit viel Positives erfahren. Ich denke, es ist gut so, wie es gelaufen ist.

Wie haben Sie nach der Beurlaubung beim HSV die 18 Monate ohne Job erlebt und weggesteckt?

Erst mal habe ich eine Zeit gebraucht, um Abstand zu gewinnen. Hamburg war sehr intensiv. Wenn man da auf dem Trainingsplatz steht, darf man nicht mal die Hände in die Hosentasche stecken, ohne am nächsten Tag 50 Briefe zu bekommen. Und wenn man was sagt, muss man sich die Hand vor den Mund halten. Du fühlst dich ständig beobachtet. Immerhin war ich zwei Jahre dort, das ist für den HSV eine lange Zeit, und wir haben meiner Meinung nach auch Erfolg gehabt, sind Siebter geworden …

Thorsten Fink: 2015/16 in Wien und 2010 als Trainer des FC Basel im Arm von Valentin Stocker nach dem ersten Titelgewinn mit dem FCB.

Können Sie aus der Entfernung beurteilen, wie gut oder attraktiv der FC Basel aktuell spielt?

Da lehne ich mich nicht aus dem Fenster. Basel spielt erfolgreich, und ich denke, dass Urs Fischer einen guten Job macht. Es ist nicht einfach, in erfolgreichen Zeiten immer wieder aufs Neue erfolgreich und noch besser zu sein. Das geht fast nicht. Der FC Basel fährt ja inzwischen zu Chelsea und gewinnt mal eben so. Das ist für Trainer, die in einer Phase mit Titelgewinnen und Champions-League-Erfolgen folgen, extrem schwer. Zumal der FCB einen Umbruch erlebt, nachdem Marco Streller, Alex Frei, Fabian Frei und wie sie alle heissen weg sind.

Aber trotz Umbruch hat es keinen Einbruch gegeben.

Dazu muss man sich nur die Tabelle anschauen. Der FCB kauft immer wieder gut ein, es gelingt ihm, neue Spieler zu integrieren und er hat Erfolg. Nach oben zu kommen ist einfacher, als oben zu bleiben. Das schafft der FC Basel, weil in der Führungsspitze mit Georg Heitz und Bernhard Heusler zwei Top-Top-Profis sind, die sogar in der Bundesliga ihresgleichen suchen.

Das wird den beiden schmeicheln. Welche Erinnerung haben Sie denn an Urs Fischer, der zu Ihrer Zeit in der Schweiz Trainer des FC Zürich war?

Ich finde Urs Fischer sehr sympathisch, und fussballtechnisch haben wir uns stets ganz gute Duelle geliefert. Gegen den FCZ war es nicht einfach.

«Mit Marc Janko hat der FC Basel eine gute Nase gehabt. Schade für uns.»

Im Sommer haben Sie und die Austria auch um Marc Janko gebuhlt. Nach einem halben Jahr sagen wir: Gut, dass er beim FC Basel gelandet ist.

Wir wollen Österreicher in der Mannschaft haben, weil in unserer Bundesliga die Ausschüttung des TV-Geldes auch durch die Einsätze von einheimischen Spielern bemessen wird. Wir hätten natürlich gerne einen absoluten Torjäger wie Marc Janko. Von daher hat der FC Basel eine gute Nase gehabt. Schade für uns, aber gut für Marc Janko, weil er mit dem FCB auch international spielen kann. Das wäre bei uns nicht der Fall gewesen. Er hat mir damals gesagt: Trainer, ich komme, allerdings habe ich noch ein anderes heisses Eisen im Feuer. Und wenn das klappt, dann muss ich das machen. Das zeigt auch, welchen Namen und welche Stellung der FC Basel auf dem internationalen Parkett hat. Aber Marc wäre bei uns auch gut aufgehoben gewesen, um sich auf die EM vorzubereiten.

Warum sind Sie eigentlich im Winter nicht zu Hannover 96 in die Bundesliga gegangen?

Nun ja, dass ich ein Angebot hatte, muss man jetzt nicht mehr verheimlichen. Als die Austria den 96ern signalisiert hat, dass es keine Möglichkeit gibt, den Trainer zu bekommen, habe ich mich gar nicht weiter damit beschäftigt. Nach nur einem halben Jahr wollte die Austria mich nicht gehen lassen, und das habe ich auch verstanden. Es ist auch besser für mich, ich kann in Wien etwas aufbauen, ich habe einen Vertrag bis 2017 und Stand heute werde ich den auch erfüllen.

Haben Sie keine Sehnsucht nach den grossen Bühnen?

Natürlich ist es ein Ziel von mir, wieder in die Bundesliga zu kommen. Aber als Trainer darf man nicht zu langfristig denken. Ich bin mit zwei Meistertiteln und einem Cupsieg vom FC Basel zum HSV gekommen, habe da auch gute Arbeit gemacht und bin rausgeschmissen worden. Dann muss man auch mal einen Schritt zurückgehen, um wieder zwei nach vorne machen zu können. Und das sage ich, ohne die Austria schmälern zu wollen.

Mit der sind Sie immerhin Halbzeitmeister geworden und liegen vor der Meisterschaftsfortsetzung am 6. Februar in Grödig auf dem zweiten Platz (zwei Spiele der zweiten Saisonhälfte sind in Österreich wegen der Euro 2016 bereits gespielt). In Wien heisst es, Sie kitzeln ziemlich viel aus dem vorhandenen Potenzial heraus.

Was soll ich dazu sagen? Ich finde, ich habe eine gute Mannschaft und hole das aus ihr heraus, was sie kann. Die Gruppe hat einen guten Charakter und ist auf einem guten Weg.

Wien 22.06.2015, Generali Arena, Wien, AUT, 1. FBL, FK Austria Wien, Training, im Bild Trainer Thorsten Fink // during Training of Austrian Football Bundesliga Club FK Austria Vienna at the Generali Arena, Vienna, Austria on 2015/06/22. PUBLICATIONxNOTxINxAUT EP_gru Vienna 22 06 2015 Generali Arena Vienna AUT 1 FBL FK Austria Vienna Training in Picture team manager Thorsten Fink during Training of Austrian Football Bundesliga Club FK Austria Vienna AT The Generali Arena Vienna Austria ON 2015 06 22 PUBLICATIONxNOTxINxAUT EP_gru
«Meister mit der Austria zu werden wäre eine mittlere Sensation» – Thorsten Fink auf dem Trainingsplatz in Wien. (Bild: Imago)

Hat sie auch das Zeug, um Salzburg den Titel streitig zu machen?

Salzburg und Rapid Wien, gegen die wir gleich am 14. Februar das Derby spielen, sind für mich die Favoriten. Ich tippe sogar eher auf Rapid als Meister, auch, weil Salzburg Ausfälle von wichtigen Leistungsträgern hat und einen neuen Trainer, mit dem sich erst einmal alles einspielen muss. Wir haben eine kleine Aussenseiterchance, und wenn wir es schaffen sollten, wäre das eine mittlere Sensation.

Wenn Sie das Niveau der Schweizer Super League mit der österreichischen Bundesliga aufwiegen – wo ist mehr Substanz vorhanden?

Die Stadien in der Schweiz sind schöner und moderner. Von der Infrastruktur her gibt es da schon Unterschiede. Fussballerisch war der Abstand wahrscheinlich schon grösser. In der Schweiz wurde schon vor Jahren mehr Wert auf Spielaufbau und fussballerische Qualität gelegt, wogegen in Österreich mehr mit Einsatz und Kampf gespielt wurde. Die Liga sei hart, hiess es immer wieder. Inzwischen hat sich etwas getan, wird auch hier mehr Wert auf spielerische Elemente gelegt, ist das Selbstvertrauen, überall gewinnen zu wollen, grösser geworden. Auch durch die Qualifikation für die Europameisterschaft. Ich würde sagen, es gibt keinen gewaltigen Unterschied mehr zwischen der Schweiz und Österreich.

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