Sieben Wochen ist es her, seit die grosse Meistersause durch die Stadt rollte. Das kommt einem wie gerade eben vor und andererseits schon wie eine kleine Ewigkeit her. Und an diesem Samstag geht es schon wieder weiter: neue Saison, neues Spiel, neues Glück oder Pech.
Und derweil die alte Clubleitung des FC Basel die Koffer packt für eine gemeinsame Abschiedsreise nach Florida (um sich dort, kein Scherz, Freundschaftsspiele mit Real, Barcelona etc. anzuschauen), hat die neue Führungscrew einen Abriss über die Vorbereitung ihrer ersten Saison gegeben. Das erfolgte am Donnerstag anlässlich einer Medienkonferenz in einem fast atemlosen Stakkato. In den kaum sechs Minuten war bei Präsident Bernhard Burgener, bei Sportchef Marco Streller und bei Cheftrainer Raphael Wicky sehr oft die Wortkombination «sehr gut» zu vernehmen. Oder «sehr, sehr gut».
Ein kurzer Abriss
- Burgener sagt zur Grösse des Kaders, dass man 33 Spieler inklusive der ausgeliehenen übernommen habe und die aktuelle Zahl bei 24 liege. Adama Traoré und Veljko Simic zählen da noch dazu, neu auch Dimitri Oberlin. «Das Ziel war 18 Spieler, aber auf Ende dieser Saison», sagt Burgener. Mit den fünf Spielern aus dem eigenen Nachwuchs beträgt die Kaderstärke demnach aktuell 29. «Ich kann dem Team um Marco Streller nur gratulieren. Es hat alle Ziele erfüllt.»
- Die sportlichen Ziele bleiben unverändert. Burgener: «Wir halten daran fest: die Titelverteidigung, im Cup in den Final kommen und international überwintern.»
- Sportchef Marco Streller freut sich, die Lücke im Angriff mit dem Wunschspieler Dimitri Oberlin besetzt zu haben, ist «sehr stolz» darauf, einige junge Spieler integriert zu haben und meint generell und sehr euphorisch: «Es ist sehr gut gearbeitet worden, die Qualität ist sehr hoch. Die Stimmung ist sehr gut, und wir sind alle sehr, sehr zufrieden. Auch wenn wir wissen, dass wir schlussendlich an den Resultaten gemessen werden.»
- Trainer Raphael Wicky betont: «Wir wollen die Nummer 1 in der Schweiz sein.» Und dies mit «taktisch flexiblem Fussball, für den die Fans gerne ins Stadion kommen». Zum Jugendstil sagt er: «Es kommt darauf an, ob wir das Gefühl haben: In diesem Match, gegen diesen Gegner und auf dieser Position hat es sich ein junger Spieler verdient zu spielen. So ist die Leistungsgesellschaft, so funktioniert Fussball. Und das wird auch weiterhin beim FC Basel so sein.»
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Vorbereitung im Kontrast zum Vorjahr
Der Novize auf dem Trainerstuhl des FC Basel konnte ein funktionierendes Meisterteam übernehmen und hat allenthalben die hohe Qualität hervorgehoben, die ihm da für sein Premierenjahr in der Super League zur Verfügung steht. Die Vorbereitungszeit steht in einigem Kontrast zu jener vor Jahresfrist, als Urs Fischer in einem EM-Sommer eine erhebliche personelle Fluktuation managen musste. Um dann mit seiner Mannschaft ein makelloses erstes Saisonquartal hinzulegen.
Klar ist – nachdem der neue Sportchef und seine Mitstreiter vorgespurt haben –, dass der Trainer nun liefern muss. Am besten schon in Bern. Denn die Erwartungshaltung an den FC Basel hat sich – Umbruch hin oder her – nicht verändert.
Was Wicky unter seiner fussballerischen Vorstellung versteht, hat er nach dem letzen von fünf Testspielen (vier Siege, ein Remis) gegen Sporting Lissabon in Portalban noch einmal zusammengefasst: «Immer, wenn wir probieren, Fussball zu spielen, wenn wir vier, fünf, sechs Pässe machen, wenn wir mutig sind, auch gegen einen Gegner, der viel Druck macht – dann finden wir Räume, dann sind wir richtig gut. Wenn man aber gegen einen physisch starken Gegner immer nur den Zweikampf sucht, dann ist es schwierig. Das hat nichts mit dem System zu tun, sondern mit der Bereitschaft, den Ball zu verlangen. Und zu wissen: Wir sind gut, wir finden Lösungen, um uns aus dem Druck zu befreien. Das ist eigentlich der wichtige Punkt.»
Dreierkette, Delgado hinten, Schmid vorne – so könnte der neue FCB aussehen
Verraten, wie er im Stade de Suisse aufstellen wird, wollte Wicky natürlich nicht. Da ist er so zugeknöpft wie praktisch jeder andere Trainer. Es lässt sich aber eine Prognose stellen: Der FCB wird YB mit einer Dreierabwehrkette (Manuel Akanji, Marek Suchy, Eder Balanta) entgegentreten, und Matias Delgado wird wohl seine neue, zurückgezogene Rolle übernehmen.
«Ich bin sehr zufrieden mit ihm», sagt Wicky zur Neuerfindung Delgados, «er tut der Mannschaft gut, und das ist auf jeden Fall eine Variante.» Der 34-jährige Delgado selbst ist noch zurückhaltend mit einer Selbsteinschätzung. Gegen Bilbao spielte er als Auslöser blendend, gegen das Pressing von Sporting musste er jedoch hartes Brot knabbern, und deshalb sagt er: «Nach 15 Jahren braucht es seine Zeit, sich auf einer neuen Position zurechtzufinden.»
Neben IHM wird wohl Taulant Xhaka gewohnt zentral und eher defensiv orientiert spielen, womit vorerst Luca Zuffi seinen Platz in der Startelf verlieren wird. Auf der rechten Seite rauf und runter arbeiten wird Michael Lang. Also einer Aufgabe nachgehen, die er ähnlich interpretiert schon im der Mannschaft vertrauten 4-2-3-1 übernommen hat. Und auf dem linken Flügel würde es nach den letzten Eindrücken nicht verwundern, wenn dort Renato Steffen auftaucht. Womit für Mohamed Elyounoussi zunächst einmal kein Platz wäre.
Dominik Schmid – ein Gewinner der Vorbereitung
Die eigentliche Überraschung, die sich andeutet, ist der 19-jährige Dominik Schmid. Viel gelobt für seine Dynamik und Umsicht wird der junge Mann vom Campus, der Ende letzter Saison in Zürich debütierte, und mit dem die alte Clubleitung ohne grosse Umschweife einen Profivertrag abgeschlossen hat. Nun erbt Schmid wohl Delgados gewohnte Position.
In vorderster Reihe ist Ricky van Wolfswinkel gesetzt – und mit Kevin Bua zu rechnen. Der Langzeitverletzte, vergangenen Sommer vom Absteiger FC Zürich zum FCB gestossen, hat eine gute Vorbereitung hinter sich und besticht durch seinen Zug zum Tor.
Als glücklichen Trainer kann sich Wicky schon allein aus dem Umstand schätzen, dass ihm mit Ausnahme von Neftali Manzambi alle Spieler zur Auswahl stehen.
Der Präsident erinnert: In Bern hat der FCB zuletzt zweimal verloren
Wie auch immer: Die Young Boys werden zur ersten Nagelprobe für den neuen FC Basel, bei dem bei genauerem Hinsehen so viel noch nicht neu ist. Jedenfalls scheint die Organisation derzeit schon ganz gut zu funktionieren, ehe am 2. August Jean-Paul Brigger anfängt, der neue Delegierte des Verwaltungsrates.
Bernhard Burgener hat am Donnerstag betont, dass er in einem Krisenmoment wie ein guter Captain am Ruder stehen will und wird sich als erstes den Besuch im Stade de Suisse nicht nehmen lassen. Dort wird am Samstagabend eine schöne Kulisse warten (Vorverkauf: 26’000), und der Präsident hat daran erinnert, dass es die einzigen beiden Niederlagen der zurückliegenden Saison ebendort setzte.
Grosse Töne? Nicht aus Bern
Und genauso gespannt wie auf den FCB darf man auch auf YB sein. Im Team von Adi Hütter hat es nach den Abgängen der Leistungsträger Yvon Mvogo und Denis Zakaria sowie weiterer etablierter Kräfte einen grösseren Umbruch gegeben als im Kader des FCB. Grosse Töne werden in Bern jedenfalls nicht gespuckt. «An der Spitze mitspielen» gibt Sportchef Christoph Spycher bescheiden als Ziel aus, und Trainer Hütter wagt immerhin zu sagen: «Wir wollen den FC Basel herausfordern.»
Und wenn sie nicht lügen in Bern, dann sind sie schon zufrieden damit, wenn sie den Abstand zu Basel geringer halten können als zuletzt.
Einen Guide zur neuen Saison der Super League hat die NZZ zusammengesellt.