Und am Ende finden fast alle fast alles gut

Der FC Basel holt in seinem ersten Heimspiel der Saison gegen den FC Luzern zweimal einen Rückstand auf und könnte am Ende sogar noch gewinnen. Nach dem 2:2 ist trotzdem klar: Da wartet noch einiges an Arbeit auf die Rotblauen. Und über den Schiedsrichter mochten alle nur während der Partie reden.

Basel's captain Marco Streller, right, and his team cheer after scoring during the Super League soccer match between FC Basel and FC Luzern at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, on Saturday, July 21, 2012. (KEYSTONE/Georgios Kefalas) (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der FC Basel holt in seinem ersten Heimspiel der Saison gegen den FC Luzern zweimal einen Rückstand auf und könnte am Ende sogar noch gewinnen. Nach dem 2:2 ist trotzdem klar: Da wartet noch einiges an Arbeit auf die Rotblauen. Und über den Schiedsrichter mochten alle nur während der Partie reden.

Es müssen gar nicht immer die spielentscheidenden Situationen sein. Manchmal sagen auch die kleinen Szenen am Rande etwas über den Zustand einer Fussballmannschaft aus. So wie in der 60. Minute der Partie zwischen dem FC Basel und dem FC Luzern, als die Innerschweizer einen Freistoss in der Nähe des Basler Strafraums treten durften.

Da versuchte ein auf diese Saison hin zum Abwehrchef aufgestiegener Aleksandar Dragovic mit Händen und Füssen, seinem neuen Teamkollegen David Degen zu erklären, dass er doch bitte auf die Sechzehnerlinie vorrücken möge. Währenddessen hoben andere Basler die geplante Abseitslinie auf, zwei Luzerner spazierten fröhlich im Rücken des Österreichers in den Strafraum, und am Ende kam Tomislav Puljic zum Kopfball.

Gewiss, es war keine grosse Chance, kein eigentlicher Aufreger. Aber die Szene zeigte sehr schön, was dieser FC Basel derzeit ist: Eine Mannschaft im Aufbau nämlich, eine Gruppe von Spielern, die sich erst noch kennenlernen müssen, eine Maschine, die schnell einmal ins Stottern geraten kann.

Eine Diskussion über hohe, weite Bälle

Es gab da auch jene Diskussion zwischen Yann Sommer und Radoslav Kovac nach dem Schlusspfiff im Mittelkreis, als der FCB-Goalie seinem Innenverteidiger wohl irgendetwas über hohe, weite Bälle auf den zweiten Pfosten erzählte. Soviel war aus seinen Gesten abzulesen.

Und damit wären wir dann bei den wirklich spielentscheidenden Szenen angelangt. Die beiden Luzerner Tore nämlich glichen sich schon fast wie ein Ei dem anderen. Zweimal bekamen die Basler ihre linke Abwehrseite nicht dicht, zweimal kam der ausnehmend stark spielende Rechtsverteidiger Sally Sarr zu eben einer solchen hohen, weiten Flanke auf den hinteren Pfosten. Zweimal stand Dario Lezcano aus seiner Sicht erfreulich frei vor dem Tor, zweimal war die gesamte Basler Abwehr zu weit nach links gerückt.

Das 0:1 in der 17. Minute war der fast schon zu magere Lohn für einen guten Luzerner Beginn gewesen, als das Team von Trainer Murat Yakin den FCB mit hohem Pressing zu vielen Fehlern gezwungen hatte. Da lag es nur an Sommer, dass es nicht gleich 0:2 stand. Mirakulös, wie er zweimal gegen Dimitar Rangelov rettete, nachdem dieser völlig frei zum Abschluss gekommen war (9. Minute). Natürlich auch er nach einer weiten, hohen Flanke.

Die alte Frage nach dem Huhn und dem Ei

Wie immer stellte sich danach die Frage, wer denn nun am Ursprung dieser Luzerner Überlegenheit in der ersten Halbzeit gestanden war: der starke FCL – oder vielleicht doch ein indisponierter FCB? FCB-Captain Marco Streller hatte in dieser Spielphase auf seiner Seite «unglaubliche Ballverluste» gesehen und erklärte so Luzerner Stärke mit Basler Schwäche. FCB-Trainer Heiko Vogel dagegen befand, es sei anmassend zu verlangen, «dass wir den Zweiten der letzten Saison an die Wand nudeln». Und erklärte so Basler Schwäche mit Luzerner Stärke.

Alles in allem könnten die ersten 45 Minuten auch einfach als Ausdruck dafür gedeutet werden, wie eingespielt die beiden Teams sind. Hier der FCL, der kaum Veränderungen im Vergleich zur letzten Saison erfahren hat. Und da der FCB, der sich in einem Umbruch befindet.

Vogel fand seinen FCB «sehr, sehr gut»

Dass sein Team ein paar Wochen brauchen würde, um sich zu finden, hatte Vogel bereits vor dem Saisonstart gesagt. Also war es wenig überraschend, dass er nach dem Schlusspfiff erklärte: «Die Laufwege, die Passfolgen sind noch nicht feingetunt. Damit kann ich leben.»

Eher aufhorchen liess da schon seine Aussage, er sei mit dem Spiel seiner Mannschaft «sehr, sehr zufrieden», ja die letzten zwanzig Minuten seien sogar «phänomenal gut» gewesen. Das schien dann vor allem angesichts der ersten Halbzeit des Lobes doch etwas gar viel – und wohl vor allem dem Umstand geschuldet, dass seine Basler durch Alex Frei und Marco Streller zweimal einen Rückstand wett gemacht hatten. Ja, am Ende fehlten in der 91. Minute nur Zentimeter und der FCB hätte dank Frei sogar noch 3:2 gewonnen.

Auf dieses Comeback stützte sich auch Streller. Gleich 80 gute Minuten wollte der Captain im Rückblick von seinem Team erlebt haben. Auch das eine leicht rotblau gefärbte Sicht der Dinge. Doch weil schliesslich auch Luzerns Trainer Murat Yakin erklärte, er sei «insgesamt zufrieden mit der Leistung», fanden am Ende eigentlich alle fast alles gut.

Die Sache mit dem Schiedsrichter

Wobei – eine Sache war da noch. Auf Schiedsrichter Alain Bieri nämlich waren die Basler nicht nur während der Partie nicht gut zu sprechen gewesen. Unmittelbar nach Schlusspfiff stürmte Marco Streller in die Kabine des Spielleiters, Valentin Stocker brüllte seinen Frust über Entscheidungen in die Pressezone.

In der 70. Minute war dem FCB ein Tor fälschlicherweise wegen einer angeblichen Offsideposition Strellers aberkannt worden, zudem reklamierte Basel vergeblich einen Elfmeter für sich. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit war zudem Heiko Vogel auf die Tribüne verbannt worden, weil er für Bieris Geschmack wohl auf dem Weg zum Pausentee zu mitteilsam gewesen war.

Aber so sehr die Basler auf dem Feld den emotionalen Dialog mit Bieri gesucht hatten, so sehr sie sich gleich nach Schlusspfiff enervierten – nach einem Moment der Besinnung mochten sie sich nicht mehr zum Schiedsrichter äussern. «Das ist nicht unsere Art», befand Streller – sein der Akt der Selbstbeherrschung dürfte kein kleiner gewesen sein.

Eine Verteidigungsrede für die Schiedsrichter-Gilde

Heiko Vogel schliesslich hob gleich zu einer Verteidigungsrede für die Gemeinschaft der Spielleiter an: «Die Schiedsrichter haben es verdammt schwer, heute auch mit mir. Es ist unmöglich, 100-prozentig richtige Entscheidungen zu treffen. Darum werde ich auch heute nichts zu irgendwelchen Entscheidungen sagen.»

Und ganz am Ende, bevor er sich in die kühle Basler Sommernacht verabschiedete, sagte Heiko Vogel noch: «Ich habe das Spiel heute genossen – und auch die Katakomben.» Was er sagen wollte: viele Fehler zwar, aber dadurch auch vier Tore, dazu Diskussionen, ein Platzverweis, hoch gehende Emotionen – für ein Zweitrundenspiel der Super League war das als Unterhaltung doch schon mal nicht schlecht.

Was nicht heisst, dass es für den FC Basel nicht noch um einiges besser werden darf. Die Arbeit wird den Baslern in den kommenden Tagen auf jeden Fall nicht ausgehen.

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