Und tief in Challandes tobt der ewige Frust gegen den FCB

Der FC Basel gewinnt sein Spiel in Thun mit 3:2 (2:1). Er bleibt damit im 19. Ligaspiel in Serie ungeschlagen und hat  fünf Siege ein suite erspielt. In der Tabelle führt der FCB nun mit 14 Punkten Vorsprung auf Luzern.

Als alles in Odnung schien: Vor prächtigem Panorama in der Arena Thun trifft Alex Frei zum 3:1 für den FCB. (Bild: Reuters/PETER SCHNEIDER)

Der FC Basel gewinnt sein Spiel in Thun mit 3:2 (2:1). Er bleibt damit im 19. Ligaspiel in Serie ungeschlagen und hat  fünf Siege ein suite erspielt. In der Tabelle führt der FCB nun mit 14 Punkten Vorsprung auf Luzern.

In der 89. Minute konnte man Bernard Challandes in der Arena von Thun so erleben, wie man den Trainer des FC Thun seit Jahren in der Super League kennt: Als Rumpelstilzchen an der Seitenlinie. Die Aufregung war gross, als dieser so friedliche und frühlingshafte Tag im Berner Oberland in die Dämmerung eintauchte. Ein angebliches Handspiel von Benjamin Huggel im Strafraum, ein Linienrichter, der die Fahne schwenkte und ein Schiedsrichter, der seinen Assistenten ignorierte und weiterspielen liess.

Zwanzig Minuten später konnte man einen Bernard Challandes erleben, der sich alle Mühe gab, sich zusammenzureissen, und den «lieben Journalisten» eine Bemerkung und eine Frage vortrug.

Seine Bemerkung: «Ich gratuliere Heiko Vogel. Ich bewundere, wie der FCB spielt. Er kann nach der Halbzeit zwei, drei Tore mehr schiessen, und wir haben viele Probleme gehabt, weil der FCB so gut gespielt hat.» Aber, fügte Challandes maliziös an: «Aber Basel ist so stark, sie brauchen keine Hilfe!»

Huggel plädiert für Freispruch

Die hatten die Basler auch nicht wirklich nötig, denn es ist das gute Recht des Schiedsrichters, seinen Assistenten an der Linie zu überstimmen, dafür ist er der Chef auf dem Platz. Und Huggel plädierte in eigener Sache auf Freispruch und das durchaus nachvollziehbar: «Ich bekomme den Ball aus drei Metern mit gefühlt 80 Stundenkilometer angeschossen, da kann kein Mensch ausweichen. Für mich ist das nie Hands, und in meinen Augen war das ein hilfloser Versuch, noch einen Penalty zu bekommen.»

Da hatte Huggel die Rechnung nicht mit Challandes gemacht. Die Frage trug er, wie er betonte, «ganz ruhig» vor, verkam etwas bei Süd- und Muttenzerkurve und sagte also: «Können Sie sich vorstellen: Wir sind in Basel, der FC Thun führt 3:2, wir sind vor der Südkurve, der Schiedsrichterassistent gibt einen Penalty für den FCB und der Schiedsrichter sagt: nein, das ist kein Penalty.»

Maliziös liess er die Worte im Raum stehen und schob nach: «Stellen Sie sich das vor, und geben Sie die Antwort selbst.» Man sollte sich was ausmalen? Wie die Basler Fans das Spielfeld stürmen, die Schiedrichter massakrieren und anschliessend das Stadion und die Stadt in Schutt und Asche legen? Challandes gab zu dieser Auseinandersetzung keine Gelegenheit, er stand auf, ging, klopfte Heiko Vogel anerkennend auf die Schultern und verschwand.

Challandes ewiger Frust

Es war nun beileibe keine glasklare Szene gewesen, die den Furor in Challandes ausgelöst hatte. Und tief in ihm drin muss der ewige Frust toben, der ihn als Trainer in den Spielen gegen den FC Basel begleitet: 20 Anläufe hat er nun unternommen, um gegen den FCB zu gewinnen, nie ist es ihm bislang gelungen. Unter Challandes etwa baute der FCZ einst seine berühmte Negativserie gegen Basel beharrlich aus.

Immerhin fand Challandes auf Basler Seite einiges Verständnis, zumindest für die emotionale Reaktion: «Ich verstehe die Wut der Thuner», sagte Marco Streller, «ich finde es in dieser Szene zwar hart, auf Handspiel zu entscheiden, aber wenn der Linienrichter ein Hands anzeigt, dann muss das der Schiedsrichter auch pfeifen.»

Und auch Heiko Vogel, der selbst wie ein Rumpelstilzchen zu tanzen weiss, konnte den Frust des Kollegen nachvollziehen: «Ich weiss nicht, wie ich mich verhalten hätte. Es ist sehr mutig, dass der Schiedsrichter seine Sichtweise vertreten hat.»

Vogels kleiner Vorwurf

Die Diskussionen hätte der FCB überflüssig machen können, wenn er denn aus seiner spielerischen Überlegenheit noch mehr als die drei sehr schön herausgespielten Tore gemacht hätte. Ein hochzufriedener FCB-Trainer ersparte seiner blendend aufgelegten Mannschaft deshalb nicht den «kleinen Vorwurf, den Sack nicht zugemacht zu haben».

Als Marco Streller in der 6. Minute mit wunderbarem Hocheck-Schuss die Basler Führung gelang, und in der 23. Minute, als der FCB in Vollbestand gegen nur noch zehn Thuner spielen durfte, schien alles auf einen gemütlichen Spätnachmittag hinauszulaufen. Doch zweimal torpedierten die Basler selbst die gute Ausgangslage.

Cabral war es, der gegen den FC Thun eine ganz bittere halbe Stunde erlebte. Erst vertändelte er ohne Not im eigenen Strafraum den Ball und foulte danach erst noch Mirson Volina, was Stipe Matic den Elfmeter zum 1:1 in der 9. Minute ermöglichte.

Und als dieser Matic nach 22 Minuten nach einem Notbremsefoul an Streller vom Feld musste, zog Cabral nur fünf Minuten später nach. Nach seinem Einsteigen vor dem Penalty mit Gelb vorbelastet, liess er sich zu einem unnötigen Foul in der gegnerischen Platzhälfte hinreissen. Schiedsrichter Sascha Amhof nutzte die günstige Gelegenheit, um wieder für numerischen Gleichstand zu sorgen.

Deutlich überlegene Basler

Dass Basel trotzdem mit einer 2:1-Führung in die Pause ging, war dennoch nicht unverdient. Von den Aussetzern Cabrals abgesehen war der FCB dem Gastgeber nämlich deutlich überlegen. «Die Zeiten, in denen wir den Kunstrasen nicht toll fanden, sind vorbei», sagt Streller, «wir fühle uns wohl dabei, auf Kunstrasen den Ball laufen zu lassen, das hat man doch gesehen, oder?»

Unbedingt. Deshalb überraschte es nicht, dass Valentin Stocker noch vor dem Seitenwechsel das 2:1 gelang. Joo Ho Park hatte Alex Frei steil geschickt. Der berührte den Ball zwar nicht, irritierte aber David Da Costa soweit, dass Thuns Keeper den Ball nur bis zu Valentin Stocker abklatschen liess. Nach dem Seitenwechsel war es dann Alex Frei, der nach einem feinen Pass Xherdan Shaqiris das Spiel mit dem 3:1 für den FCB entschied (59.). Fünf Minuten zuvor war er aus acht Metern noch am mirakulös reagierenden Da Costa gescheitert.

Hektik kam in den letzten zehn Minuten trotzdem noch einmal auf, weil Yann Sommer wie alle anderen Anwesenden nicht mehr mit einem Thuner Aufbäumen gerechnet hatte. So liess sich der Basler Goalie von einem Verzweiflungsschuss Dennis Hedigers überraschen. Der Ball prallte an den Pfosten, an Sommers Kopf – und von dort ins Tor zum Anschlusstreffer. Der Rest war ein Sturm im Wasserglas.

Super League, 27. Runde
FC Thun–FC Basel 2:3 (1:2)
Thun Arena. – 7624 Zuschauer. – SR Amhof.

Tore:
6. Streller 0:1 (feine Einzelleistung, ein Schlenzer aus 17 Metern hoch ins linke Toreck auf Zuspiel Shaqiri).
9. Matic 1:1 (Foulpenalty, Cabral an Volina).
41. Stocker 1:2 (nach schönem Zuspiel von Park auf Alex Frei profitiert Stocker vom Abpraller Da Costas).
59. Alex Frei 1:3 (überlegter Abschluss mit links nach perfektem, tiefem Pass Shaqiris).
79. Hediger 2:3 (Sommer lässt sich von einem Weitschuss überraschen).

FC Thun: Da Costa; Bigler, Matic, Schindelholz, Wittwer; Bättig; Volina (67. Manière), Hediger, Demiri, C. Schneuwly (81. Salamand); M. Schneuwly (72. Rama).
FC Basel:
Sommer; Degen, Abraham, Dragovic, Park; Shaqiri (79. Fabian  Frei), Huggel (94. Andrist), Cabral, Stocker; A. Frei (85. Zoua), Streller.

Verwarnungen: 8. Cabral (Foul), 37. Wittwer (Hands), 77. C. Schneuwly (Foul), 89. Streller (Reklamieren; für das nächste Spiel gesperrt).

Rote Karte: 23. Matic (Notbremsenfoul gegen Streller).
Gelb-Rote Karte: 28. Cabral (wiederholtes Foulspiel; Volina)

Bemerkungen: Thun ohne Lüthi, Schneider, Ghezal, Siegfried, Reinmann (alle verletzt) und Schirinzi (gesperrt). Basel ohne Yapi, Pak (beide geschont), Voser und Chipperfield (beide im Aufbau). – Demiri nach Platzverweis Matic in der Innenverteidigung; Alex Frei nach Platzverweis für Cabral im zentralen Mittelfeld. – 25. Pfostenschuss Shaqiri.

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