Videoton – mit dem Segen des Ministerpräsidenten

Der FC Videoton, auf den der FC Basel am Donnerstag Abend (19 Uhr, SF 2, #rotblaulive) trifft, ist der reichste Club Ungarns. Und er ist der Lieblingsverein des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Videoton's Paulo Vinicius (R) celebrates his goal against Sporting with team mate Marco Caneira during their Europa League soccer match in Szekesfehervar October 4, 2012. REUTERS/Bernadett Szabo (HUNGARY - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/BERNADETT SZABO)

Der FC Videoton, auf den der FC Basel am Donnerstag Abend (19 Uhr, SF 2, #rotblaulive) trifft, ist der reichste Club Ungarns. Und er ist der Lieblingsverein des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

FC Videoton – der Name des heutigen Gegners des FC Basel drängt sich für allerlei Wortspiele geradezu auf. Und so blöd, wie sie auf den ersten Blick klingen, sind die Witzchen mit Video und Ton allerdings gar nicht. Schliesslich stammt der Name tatsächlich von einem Elektronikmarkt-Hersteller, der einst Hauptsponsor des Vereins war.

Heute allerdings hat die Firma «Contract Electronics Manufacturer» nichts mehr mit dem Club zu tun. Trotzdem ist er der reichste Fussballverein Ungarns. Bei einem durchschnittlichen Budget von zirka 3,5 Millionen Franken aller Clubs in der ungarischen OTP Bank Liga soll Videoton rund 10 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung haben. Doch Genaues weiss man nicht.

Das gilt für einiges, was die Finanzierung von Videoton betrifft. Woher das Geld stammt, ist offenbar nicht gänzlich geklärt. Dafür kursieren Gerüchte. Natürlich, Präsident Istvan Garancsi, ein ungarischer Geschäftsmann, könnte Geld in den Verein stecken. Garancsi war es, der Videoton 2004 vor dem Bankrott rettete.

Der Ministerpräsident parkt vor dem Spielereingang

Seither hat der Verein eine bemerkenswerte Entwicklung gemacht: Aus dem einstigen beinahe-Pleite-Unternehmen wurde ein Ort, an dem sich die Reichen und Schönen die Klinke in die Hand geben. Und sicher nicht ganz unbeteiligt daran ist Viktor Orban.

Ungarns rechtskonservativer Ministerpräsident lässt sich, so es der Zeitplan zulässt, kein Spiel seines Lieblingsclubs entgehen. Vor dem Spielereingang ist sogar ein Parkplatz mit Namensschild für ihn reserviert.

Mit Orban kamen die Sponsoren

An Orbans Seite begannen ab 2010 plötzlich die reichsten Männer Ungarns im VIP-Bereich des Sostoi Stadions aufzutauchen. Und nicht nur das: Das grösste Ölunternehmen des Landes, die grösste Bank und weitere Gross-Firmen wurden zu Sponsoren des Clubs.

Allein mit der grossen Strahlkraft Videotons als Fussballverein kann das kaum erklärt werden. Der Club kommt aus der mit 100’000 Einwohnern nicht besonders grossen Stadt Szekesfehervar, er ist nicht der beliebteste Verein des Landes. Und die rund 3000 Zuschauer, die üblicherweise seine Heimspiele besuchen, sind wohl auch keine werberelevante Grösse.

Vielmehr wird gemunkelt, Orban mache seinen politischen Einfluss geltend, um die Unternehmer zu «motivieren», den Club seines Herzens zu unterstützen.

Trainerwechsel trotz Meistertitel

Auf den sportlichen Erfolg hat sich der relativ neue Geldfluss wenig überraschend durchaus positiv ausgewirkt. In der Saison 2010/11 wurde Videoton Meister. Doch das scheint den Entscheidungsträgern noch zu wenig gewesen zu sein. Sie jedenfalls wechselten trotz gewonnener Meisterschaft den Trainer.

Nun ist mit Paulo Sousa ein Trainer am Ruder, der als Spieler einst zur «goldenen Generation» Portugals gehörte, der für Borussia Dortmund spielte und für Juventus Turin. Zu Ungarn habe er vor seinem Engagement gar keinen Bezug gehabt, gibt Sousa offen zu: «Aber für mich gibt es nicht grosse und kleine Clubs. Sondern nur gute oder schlechte Projekte. Und Videoton war das beste Projekt, das ich damals übernehmen konnte.»

Dem Fahrplan voraus

Es wurde ein strenger Fahrplan aufgestellt, in jenem Sommer 2011. Ungarische Spieler mussten den Club verlassen, dafür kamen viele Ausländer aus den unterschiedlichsten Nationen. Der Club erhoffte sich von einiges von den Kontakten im internationalen Fussball – und der Trainer scheint die Erwartungen erfüllt zu haben: Derzeit sind Spieler aus acht Nationen im Kader, 15 der Profis haben keinen ungarischen Pass.

«In drei Jahren sollte die Mannschaft die Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs erreichen», erklärt Sousa. Jetzt sind zwei Jahre vergangen – und Videoton spielt in der Europa League.

Dieser zu frühe Erfolg auf europäischer Ebene mag auch erklären, weswegen es derzeit in der heimischen Liga gar nicht gut läuft. Bloss Rang sieben belegt Videoton derzeit – nach einem zweiten Platz in der vergangenen Saison. Aber das ist nichts, was Sousa übermässig belasten würde: «Wir werden im Dezember zusammensitzen und alles in Ruhe analysieren.»

Paulo Sousas Träume

Zunächst einmal will der Portugiese, der sich in Szekesfehervar mit Händen und Füssen verständigt («Körpersprache versteht man überall auf der Welt»), mit seiner Mannschaft europäisch überwintern. Dazu wäre ein Sieg gegen den FC Basel ganz hilfreich.

«Wir müssen träumen», sagt der sonst so analytisch wirkende Paulo Sousa leicht pathetisch, «denn wir haben die Chance, etwas Grosses für Ungarns Fussball, für den Club und für uns zu machen.»

Die Lage in der Gruppe des FC Basel in der Europa League

R Mannschaft Sp S U N G : E P
1. Genk 2 1 1 0 5 : 2 4
2. Videoton Szekesfehervar 2 1 0 1 3 : 3 3

3. Basel 2 0 2 0 2 : 2 2
4. Sporting Lissabon 2 0 1 1 0 : 3 1

Zu den Ergebnissen und zum Spielplan

Nächster Artikel