Die Preise für Sportmanship, Beliebtheit bei den Fans und für sein gemeinnütziges Engagement hat Roger Federer schon erhalten – jetzt beginnt gegen Novak Djokovic auf dem Court die letzte Bewährungsprobe eines komplizierten Jahres.
Auf dem offiziellen Plakat-Motiv der Spielerorganisation ATP ist der kleine, feine Unterschied dann doch offensichtlich: Entschlossen blicken die acht Saisonbesten den Betrachter an, zu allem Möglichen und Unmöglichen bereit bei den WM-Tagen von London. Doch der Mann, der jahrelang auch den abschliessenden Saisonhöhepunkt prägte und ihm den Stempelaufdruck «RF» aufdrückte, befindet sich auf dem animierten Gruppenfoto nicht mehr im symbolischen Zentrum, sondern ganz links aussen in Randlage.
Gruppe A
Berdych–Wawrinka 3:6, 7:6(0), 3:6
Nadal–Ferrer 6:3, 6:2
Gruppe B
Del Potro–Gasquet 6:7(4), 6:3, 7:5
Djokovic–Federer (Di, 21.00)
Es wirkt so, wie es war: Roger Federer ist ja fast buchstäblich gerade noch aufs Bild draufgekommen, endgültig hat sich der einst souveräne Nummer-1-Spieler erst beim letztmöglichen Termin in Paris für das Londoner Stelldichein der Elite qualifiziert. «Es war ein ganz schwerer Weg, eine schwere Saison», sagt Federer, «aber ich habe noch die Kurve gekriegt, fühle mich jetzt wieder viel besser auf dem Platz. Das Selbstbewusstsein ist wieder da.»
Wenn Federer auf einen gnädigen Wink des Auslosungs-Schicksals oder eine günstige Startansetzung gehofft hatte, wurde er ziemlich enttäuscht – oder etwa doch nicht? Vielleicht wäre dem 32-jährigen WM-Senior ein leichterer Gegner als gleich heute (21.00 Uhr, SRF info live) wieder der Paris-Sieger Novak Djokovic gelegener gekommen, vielleicht ist es aber auch ganz gut, den auf dem Papier schwersten Gruppengegner sofort serviert zu bekommen in der 02-Arena. Alle Sinne sind da in höchster Sensibilität und Wachsamkeit gefordert.
Federer fehlen «nur einige Nuancen»
«Leichte Spiele gibt es hier sowieso nicht mehr», sagt Federer, der bis zum nächsten Wochenende noch einmal das Maximum aus Geist und Körper herauspressen will, in einer finalen Kraftanstrengung, die ihm auch schon den Transit in die Saison 2014 erleichtern soll: «Man setzt hier auch schon eine Marke für das kommende Jahr.»
Nur «um einige Nuancen» fühlte Federer sich am Freitag im Pariser Viertelfinale schliesslich schlechter als Djokovic, viel hätte nicht gefehlt und der Baselbieter hätte dem ersten Sieg in diesem Jahr gegen einen Top-Ten-Mann, nämlich Juan Martin del Potro, gleich noch einen weiteren, noch wertvolleren Triumph folgen lassen.
Federer hat den Tag und das Match aber als Fort-, nicht Rückschritt verbuchen dürfen, vor allem, weil altes Selbstbewusstsein und frühere Erfolgsmechanismen sich wieder verbündeten – nicht nur er selbst erkannte sich da zeitweise wieder in gewohnter Stärke und Autorität auf dem Court wieder. «Ich habe mir gezeigt, dass ich wieder ganz, ganz vorne dabei bin. Dass ich den Kampfgeist und die Schläge habe, um wichtige Spiele zu gewinnen», sagt Federer.
Ein Strauss von Ehrungen nach kompliziertem Jahr
Und in diesem Gefühl falle es auch leichter, so Federer, «noch einmal die Strapazen am Ende der Serie wegzustecken, diese anstrengenden WM-Tage auch, in denen du nur gegen die Allerbesten antrittst.» Gewürdigt haben sie ohnehin schon mal in London, bei der Verteilung der Ehrenpokale für das komplizierte Jahr 2013: Federer bekam den Stefan Edberg Sportsmanship Award, den Fanpreis der ATP und den nach Arthur Ashe benannten «Humanitarian Award of the Year», in Anerkennung seiner Stiftungsarbeit.
Eine schöne Sammlung, die nach Federers Vorstellung noch grösser werden sollte – mit dem WM-Pokal, der am nächsten Montagabend nach dem Finale vergeben wird.