In Fulham gelegen, stossen an der Stamford Bridge sehr unterschiedliche Viertel der britischen Metropole aufeinander. Ein kleiner Stadtrundgang mit unserem London-Korrespondenten um das Stadion der Chelsea FC, wo der FC Basel am Donnerstag zum Europacup-Rückspiel antritt.
Fulham-Fans ziehen die Rivalen vom Chelsea FC seit Jahrzehnten damit auf, dass das Stadion der Blauen offiziell im Stadtteil Fulham angesiedelt ist. Aber das sind auch schon die einzigen «bragging rights» – frei übersetzt: Gründe zum Angeben, mit denen die Anhänger der Cottagers punkten können.
Chelsea war nach der Gründung durch Londoner Geschäftsmänner im Jahr 1904 sofort der grössere Club, da die Eigentümer auf dem Grund des London Athletics Club praktischerweise gleich ein neues Stadion für 100’000 Zuschauer bauen liessen. Architekt der Arena war Archibald Leitch, der auch für die Stadien von Celtic und den Rangers in Glasgow verantwortlich zeichnete.
Ursprünglich hatte die Investorengruppe um August «Gus» Mears Fulham das neue Stadion angeboten, doch der 1897 von frommen Christen gegründete Verein lehnte mit Hinweis auf die Kosten ab. Von diesem Fehler haben sich die 2,6 Kilometer weiter westlich, direkt an der Themse angesiedelten Nachbarn nie mehr so richtig erholt.
Stamford Bridge – ein Knotenpunkt der Stadt
Stamford Bridge – früher führte hier eine kleine Brücke über einen Zufluss der Themse – ist von seiner Lage her das interessanteste Stadion in der britischen Hauptstadt, weil hier mehrere unterschiedliche Stadtteile zusammenstossen.
Im Westen ist es Fulham, traditionell ein Viertel der unteren Mittelschicht. Heute sind die gut erhaltenen viktorianischen Einfamilienhäuser sehr begehrt, ist die Gegend wegen ihrer vielen Grünanlagen beliebt. Die Durchschnittsimmobilie in der Postleitzahl SW6 kostet 911’000 Pfund, Häuser gibt es für 1,5 Millionen Pfund aufwärts.
Parallel zur Fulham Road verläuft im Süden die noch mondänere Kings Road. Wo heute teure Antiquitäten-Läden und internationale Modeketten beheimatet sind, wurde vor gut 40 Jahren der Punk erfunden: Vivienne Westwood und Malcolm hatten hier ihren «Sex» Laden, der zum inoffiziellen Hauptquartier der Szene wurde.
Popkultur und zynischer Ergebnisfussball
Peter Kenyon, der ehemalige Geschäftsführer des FC Chelsea, hatte 2005 die Idee, den Club als Teil der britischen Mode- und Popkultur zu positionieren – «wir haben immenses kulturelles Kapital», sagte er in einem Interview mit dem Magazin «GQ» – doch der zynische Ergebnisfussball von José Mourinho passte nicht so recht ins Bild.
Über die Kings Road hinweg wird es sehr industriell. Riesige Gas-Behälter bestimmen die Szenerie, unweit des Gaswerks wurde früher Kohle verschifft. In den 80er-Jahren bekam «Chelsea Harbour», der Hafen von Chelsea, aber einen neuen Anstrich, wurde er von Investoren zu einer noblen Wohn- und Bürogegend umgebaut.
Wer vor Heimspielen im Wyndham Grand Hotel Kaffee trinkt, wird die Chelsea-Spieler und Betreuer treffen, wie sie durch die Lobby spazieren – mit Ausblick auf eine Anlegestelle für Yachten und Schnellboote. Ein Hauch von Monte Carlo weht hier.
Über den Friedhof zum Stadion
Sogar noch teurer und eleganter wird es im Norden der Spielstätte. In Chelsea respektive South Kensington siedeln sich die Reichen und Schönen der Stadt an; die Russische Botschaft ist auch ganz in der Nähe. Prince Harry, der im Boulevard nicht ganz zu Unrecht unter dem Kampfnamen «Party Prince» firmiert, schlägt sich in den Diskos die Nächte um die Ohren. Zahlreichen Chelsea-Spielern gefällt es so gut, dass sie auch nach ihrer Karriere im Viertel bleiben – Gianluca Vialli bewohnt beispielsweise ein feines Reihenhaus.
Der schönste Weg zum Stadion führt allerdings von Earls Court, dem Konzert- und Messezentrum im Norden, durch einen Friedhof. Der Brompton Cemetery ist ein architektonisch eindrucksvolles Areal mit Katakomben und einer Kapelle aus der Zeit von Königin Viktoria.
Chelsea-Gründer Gus Mears liegt hier begraben. Zahlreiche Spielfilme, unter anderem der James Bond-Streifen Goldeneye wurden vor der eindrucksvollen Szenerie gedreht; im Russen-Mafia-Thriller «Eastern Promises» (2007) von David Cronenberg wird ein Fan des FC Arsenal ermordet.
Die Pensionäre – ein vergessener Spitzname
Gleich neben der Stamford Bridge wohnen übrigens die berühmten «Chelsea pensioners», frühere Mitglieder der britischen Armee. Bis in den 50er Jahren zierte einer dieser bärtigen Rentner sogar das Clubwappen des FC Chelsea. Der alte Spitzname des Teams – «the pensioners» – ist heute nahezu in Vergessenheit geraten.
Vielleicht wird er demnächst wieder entmottet – wenn die Haudegen John Terry, 32, und Frank Lampard, 34, noch ein paar Jahre dranhängen.
Im Vorfeld des Hinspiels vor einer Woche hat sich die TagesWoche ausführlich mit dem Chelsea FC auseinandergesetzt. Unser London-Korrespondent hat sich dem Phänomen von vielen Seiten her genähert, ohne das aktuelle Geschehen beim Premier-League-Club und Champions-League-Sieger von 2012 aus den Augen zu verlieren:
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Was es aus FCB-Sicht vor dem Spiel, zur 1:2-Niederlage und nach dem Spiel zu sagen und berichten gab, hat die TagesWoche-Redaktion aufgeschrieben:
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