So ungefähr kann sich Raphael Wicky noch an die Summe erinnern, die vor 20 Jahren für den Wechsel der Transferrechte an ihm bezahlt wurde. Um die 1,8 Millionen, D-Mark damals noch, flossen im Sommer 1997 von Werder Bremen nach Sion.
In Relation zu den ominösen 222 Millionen Euro, mit denen Neymar da Silva Santos Júnior aus seinem Vertrag in Barcelona freigekauft worden ist, erscheint das als läppischer Betrag aus der Portokasse.
Neymar – oder wenn der Fussball von den Geistern eingeholt wird, die er rief. Wir versuchen die drängensten Fragen zum gigantomanischen Transfer zu beantworten.
«Ich sage schon lange, dass der Markt nicht mehr realistisch ist», meint Raphael Wicky heute als Trainer des FC Basel. Das Geld aus England und China habe den Spielermarkt stark beeinflusst, vor ein paar Jahren noch hätten die besseren Spieler für zehn oder 15 Millionen gewechselt, jetzt koste jeder acht bis zehn Millionen. «Diese Summen haben für mich keine Bedeutung mehr.»
Damit ist Wicky ungefähr auf einer Wellenlänge mit seinem Kollegen Christian Streich vom SC Freiburg, der sagt: «Es ist mir völlig egal und löst bei mir nichts mehr aus.» Das ganze Statement:
Für den FCB «wird es nicht einfacher»
Die Konsequenzen, die sich aus dem mehr und mehr ausufernden Transfermarkt ergeben, sind für Wicky keine schönen: «Für einen Verein wie den FC Basel wird es extrem schwierig mitzuhalten.» Die Transferbeträge galoppieren davon, «aber wir können nicht mehr ausgeben.» Schon nur einen durchschnittlichen Stürmer aus der Bundesliga zu verpflichten, koste vier bis zehn Millionen Euro.
Und weil die Preise längst verdorben sind, sieht Wicky auch Auswirkungen auf das Scouting des FC Basel: «Das wird sicher nicht einfacher. Am Ende kann man sich nur noch alte oder ganze junge Spieler leisten.»
«Ich glaube nicht, dass die Leute deshalb nicht mehr ins Stadion gehen.»
An die abschreckende Wirkung eines gigantomanischen Geschäfts wie jenes mit Neymar glaubt Wicky nicht: «Die Fans von PSG werden glücklich sein. Sie bekommen künftig einen grossartigen Fussballer, ein Idol zu sehen. Ob die Summe nachvollziehbar für sie ist, weiss ich nicht. Aber ich glaube nicht, dass die Leute deshalb nicht mehr ins Stadion gehen.»
Auf dem Weg nach Hamburg auf Geld verzichtet
An seine eigene, weitere Transfergeschichte hat Wicky keine konkreten Erinnerungen mehr. Nur so viel: Beim Wechsel von Bremen zu Atlético Madrid und ein Jahr danach zurück in die Bundesliga zum Hamburger SV sei es unter dem Regime des berühmt-berüchtigten Unternehmers und Atlético-Patrons Jesús Gil y Gil kaum durchschaubar zu und her gegangen.
Auf dem Weg zum HSV, sagt Wicky, habe er auf einiges an Geld verzichtet, um den Wechsel möglich zu machen. Und bei den letzten Clubwechseln – 2007 zu seinem Stammverein FC Sion und 2008 für ein paar Monate in die USA – floss dann überhaupt kein Transferbetrag mehr.
«Das alles ist keine positive Entwicklung», sagt Wicky zum überhitzten Spielermarkt, «es wird sich aber wohl nicht bremsen lassen.»