Vor allem die langen Bälle der Berner machen dem FC Basel bei der 3:4-Niederlage im Stade de Suisse zu schaffen. Zudem verliert der FCB zu viele entscheidende Zweikämpfe und die Innenverteidigung verlässt sich zu stark auf Torhüter Tomas Vaclik – die vier Gegentore in kommentierten Bildern.
Sieben Mal hat ein gegnerischer Spieler in den ersten acht Runden der Super League gegen den FC Basel ein Tor erzielt. Die Young Boys haben das am Mittwoch in einem Spiel vier Mal geschafft. Der FCB hat nach der ersten Saisonniederlage nicht mehr die beste Abwehr der Liga, die St. Galler führen diese Statistik an (9 Gegentore).
Die TV-Bilder des Schweizer Fernsehens zeigen, mit welchen Situationen die Basler gegen YB Mühe hatten. Zusammengefasst waren es die langen Bälle, entweder bei Seitenwechseln oder bei Pässen in die Spitze.
1:0 durch Miralem Sulajmani
Vor dem ersten Gegentor bekommt der FCB einen Freistoss zugesprochen. Matias Delgado tritt ihn, mit ihm stehen acht Basler gegen neun Berner in der Nähe des YB-Tores. Entsprechend hat der FCB auf seiner eigenen Seite eine Überzahl geschaffen, mit dem Ziel, Konter unterbinden zu können.
Der Moment, als Alain Rochat den Ball tief in die Hälfte der Basler spielt. (Bild: Screenshot SRF)
Das Umschalten der Berner ist in dieser Situation genug schnell, um innert Sekundenbruchteilen mit einem einzigen langen Ball die Überzahl zu schaffen: Die verteidigenden Berner lösen sich und verwandeln ihre Unterzahl in der Basler Hälfte in eine Überzahl mit drei Spielern, die gegen Taulant Xhaka und Naser Aliji zulaufen.
Die Berner stehen in dieser Szene mit drei Mann gegen zwei Basler, Sekundenbruchteile zuvor waren sie in dieser Zone noch in Unterzahl. (Bild: Screenshot SRF)
Xhaka verliert das Duell gegen Sulejmani, der sich mit seiner feinen Technik gegen den defensiven Mittelfeldspieler durchsetzt und zur Mitte flankt. In der Mitte kommt der inzwischen zurückgeeilte Marek Suchy an den Ball und spielt ihn zurück in die Füsse des Torschützen.
Die ganze Szene läuft in hohem Tempo ab, es ist deswegen unwahrscheinlich, dass sich Suchy bewusst ist, dass er den Ball durchlassen könnte. Hinter ihm steht kein Berner, die Situation wäre wohl gelöst, da zudem sein direkter Gegenspieler ausrutscht und keine Gefahr mehr ist. Auf dem Bild sieht man den Moment von Sulejmanis Flanke.
Sulejmani flankt, Suchy kommt angerannt und spielt zum Torschützen zurück. Hinter Suchy wäre ein freier Raum, lässt er den Ball durch, ist die Situation wohl geklärt. (Bild: Screenshot SRF)
Nach Suchys gescheiterter Klärung kommt Sulejmani wieder an den Ball und schiesst ihn samt Torhüter Vaclik über die Linie.
2:1 durch Sulejmani
Das zweite Tor der Berner ist wiederum ein langer vertikaler Pass. Da der Ball hoch gespielt wird, haben die Basler genügend Zeit, die Zuteilung abzustimmen. Trotzdem hat Torschütze Sulejmani viel Platz, um nach der Annahme des Balles damit loszuziehen und mit dem Weitschuss das 2:1 zu erzielen.
Die graue Fläche ist der freie Raum, in dem der Torschütze seinen Laufweg nach der Ballannahme ohne Behinderung gehen kann. (Bild: Screenshot SRF)
Hoegh (Nummer 26) löst sich vor dem Schuss Sulejmanis von Alexander Gerndt (9), dem er zugeteilt ist. Der Wechsel auf den Torschützen kommt zu spät, der Däne grätscht am Schuss vorbei.
3:1 durch Gerndt
Der dritte Treffer ist der einzige, der nicht aus einem vertikalen Ball entsteht. Am Ursprung steht der Ballverlust Breel Embolos im Mittelfeld. Weil Michael Lang auf seiner Seite weit aufgerückt ist, muss Embolo dem ballgewinnenden Spieler nachgehen, kann ihn schliesslich aber nicht daran hindern, den entscheidenden Seitenwechsel zu spielen.
Der Moment, in dem Breel Embolo den Ball verliert. Michael Lang, der hinter ihm platziert ist, ist in der Vorwärtsbewegung und hinterlässt auf der rechten Abwehrseite viel freien Raum. Aus diesem Raum schlägt Lecjaks schliesslich den entscheidenden Diagonalball. (Bild: Screenshot SRF)
Nach dem Diagonalball auf Steffen stimmt in der Mitte die Zuteilung. Hoegh bewacht Kubo, Suchy den Torschützen Gerndt. In dieser Situation passieren zwei Fehler: Erstens verliert Aliji das Duell mit Steffen. Und zweitens geht Suchy die Bewegung Gerndts nicht konsequent mit. Der Torschütze, der schliesslich auch etwas glückhaft mit dem Rücken zum Tor trifft, verschafft sich so möglicherweise den entscheidenden Vorteil.
Die Raumaufteilung kurz vor Steffens Hereingabe. (Bild: Screenshot SRF)
4:2 durch Gerndt
Dem letzten Gegentor geht wieder ein langer Pass voran. Milan Vilotic gibt dem Ball viel Höhe und Weite mit, aus der Platzhälfte, in der YB mit acht gegen sechs Mann in Überzahl ist. Entsprechend steht der FCB mit vier Verteidigern gegen zwei Angreifer, der Ball fliegt also in eine Zone, in der der FCB eine Überzahl hat.
Der Moment, in dem Vilotic den weiten Ball schlägt. Der FCB ist mit sechs gegen acht in Unterzahl in der Berner Hälfte und entsprechend in einer Überzahl in der eigenen. (Bild: Screenshot SRF)
Kein Problem ist, dass die Basler Verteidiger den Ball Vilotics als sichere Beute für Torhüter Vaclik einschätzen. Das Problem ist, dass sie einen eventuellen Fehler des eigenen Torhüters nicht berücksichtigen. Hoegh und Suchy vertrauen in dieser Situation ihrem Schlussmann vorbehaltlos – und brechen ihre Laufwege ab.
Der Moment, in dem Hoegh und Suchy abbrechen. Man sieht das an der Körperhaltung: Gerndts Oberkörper geht nach vorne, er setzt zum Sprint an, die Basler Verteidiger gehen aufrecht und langsam.
Vaclik kommt aus seinem Tor und muss den Ball unter Kontrolle bringen. Doch der Torhüter begeht den Fehler und lässt Gerndt zum Kopfball kommen. Weil Suchy und Hoegh nicht mehr zur Stelle sind, können sie den Kopfball nun auch nicht mehr vor der Linie klären. Hätten sie in dieser Situation weniger Vertrauen in ihren Torhüter und einen Goaliefehler als mögliches Szenario eingeschätzt, dann wäre der Treffer zu verhindern gewesen.
Die Leistung abgesehen von diesen Fehlern
«Ich kann kein Gegentor nennen, bei dem nicht ein Spielern von uns einen Fehler gemacht hätte», sagt Urs Fischer im Interview. Abgesehen von den Fehlern, von denen der FCB viel zu viele gemacht habe, wie Fischer sagt, war die Leistung gegen die Berner durchaus auch eine ansehnliche.
Der FCB hatte mehr Ballbesitz (53 Prozent), mehr Schüsse (15 zu 13, wenngleich mit 8 zu 9 weniger auf das Tor) und er kam zu mehr Eckbällen (7 zu 2).
Die Zahlen zur 3:4-Niederlage des FC Basel gegen die Young Boys in der 9. Runde des Super League 2015/16. (Bild: Screenshot sfl.ch)