Tina Maze gewinnt den Super G zum WM-Auftakt in Schladming, Lara Gut holt für die Schweiz eine Silbermedaille, und die schwer gestürzte Lindsey Vonn ist das prominenteste Opfer eines Rennens, das wegen Nebels erst mit dreieinhalb Stunden Verspätung gestartet werden konnte – und nach 36 von 59 vorgesehenen Starterinnen abgebrochen, aber gewertet wurde.
Die Ski-Nation atmet auf: In einem Winter, der bisher nicht viele schöne Momente parat hatte und wenn, diese dann den Frauen vorbehalten waren, lanciert Lara Gut die 42. alpinen Ski-Weltmeisterschaften in Österreich mit einer Medaille. 38 Hunderstel Sekunden hinter Saison-Dominatorin Tina Maze und 14 Hundertstel vor der US-Amerikanerin Julia Mancuso wurde Gut in Schladming Zweite.
Es ist nach Silber für Heidi Zurbriggen 1996 in der Sierra Nevada wieder die erste WM-Medaille in der erst seit 1987 (Siegerin: Maria Walliser) ausgefahrenen Disziplin. Für die 21-jährige Lara Gut bedeutet die Fahrt auf Platz 2 nach Silber in Kombination und Abfahrt der WM 2009 in Val d‘Isère die dritte Medaille bei einer Grossveranstaltung.
Die hartnäckige Nebelwand
Nebel in Teilabschnitten auf der Planai, dem WM-Berg in Schladming, machte den Super G zur Gedulds- und Nervenprobe. FIS-Renndirektor Atle Skårdal erhielt über drei Stunden lang die selben Auskünfte seiner Jurykollegen an der Strecke: «Nicht fahrbar» oder «Bei mir geht nix», bekam er über Funk zu hören. Als der Norweger nach 13, zum Teil viertelstündlichen Verschiebungen, 14.30 Uhr als letztmögliche Startzeit bestimmt hatte, waren viele der mehr als 10‘000 Zuschauer schon gar nicht mehr im Zielbereich des WM-Stadions.
Schon 1982, bei der ersten WM in Schladming, hatte das Wetter den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung gemachtz. 2001, bei der letzten WM in Österreich, bereiteten in St. Anton riesige Neuschneemengen zu WM-Beginn Probleme.
Lindsey Vonn schwer gestürzt
Es wurde – von der Wartezeit ganz abgesehen – ein chaotisches Rennen, zumal nach Dominique Gisin (Endrang 10) für längere Zeit unterbrochen werden musste. Ein Pistenarbeiter war auf der Strecke gestürzt und zog sich so schwere Verletzungen zu, dass er mit dem Helikopter geborgen werden musste. Schon zu dieser Zeit – gegen 15.00 Uhr und angesichts der Witterung fragwürdigen Bedingungen – hätte eine Absage des Rennens zwar nicht zum Ruhmesblatt der WM gereicht, wäre aber wahrscheinlich eine vernünftige Entscheidung gewesen.
Wolfgang Maier, der Alpindirektor des Deutschen Slkiverbandes DSV, hatte sich schon vor der ersten Läuferin unglücklich geäussert: «Wenn man nicht garantieren kann, dass es für alle gleich ist, soll man es bleiben lassen.» Aber das Rennen sollte offenbar unter allen Umständen duchgezogen werden.
Nachdem Tina Maze Bestzeit gefahren war und Lara Gut an der Spitze abgelöst hatte, wurde Lindsey Vonn das prominente Opfer dieses nebulösen Rennens. Die US-Amerikanerin, vierfache Gesamtweltcupsiegerin, im Super G immer zu den Favoritinnen gehörend und gerade gestärkt aus einer Wettkampfpause zurückgekehrt, verkantete nach einem kurzen Sprung mit dem Aussenski, verdrehte sich das rechte Bein und stürzte durch das nächste Tor. Ihr Schmerzensschreie fuhren via Fernsehübertragung durch Mark und Bein, die sich ihrer Ski entledigende Maze riss im Zielraum angesichts der Bilder auf der Leinwand entsetzt den Mund auf.
22 Fahrerinnen schauen in die Röhre
Nach dem Abtransport per Rettungshubschrauber lauteten die ersten Diagnosen: Bruch des Schienbeinkopfes und komplexe Knieverletzungen. Für die 28-jährige ist die WM und auch die restliche Saison selbstredend vorbei. Ihr galt das Mitgefühl der Konkurrentinnen, gerade auch Maria Höfl-Riesch, die ebenso wie die grosse österreichische Medaillenhoffnung Anna Fenninger nach einem Fahrfehler ausschied. «Ich bin jetzt erst einmal froh, an einem so verrückten Tag heil unten zu sein», sagte die 28-jährige Deutsche.
Das Rennen wurde bis zur Startnummer 37 fortgesetzt – zu einer Zeit, wo man sich an einem unwirtlichen Skitag in den Bergen zum Après-Ski ins Tal zurückzieht. Als es duster wurde, der Nebel immer dichter und der Nieselregen im unteren Abschnitt immer anhaltender wurde, wurde das Rennen um 16.05 Uhr abgebrochen. Weil die stärkste Fahrerinnen-Gruppe bereits durch war, erklärte Renndirektor Skardal die Wertung für offiziell. 22 hoffnungsfrohe WM-Teilnehmerinnen schaute in die Röhre – oder, dem unselig verlaufenen ersten WM-Tag angemessen: in den Nebel.
Die Ergebnisliste für den Super G der Frauen
Für Mittwoch ist der Super G der Männer sowie das erste Abfahrtstraining der Frauen für das Rennen am Sonntag vorgesehen. Für die Nacht werden in der Steiermark 20 Zentimeter Neuschnee erwartet.