Er ist in Japan eine Legende. In Riehen geniesst Yoshiharu Habu die westliche Variante von Shogi beim Basler Schachfestival. Und was ist schwieriger? Ein Porträt mit Antwort.
«Ich habe etwas gelernt. Das war eine gute Erfahrung und ein Höhepunkt», sagt Yoshiharu Habu mit leiser Stimme. Den freundlichen Japaner genoss seine Partie gegen Arkadij Naiditsch, den Weltklasse-Grossmeister und Topfavoriten beim Basler Schachfestival. «Zwischenzeitlich hoffte ich auf ein Remis, aber am Schluss liess mir Naiditsch keine Chance mehr», analysiert Habu sein Duell in Runde zwei am Spitzenbrett.
Der bescheidene Japaner kam eigens nach Zürich zum Weihnachts-Open, wo er den geteilten siebten Platz mit 5:2 Punkten belegte, und zog hernach an Silvester weiter nach Riehen. Im «Landgasthof» ist der 45-Jährige als Nummer eins seines Landes an Position 14 gesetzt und liegt mit 2:2 Zählern im vorderen Mittelfeld der 56 Teilnehmer.
Die Fans tummeln sich oben auf der Bühne und verfolgen dort die Partien der Grossmeister des westlichen Schachs. Dass unten die Legende der japanischen Schach-Variante sitzt, weiss kaum einer. Yoshiharu Habu ist der Michael Jordan des Shogi – und wie der amerikanische Basketball-Superstar beim Baseball geniesst der freundliche Mann mit Brille die Ausflüge in eine andere Sportwelt.
Die Gefahr, dass er beide Spiele bei seinen Einsätzen verwechselt und ihn ablenken, sieht der Familienvater nicht. «Ich darf nur nicht an einem Tag beides spielen», stellte er fest. Ja, westliches Schach trug womöglich dazu bei, dass sich Habu seit drei Jahrzehnten im Kreis der 160 Profis halten kann und nie vom Abstieg bedroht war. Der Verband schickt altgediente Dan-Würdenträger nämlich in Zwangsrente, wenn die Erfolge nachlassen und jüngere Talente nachdrängen und einen der raren Plätze begehren.
Die beiden Schach-Arten scheinen sein Spiel eher gegenseitig zu befruchten. «Durch das westliche Schach lernte ich, auch mal Abwartezüge zu machen.» Während man beim Shogi zunehmend mehr «draufgeht» und das Duell am Schluss an Fahrt gewinnt, weil es nur noch ums Mattsetzen geht, ist es auch beim Turnier in Basel oft vernünftig, einen ruhigen Zug zu machen, um zu sehen, was der Gegner plant. «Bevor ich Schach lernte, dachte ich, beide Spiele seien sehr ähnlich.» Im Shogi sei der Läufer ausserdem viel stärker als der Springer, vergleicht Habu die fast gleichwertigen Schachfiguren.
Der Computer beherrscht es aber noch lange nicht so wie die abendländische Variante, in der Menschen keine Chance mehr haben. «Mit einer guten Anti-Computer-Taktik kann man sie im Shogi immer noch schlagen. Bei Mattproblemen, sogenannten Tsume Shogi, sind die Rechner aber mittlerweile stärker. Vor fünf Jahren bezwang ein Programm erstmals einen Profi. Derzeit holen sie so um die 50 Prozent der Punkte», berichtet Habu, dass die Elektronenhirne weniger dominieren, auch wenn es mittlerweile umfangreiche Eröffnungs-Datenbanken beim japanischen Spiel gibt. Habu sieht dieses im Übrigen weniger als Denksport, sondern Shogi eher als einen Teil der Kultur seines Landes. Welches Spiel «komplexer» sei, vermag er nicht einzuschätzen.
An sein Karriereende hat die Legende schon gedacht, bevor er endgültig zum Shogi-«Dino» mutiert. Vielleicht nach seinem 100. Turniersieg als weiteren Meilenstein?
Habu lächelt wieder sibyllinisch und gibt zu: «Es ist schwierig, so lange immer die Anspannung zu halten. Ich plane nur noch immer ein, zwei Jahre voraus. Also mal sehen, wie lange ich noch die Kraft aufbringe.»