Nach seinem Sieg in Dubai ist mit Roger Federer wieder zu rechnen. Jetzt will Federer den Schwung mitnehmen. Er will die schattigen Tage der Saison 2013 endgültig hinter sich lassen und neue Titel holen.
Im mondänen Luftfahrtklub von Dubai stellte sich der Maestro auch anderthalb Stunden nach seinem 78. Turniersieg noch gutgelaunt zum Gruppenfoto auf – mal mit VIP-Gästen und Sponsorenvertretern, mal mit dem Transportteam der Duty Free Championships, mal mit den Bodyguards, die beim Millionenspiel am Arabischen Golf für seine Sicherheit und Unversehrtheit gesorgt hatten.
Mit der Siegernacht im «Übermorgenland», in der schillernden Metropole, die seine zweite Heimat geworden ist, schüttelte der vergnügte Roger Federer einen monatelangen Fluch der knapp verpassten Triumphe und Trophäen ab und machte seinen Kollegen in der Weltspitze deutlich, dass in dieser Saison 2014 wieder voll und ganz mit ihm zu rechnen sein wird, mit ihm, einem Mann, der auch in seinem 33. Lebensjahr einmal mehr zu Unrecht abgeschrieben und für erledigt erklärt worden war.
Ein Sieg für das Standing
«Das war ein Sieg für die Moral, für das Selbstbewusstsein, aber auch für das Standing, das man in dieser Topgruppe von Spielern hat», sagte Federer nach seinem 3:6, 6:4, 6:3-Erfolg über den Tschechen Tomas Berdych, dem ersten Turniergewinn seit den Gerry Weber Open 2013.
Federer, das war die Botschaft dieses ersten März-Wochenendes, ist wieder da, zurück in seinem exklusiven Revier – mit erstklassigem Tennis, mit der Qualität, bei den Big Points sein bestes Tennis zu spielen. Und mit dem alten Sieger-Gen.
«Ich bin jemand, der Titel holen will. Darum geht es im Tennis. Gut zu spielen, aber zu verlieren, ist schrecklich frustrierend», so Federer. Mit dem Pokalcoup, seinem bereits sechsten in der schillerndsten Megacity der Arabischen Emirate, veredelte er auch den süssen Halbfinalsieg über den Serben Novak Djokovic, der ihm Freitagnacht gelungen war.
Geknickter Djokovic
Statt eines zweifelnden. rätselnden, grübelnden Federers erlebten Dubai und die Tennisbranche nun einen Djokovic, der mit seinem neuen Cheftrainer Boris Becker noch nicht restlos auf Augenhöhe mit den stärksten Spielern im Hier und Jetzt war.
Geknickt gab Djokovic zu Protokoll, dass er dem Spitzenfeld hinterherlaufe – wegen nicht ausreichender Matchpraxis und Problemen, «die Matches konstant auf höchstem Niveau durchzuspielen»: «Ich brauche noch Zeit, um da wieder Anschluss zu finden.»
Mit Leichenbittermiene hatte Becker den Knockout seines Schützlings aus der Ehrenloge verfolgt – als Federer schliesslich den Prestigeerfolg durch einen fulminanten Schlussspurt sichergestellt hatte, schleppte sich der dreimalige deutsche Wimbledonsieger mit schweren Schritten aus der Zeltarena. «Kompliment an Roger. Wir haben gesehen, woran wir noch arbeiten müssen», befand Becker.
Federers Kampfansage an die Rivalen
Fakt war jedenfalls, ganz nüchtern, wertfrei: Die Ergebniskrise, die Federer über so viele Wochen und Monate der letzten Saison in Kalamitäten und schliesslich auch eine veritable Krise gestürzt hatte, drohte nun auf Djokovic überzugreifen – immerhin hatte der 26-Jährige bei seinen beiden bisherigen Saisonauftritten zwei Titel verspielt, nicht verteidigt jedenfalls, erst den bei den Australian Open in Melbourne, nun den in Dubai.
Federer, auf der anderen Seite, liess mit dem Triumph in einer lauen Frühlingsnacht in Dubai endgültig die schattigen Tage der Saison 2013 hinter sich und schickte gleichzeitig – ganz unaufgeregt, ganz entspannt – eine Kampfansage an die anderen Branchengrössen heraus.
«Nachdem ich endlich diesen Bann gebrochen und wieder einen Titel geholt habe, wird mir jetzt vieles leichter fallen. Da ist schon ein grosser Druck weg», sagte der 32-Jährige nach dem Sieg, den er sich wie zuvor auch die Erfolge über Djokovic und den Tschechen Radek Stepanek hart erfochten hatte: Nach mehr oder weniger grossen Rückständen bog der unbeugsame Schweizer die Partien noch in der Pose des Comeback-Artkisten um, erinnerte dabei an seine besten Zeiten auch am Golf, als man ihn als «Wüsten-König» gefeiert hatte.
Es war zugleich eine Bestätigung eines starken Saisonstarts, bei dem er bereits das Finale in Brisbane und das Halbfinale bei den Australian Open erreicht hatte und zudem auch einen Punkt zum Erstrundensieg der Schweizer Davis-Cup-Auswahl in Serbien beitrug.
Schmerzfrei und in Form
Schmerzfrei zu spielen, sei für ihn eine «gewaltige Erleichterung», sagte Federer hinterher, «das sorgt dafür, dass man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann – und nicht tausend Gedanken hin und her wälzt. Ich fühle mich regelrecht befreit jetzt.»
Dass er auch nach seinem Pokalgewinn weiter auf Platz 8 der Weltrangliste verharrte, störte Federer nicht im Geringsten: «Da sollen sich andere mit beschäftigen. Für mich zählt nur eins: Meine Form ist da, mein richtig gutes Tennis.»
__
Und weil es seit dem letzten Mal so lang her ist, hier Federers Siegerinterview in Dubai: