Familienexterne Kinderbetreuung ist in Basel kompliziert. Das wissen die betroffenen Eltern, aber auch Politik und Verwaltung. Deshalb soll jetzt alles einfacher werden – und für die Eltern sogar günstiger, wie Thomas Mächler, Bereichsleiter von Jugend, Familie und Sport, an einer Medienkonferenz erläutert.
Grund dafür ist die Totalrevision des Tagesbetreuungsgesetzes, die das Erziehungsdepartement am Donnerstag vorstellte. Im Grundsatz geht es dabei in erster Linie darum, dass die teilsubventionierten Kindertagesstätten abgeschafft werden.
Keine Vermittlungsstelle mehr
Neu gibt es noch subventionierte Kitas, die künftig «Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen» heissen, und solche «ohne Betreuungsbeiträge.» Wenn eine Einrichtung in den Genuss von staatlicher Unterstützung kommt, muss sie auch gewisse Anforderungen erfüllen, beispielsweise bezüglich Unterrichtssprache, Ausbildungsplätzen oder diskriminierungsfreier Aufnahmen.
Weil es künftig nur noch zwei Modelle geben wird, braucht es die Rolle der Vermittlungsstelle nicht mehr. Heute müssen Eltern, die einen subventionierten Kita-Platz wollen, zwingend zur Vermittlungsstelle des Kantons. Dort können sie zwar eine Wunsch-Kita angeben. Wenn aber kein Platz frei ist, müssen sie zu einer anderen Kita, welche die Vermittlungsstelle bestimmt. Das ist zeitaufwendig und oftmals frustrierend.
In Zukunft fällt diese Zuteilung weg. Eltern können direkt mit den einzelnen Kitas über einen Platz verhandeln. «Dadurch wird alles einfacher», schwärmt Mächler. «Die Eltern können direkt mit den Kitas reden, die Betreuungstage verhandeln oder auch das Eintrittsdatum. Dann gibt es keine Extrarunden.»
Mit der Extrarunde verschwindet allerdings auch die gesetzlich festgelegte Frist für das Eintrittsdatum: Heute muss ein Kind spätestens drei Monate nach dem Wunschtermin einen Kitaplatz erhalten. «Wir sind davon überzeugt, dass es das nicht mehr braucht, weil das ganze System flexibler wird», sagt Regierungsrat Conradin Cramer. Der Markt werde es richten.
Zehn Prozent mehr Ausgaben
Dieser Markt erhält auch einige Schranken: Der Regierungsrat soll laut dem Ratschlag entscheiden, wie viel die Kitas mindestens und höchstens für eine Vollbetreuung von fünf Tagen in der Woche verlangen dürfen. Im Ratschlag ist dieser mit 2100 Franken als Minimum und 2500 Franken als Maximum angegeben. «Wir wollen die genaue Zahl nicht ins Gesetz schreiben, um flexibel zu bleiben», erklärt Cramer. So hätten die Grossräte aber eine Zahl, nach der sie sich richten könnten.
Gleichzeitig würde der Kanton aber auch mehr Geld aufwenden: Zusätzlich zu den rund 40 Millionen, die der Kanton heute für die familienergänzende Kinderbetreuung zahlt, kämen nochmals vier Millionen pro Jahr dazu. Die Hälfte davon ginge in den Systemwechsel, die andere käme den Eltern direkt zugute.
Das Erziehungsdepartement rechnet vor, dass die Betreuungsbeiträge an die Eltern je nach Einkommen und Vermögen steigen würden. Ausserdem rutschten Familien, die bisher knapp keine Subventionen erhalten haben, in den Kreis der finanziell Begünstigten.
260 Familien müssten mehr zahlen
Es gebe aber auch Familien, für welche die Neuerung eine Verschlechterung bedeuten würde: Denn es gibt heute Familien, die einen subventionierten Platz in einer Kita haben, obwohl sie eigentlich zu viel dafür verdienen. Käme dieser Maximalbetrag durch, wäre die Kita-Betreuung für diese Leute künftig teurer.
Das Erziehungsdepartement geht davon aus, dass 260 Familien davon betroffen wären. Allerdings sei diese Zahl eher pessimistisch geschätzt: «Dank der freien Wahlmöglichkeit ist es diesen Familien selbst überlassen, ob sie ihre Kinder in die teure Kita bringen oder nicht», findet der Erziehungsdirektor.
Für Conradin Cramer ist dennoch klar: «Es bleibt ein komplexes Thema.» Allein schon wegen der Tatsache, dass der Kanton nicht abschätzen könne, wie sich die Belegungszahlen in den Kitas künftig entwickeln. Zwischen 2005 und 2016 hat sich die Zahl der betreuten Kinder verdoppelt. Laut den neusten Zahlen besuchen 44 Prozent der Basler Kinder im Vorschulalter eine Kita. «Wie sich die Zahlen entwickeln werden, können wir nicht prophezeien», meint Mächler.
Änderung kommt frühestens 2020
Sollte es allerdings eine Kitaplatz-Knappheit geben, kann der Kanton neu in die Bresche springen und selbst Tagesbetreuungen anbieten. «Das ist aber eher eine ‹ultima ratio› als der Normalfall», betont Cramer. Weil der Kanton aber einen Verfassungsauftrag hat, jedem Kind einen Kitaplatz zur Verfügung stellen zu müssen, mache es Sinn, wenn er auch selbst als Akteur auftreten kann.
Der Ratschlag geht jetzt in den Grossen Rat, dieser wird sich wohl ab Herbst damit beschäftigen. Bis der Systemwechsel umgesetzt ist, wird es aber mindestens 2020. «Die Kitas brauchen ein Jahr für den Systemwechsel», so Mächler. Und es gebe ja immer noch die Möglichkeit, dass eine Partei dagegen das Referendum ergreift.