Zuerst die Boulevard-Schlagzeile: Er kam nicht. Gemeint ist der Baselbieter Tennisstar Roger Federer, der von der Medizinischen Fakultät mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde. Federer entschuldigte sich per Videobotschaft: Er müsse spielen. Was böse Zungen zur Frage verleitete: «Mit seinen Kindern?»
Dafür ist sie gekommen: die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin Monica Gschwind. Obwohl sie stimmlich (hörbar) nicht in Hochform sei, wandte sie sich mit einer langen Rede an die hohen Gäste aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Eine Rede, die mit deutlichen Seitenhieben an ihren baselstädtischen Ex-Kollegen Christoph Eymann durchzogen war, der im vergangenen Jahr auf Lateinisch die wissenschaftliche Exzellenz der Alma Mater herausgestrichen hatte.
Wissenschaftliche Exzellenz ist Gschwinds Sache nicht, das Wort «Schlauheit» scheint ihr näher zu liegen. Sie sieht sich in erster Linie als Treuhänderin der Interessen der Bevölkerung in ihrem Kanton. Bildung beschränke sich nicht nur auf den tertiären Sektor, sondern beinhalte auch Primarschule, Fachhochschule und den dualen Bildungsweg, betonte sie – am Dies academicus der Universität. Und: «Im Baselbiet arbeiten wir auch bei der Bildung nach dem Prinzip Sähen und Ernten.» Wenn ein Jahr mal nicht so gut sei, müsse man halt sparen.
Gschwind bemühte sich um einen selbstbewussten Auftritt als Vertreterin des Trägerkantons Baselland, der die Universität im Moment an vielen Ecken und Enden in Frage stellt. Das sagte sie so zwar nicht, aber sie deutete mit den Forderungen darauf hin, die Uni müsse effizienter und effektiver werden und die akademische Lehre und Forschung dürften kein Selbstzweck sein. Und auf ihren Feldvergleich zurückkommend sagte sie: Es könne nicht angehen, karge Böden zu bestellen.
Im Foyer des Theater Basel erntete Gschwind mit ihrer Rede höflichen Applaus. Das war am Nachmittag nach den offiziellen Feierlichkeiten in der Martinskirche. Vor diesen Feierlichkeiten wären diese Aussagen weit weniger zurückhaltend aufgenommen worden. Rund 350 Studierende und Schüler hatten sich pünktlich zum Aufmarsch der mit ihren Talaren aufgeputzten Professoren und Honoratoren zum Protest-Trauerzug gegen Sparmassnahmen bei der Uni und gegen höhere Studiengebühren formiert. Es war ein gesitteter und leiser Zug, der sich sogar in den offiziellen Aufmarsch einreihen durfte.
Zum offiziellen Teil: Rektorin Andrea Schenker-Wicki führte mit sichtlich guter Laune durch den Anlass. In ihrer offiziellen Rede schlug sie aber ernsthafte Töne an. Megatrends wie Globalisierung, die demografische Entwicklung (sprich: Überalterung), die zunehmende Bedeutung der Wissenschaftsgesellschaft und die Digitalisierung seien nicht nur grosse Herausforderungen für die Gesellschaft, sondern auch für die Forschungs-Universität. «Diese Herausforderungen machen mir Sorgen oder stimmen mich zumindest nachdenklich», sagte sie.
Gleichzeitig wies Schenker-Wicki darauf hin, dass die Universität in Zeiten rasanter Innovationen als Motor der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung immer wichtiger werde.
Ehrendoktoren
Wie immer am Dies academicus wurden auch Ehrendoktorwürden vergeben. Zum Beispiel eben an Roger Federer, der von der Medizinischen Fakultät auserkoren worden war und den Promotionsschein von seiner Schwester abholen liess.
Ausserdem ehrten die Theologen den Schweizer Kinderliedermacher Andrew Bond, die Wirtschaftswissenschaftler Nationalbankdirektor Thomas Jordan und die Philosophisch-Historische Fakultät erklärte die Übersetzerin Irma Wehrli-Rudin zur Ehrendoktorin.