Als wir die Geschichte mit dem Historischen Museum besprechen, ahnen wir nicht, dass wir uns damit in die innersten Angelegenheiten von Baselland und Basel-Stadt einmischen. Eine nette Foto-Reportage über Staatsgeschenke denken wir und machen uns auf zum Depot auf dem Dreispitz.
Dort bunkert das Historische Museum Basel die Geschenke, die Staatsgäste dem Kanton Basel-Stadt überbringen: schmucke Vasen, eingravierte Teller, vergoldete Krummsäbel. Alles, was die Regierungsräte nicht persönlich annehmen dürfen, weil es zu wertvoll ist, lagert hier fein säuberlich aufgeräumt im Untergeschoss des Depots.
Der Termin verläuft problemlos. Der Fotograf lichtet die Objekte ab, die Anwesenden erzählen einigermassen süffige Anekdoten. Ein gelungener Beitrag, denken wir. Als wir zurück auf der Redaktion sind, erreicht uns eine merkwürdige E-Mail. Der Archivar schreibt uns, wir seien «aus Sicherheitsgründen» gehalten, die Adresse des Depots nicht im Text zu erwähnen.
Wovor wollen sich das Museum und der Kanton schützen?
Wir erzählen die Sache unserem Alleswisser und Berufsbasler Dominique Spirgi. Bei ihm läuten sofort die Alarmglocken: Das Depot befindet sich nämlich auf dem Dreispitz-Areal, also auf Baselbieter Boden. Damit sei alles klar, sagt Spirgi und beginnt aufgeregt zu erzählen:
Es war kurz nach der Kantonstrennung 1833. Die verfeindeten Parteien in Liestal und Basel einigten sich darauf, das Kantonsvermögen aufzuteilen. Der neue Kanton Baselland erhielt zwei Drittel vom Münsterschatz mit Prunkstücken wie dem vergoldeten Reliquiar der heiligen Ursula. Baselland brauchte aber Geld – und verscherbelte kurzerhand alles. Die heilige Ursula! Einfach nach Holland verkauft! Viele andere Objekte landeten irgendwann in Museen, London, St. Petersburg, New York, überall. Bis Basel-Stadt in den 1950er-Jahren begann, die Prunkstücke zurückzukaufen. Auch die heilige Ursula. Für 200’000 Franken! Andere Stücke bleiben trotz allen Bemühungen leider für immer verloren.
Das Münsterschatz-Debakel schmerzt ihn immer noch. Und jetzt schon wieder Gefahr! Die Lage ist ja heute sehr ähnlich: Das Baselbiet – kein Geld, aber jede Menge Streit mit der Stadt. Kein Wunder, dass der Kanton heute ein Geheimnis um den Ort seiner Staatschätze macht.
«Man stelle sich vor, die Baselbieter würden Grenzkontrollen am Dreispitz einführen!» Spirgi spricht sich jetzt in Rage. «Sei es, um mit Einfuhrzöllen die Staatskasse aufzubessern oder die eigene Bevölkerung vor kulturellen Einflüssen aus der Stadt abzuschotten.» Sofort würden die städtischen Schätze auf Feindesland liegen. Und nur einmal kurz geblinzelt, schon hätten die klammen Baselbieter die Krummsäbel und Goldreliefs wieder verkauft.
«Tief durchatmen», meint der Redaktions-Historiker und Quoten-Baselbieter Martin Stohler, der den Ausführungen Spirgis von der Seite aus folgt. «Hört doch auf mit eurem Münsterschatz-Trauma.» Womöglich sei alles ganz anders.
Nämlich so: Die Städter machten nur deshalb ein Geheimnis um das Depot, um die Sache erst interessant zu machen – die Adresse findet sich sowieso in jedem Jahresbericht des Museums. «Wer will denn eure Wappenscheiben, Teddy-Bärchen und Keramik-Teller?», wirft Stohler ein. Diese würden doch nur auf fremdem Kantonsboden gebunkert, um sie dereinst loszuwerden.
Stohler: «Keine Sorge! Auf dem Dreispitz-Schatz werdet ihr auf ewig sitzen bleiben!»
«Auch das noch» – Die TagesWoche-Rubrik fürs Schöne, Schräge und Fiese. Immer mit einem 😉 zu verstehen.