Die historischen Häuser am Steinengraben dürfen abgebrochen werden. Mit diesem Urteil des Bundesgerichts endet ein langer juristischer Streit zwischen Bewohnern und der Helvetia-Versicherung.
«Obwohl dieses Urteil zu erwarten war, sind wir als BewohnerInnen natürlich dennoch enttäuscht», schreiben diese in einer Stellungnahme. «Aus unserer Sicht bleibt das Bauvorhaben auch mit dieser rechtlichen Grundlage in stadtplanerischer und sozialer Hinsicht höchst fragwürdig.» Dies auch, wie aus dem Schreiben hervorgeht, weil Basel erst vor Kurzem für eine sozialere Wohnpolitik gestimmt hat.
Beim Projekt am Steinengraben 30 bis 36 will die Helvetia die Wohngebäude aus dem Jahr 1870 abreissen und an deren Stelle Bürogebäude, Penthouse-Wohnungen und eine Tiefgarage bauen.
Nachdem das Verwaltungsratsgericht im September 2017 alle Beschwerden gegen den Abbruch zurückgewiesen hatte, zogen die Mieterinnen und Mieter ihre Beschwerde weiter ans Bundesgericht. Damit hatten sie sich noch eine weitere Gnadenfrist verschafft.
Diese letzte Frist ist mit dem Urteil nun abgelaufen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Bewohner, anwaltlich vertreten durch den Mieterverband, vollumfänglich ab. Umstritten waren zum einen die Wohnraumberechnungen in den Bauplänen. Die Helvetia muss gemäss alter Gesetzeslage mindestens gleich viel Wohnraum schaffen, wie sie zerstört. Auf diesen Wert kommt sie nur, wenn sie den Häuserkomplex als Ensemble betrachtet, also auch jene Gebäude hineinrechnet, die gar nicht abgebrochen werden.
Das Bundesgericht stützt diese Berechnungsweise. Es sei «nicht unhaltbar, wenn der gesamte Gebäudekomplex als Einheit genommen» werde, vor allem weil die Häuser eine gemeinsame Fassade teilen. Überraschend erscheint dieser Befund, weil das Bundesgericht selber festhält, dass sich das zuständige kantonale Wohnraumfördergesetz auf Einzelhäuser bezieht.
Künftig wären solche Projekte kaum mehr möglich
Zum Zweiten erachten die Richter in Lausanne die Baumfällungen und Neu-Bepflanzungen als rechtskonform. Mehrere geschützte Bäume sollen für den Neubau wegfallen, neue Gewächse für ein werthaltiges zukünftiges Biotop sorgen. Bemängelt hat der Mieterverband hier unter anderem, dass die Behörden grünes Licht für den Abbruch gegeben haben, obwohl die konkrete Ersatzpflanzung noch gar nicht vorliegt. Wichtig sei nicht, dass die Pläne schon beim Abbruch vorliegen, sondern bei Baubeginn, hält das Bundesgericht fest.
Für die Mieter und den prozessierenden Mieterverband ist das Urteil ein harter Schlag. Auch weil die Basler Regierung das Wohnraumfördergesetz nach heftiger Kritik mittlerweile verschärft hat und Bauprojekte wie jenes der Helvetia künftig kaum mehr möglich sein dürften.
Die Bewohnerinnen und Bewohner fordern nun trotz der gerichtlichen Niederlage eine zusätzliche Bleibedauer – aufgrund der «extrem knappen Kündigungsfrist» und der Schwierigkeit, momentan in Basel eine Wohnung zu finden. Rechtlichen Anspruch darauf gibt es keinen.
Eine letzte Forderung formuliert auch der Mieterverband. Er verlangt einen runden Tisch mit der Politik, Bewohnern und der Versicherung, um den Konflikt doch noch gütlich beizulegen. Insbesondere die Regierung nimmt der Verband in die Pflicht: «Eine neuerliche Absage der Regierung würde von der Mehrheit der in Basel und Riehen Wohnenden und Stimmenden nicht verstanden.»