Nach einem «regional extrem warmen September» («Meteo Schweiz») folgt pünktlich zum Oktoberanfang ein empfindlicher Temperatursturz. Und dieser Umstand lockt neben Erkältungen weitere ungeliebte Gäste ins Haus: die Marmorierte Baumwanze zum Beispiel, im Volksmund auch «Stinkkäfer» genannt.
Den unfreundlichen Beinamen verdient das Insekt durch das stinkende Sekret, das austritt, wenn man den Käfer zerquetscht. Tun Sie es nicht.
Ein idealer Sommer, um sich zu vermehren
Die TagesWoche hatte der Marmorierten Baumwanze bereits im April eine längere Recherche gewidmet und war ihren Spuren bis in die kaiserliche Ziegelfabrik in Peking gefolgt. Seither hat die Schweiz einen der heissesten Sommer seit Beginn der Messungen erlebt – mit explosiven Folgen für die Stinkkäferpopulation.
Denn die Insekten brauchen Wärme. Tim Haye, der sich am Forschungszentrum Cabi Switzerland mit der Bekämpfung invasiver Arten befasst, sagt: «Die letzten zwei Sommer waren so warm, dass die Wanzen eine partielle zweite Generation bilden konnten, was in kühlen Jahren sonst nicht der Fall ist. Dadurch wachsen die Populationen noch schneller.»
Die Schweiz erlebte in den vergangenen Monaten einen enormen Zuwachs an Käfern. Jetzt will die Wanze ins Warme und strapaziert dabei die Nerven der Stadtbevölkerung. Allerdings nur vorübergehend: «Die invasive Phase dauert zwei bis drei Wochen. Sobald es erst einmal kühl ist, ist es dann vorbei», sagt Haye.
Die Karte zeigt die Verbreitung der Marmorierten Baumwanze. Gesammelt wurden die Daten von Tim Haye. Bewegen Sie den Regler und beobachten Sie, wie die Wanze sich in der Schweiz ausgebreitet hat.
In seltenen Fällen könne es vorkommen, dass die Halyomorpha halys, wie der Käfer in der Fachsprache heisst, sogar in den Wohnungen Eier lege. Etwa unter den Blättern von Zimmerpflanzen. Dies mache sich aber bereits im Sommer bemerkbar. Ein Massenschlupf in den Wintermonaten sei nicht zu erwarten, so Haye: «Die Wanzen, die jetzt ins Haus kommen, legen keine Eier.»
Der Käfer sucht Schutz, wo es warm und dunkel ist
Dafür seien die Tiere überall anzutreffen, wo es dunkel ist: «Bücherregale, Kisten, Kleiderschränke, man findet sie überall an Stellen, wo sie gut geschützt sind.» Lebensmittel seien allerdings kein Magnet für die Halyomorpha halys, denn die Wanze frisst in den Wintermonaten nicht.
Angezogen fühlen sich die Insekten dafür von Lichtquellen: «Das Licht auszuschalten ist sicherlich hiflreich, wird aber die Wanzeninvasion auch nicht völlig verhindern», sagt Haye, «die Wanzen kommen ja auch tagsüber in die Wohnungen.»
Ausserdem bevorzugten die Tiere höher gelegene Wohnungen auf der Suche nach Wärme. «Meistens haben die Bewohner in höheren Stockwerken mehr Probleme als diejenigen im Erdgeschoss.»
Haye spürt den Temperaturabfall auch auf seiner Website, wo täglich neue Fundmeldungen eintrudeln. Eine effektive Abwehr gegen das Insekt, das nicht nur krabbeln, sondern auch fliegen kann, gibt es bislang nicht. Das Forschungszentrum hinter Delémont empfiehlt deshalb, in den kommenden zwei bis drei Wochen auf stundenlanges Lüften zu verzichten.