Der Dreispitz der Zukunft

Dieses Städtebauprojekt von Herzog & de Meuron schlägt so ziemlich alles, was es in Basel an innovativem Städtebau bereits gibt: Am nördlichen Ende des Dreispitz, wo heute die Kunden des M-Parks und Obi-Baucenters ihre Autos parkieren, sollen drei Wohntürme in den Himmel wachsen, umgeben von zwei weitläufigen Parkanlagen. 

Ein «visionäres Projekt», urteilte die Wettbewerbsjury. (Bild: Visualisierung Herzog & de Meuron)

Der Dreispitz steht vor einer markanten Veränderung. Geht es nach den Plänen der Landeigentümerin Christoph Merian Stiftung (CMS) und der Baurechtsnehmerin Migros sollen auf der Nordspitze des Entwicklungsareals drei neue Hochhäuser gebaut werden, die alles andere weitum in den Schatten stellen werden. Eines soll 160 Meter hoch werden – also gut dreimal so hoch, wie das höchste bestehende Wohnhochhaus Basels am Schorenweg (Baujahr 2016). Die beiden anderen Türme würden 135 Meter hoch. Das haben die CMS, die Migros und der Kanton Basel-Stadt am Dienstagmorgen an einer Medienkonferenz bekannt gegeben.

«Ein Quantensprung im Wohnungsbau»

Geplant sind 600 bis 800 Wohnungen für 1400 Einwohner. Das Investitionsvolumen wird auf 600 bis 800 Millionen Franken geschätzt. Wer dereinst als Investor tätig wird, ist noch nicht klar. Stefano Patrigiani, Geschäftsleiter der Migros-Genossenschaft Basel, sagte, dass die Migros sicher nicht als alleiniger Investor auftreten werde.

Die schlanken Türme sind Teil eines städtebaulichen Studienprojekts der Architekten Herzog & de Meuron. Städtebaulich zukunftsweisend und zugleich wirtschaftlich tragfähig sollte das Konzept für die Transformation der Nordspitze laut Studienauftrag sein.

Diese Vorgaben erfüllten die bekannten Basler Architekten am besten. In einem Wettbewerb wurden sie einstimmig und «mit grosser Begeisterung», wie alle Beteiligten betonten, als Sieger erkoren. Mitgetragen wird das Projekt auch von den zwei Vertretern des Gundeldinger Quartiers, die in der Wettbewerbsjury Einsitz hatten.

Die Jury schreibt zum Projekt:

«Das vorliegende Projekt vermag mit einer unerwarteten Leichtigkeit die scheinbar divergierenden Ansprüche an eine sehr hohe Dichte mit jenen einer hochfrequentierten Detailshandelsstruktur und qualitativ hochwertigen Freiräumen für das Quartier zu verbinden.»

Das ist Architektendeutsch für: Alle Vorgaben aufs Beste erfüllt.

Das Sieger-Projekt soll Wohnraum für 1400 Personen schaffen.

Am Wettbewerb hatten drei weitere renommierte Basler Büros teilgenommen: Diener & Diener, Christ & Gantenbein sowie Morger und Partner. Ausserdem zwei Büros aus Zürich (Baukontor und Hosoya Schäfer). Die Qualität des Projekts von Herzog & de Meuron wird erst im Vergleich mit jenen Projekten wirklich deutlich, das die Basler Architekten gleich Planungs- und Gestaltungsschritte wagen, die weit über das Bekannte hinausgehen.

Mit ihrer Höhe und dem kreisförmigen Grundriss bedeuten die drei Hochhäuser einen Quantensprung im Wohnungsbau Basels wie auch der ganzen Schweiz, wie der Basler Kantonsbaumeister Beat Aeberhard auf Anfrage sagte.

Der heutige M-Park bleibt mit seinen 2,5 Millionen Kunden pro Jahr im selben Volumen ebenso bestehen wie die 500 Parkplätze. Sie werden aber unter einer raffinierten Dachgartenlandschaft visuell in den Hintergrund rücken. Der Obi-Baucenter wird von der Münchensteinerstrasse an die Dornacherstrasse auf der anderen Seite verlegt – in ein Gebäude, das nach den vorliegenden Plänen die Form von riesigen Gewächshäusern haben wird.

Grunflächen, wo immer denkbar.

Geplant ist überdies eine lose Reihe von weiteren Wohnhäusern mit einer Höhe von 30 Metern. Hier sollen auch Genossenschaftswohnungen möglich werden.

Herzstück des nach Auffassung der Wettbewerbsjury «visionären Projekts» bilden nicht nur die drei markanten Türme, sondern auch zwei neue ausgedehnte Parkanlagen. Sie werden eine wichtige Scharnierfunktion zwischen dem Gundeli in der Basler Kernstadt und dem urbanen Entwicklungsgebiet Dreispitz in der Agglomeration erfüllen.

Die Vision von Herzog & de Meuron: Zum Gundeli hin breitet sich ein neuer Stadtpark aus, der den Namen Christoph Merian Anlage trägt. Er würde auch für die angrenzen Bewohner zum wichtigen Grün- und Erholungsraum. Auf der anderen Seite ist ein eher ländlich anmutender Landschaftspark geplant, der sich wie eine Fortsetzung des Wolf-Gottesacker über einen Serpentinenweg auf einen Hügel über den M-Park erheben wird.

Auf der Visualisierung, die an ein Genrebild von Pieter Bruegel erinnert, sind Marktstände und Straussenwirtschaften zu sehen. Diese Landschaft trägt den Namen Gottlieb Duttweiler Feld.

Als wäre es ein Genrebild von Pieter Bruegel: der geplante Dachgarten.

Zur Frage, wer im neuen Quartier wohnhaft werden soll, heisst es in der Medienmitteilung vom Dienstag:

«Der Mix aus Stadthäusern und Hochhäusern erlaubt verschiedene Wohnformen unterschiedlicher Bauträger, unterschiedliche Wohnungsgrössen und Preiskategorien: Das Angebot soll von günstigen Familienwohnungen bis zu Wohnungen im mittleren und oberen Segment reichen.»

Gerechnet wird ausserdem mit nochmals ungefähr 1400 Arbeitsplätzen im neuen Stadtquartier. Damit durch den massiven Zuwachs an Menschen nicht gleich der Verkehr kollabiert, werde es für die Wohnungen ein «unterdurchschnittliches Parkplatzangebot» geben. Die zentrumsnahe Lage würde dies gestatten.

Als nächster Schritt folgt die zweite Entwicklungsphase. Dabei soll das Bau- und Verkehrsdepartement ein rechtskräftiger Bebauungsplan ausarbeiten. Im besten Fall könne dieser im Laufe des Jahres 2020 dem Grossen Rat vorgelegt und rechtskräftig werden. Danach ginge es an die konkrete Projektplanung. Im Laufe der 2020er-Jahre sollen die neuen Bauten bezugsbereit sein.

Erholungsgebiet fürs Gundeli: So stellen sich die Architekten das Leben zwischen den Türmen vor.

Noch mehr Bilder und  Informationen zum Grossprojekt finden Sie auf der Website dreispitz.ch.  Die Pläne für die Nordspitze  werden  vom 14. bis 21. Dezember 2017 im ehemaligen Feuerwehrdepot an der
Dornacherstrasse 398 in Basel ausgestellt (MO – FR: 16 bis 19 Uhr, SA: 10 bis 17 Uhr).

Nächster Artikel