Es wird gebaut in Basel: Lysbüchel, Klybeck plus, Dreispitz – überall soll Wohnraum entstehen für alteingesessene und neu zugezogene Basler. Weil der Raum in der Innenstadt bebaut ist, müssen neue Quartiere erschlossen werden. Auf dem Lysbüchel und dem Wolf gehört der Boden den SBB, die Klybeck-plus-Besitzer heissen Novartis und BASF, auf dem Dreispitz ist die Christoph Merian Stiftung Bauherrin.
Aber nicht nur die Bodenbesitzer haben ein Interesse daran, diese neuen Stadtgebiete zu erschliessen und Wohnraum zu schaffen. Auch der Kanton will wachsen. Und das lässt er sich etwas kosten.
Beispiel Erlenmatt: Hier wird seit 2007 gebaut, am Ende der Arealentwicklung werden rund 1400 Wohnungen auf dem ehemaligen Güterbahnhof der Deutschen Bahn stehen. Ursprünglich waren 700 Wohnungen geplant, doch weil das Gewerbe wenig Interesse zeigte, sich hier anzusiedeln, wurde die Zahl der Miethäuser erhöht. Die zu füllen, dürfte kein Problem werden.
Am neuen Stadtteil bauen unter anderem die Stiftung Habitat, Losinger Marazzi AG, diverse Versicherungen und Pensionskassen. Auch der Kanton Basel-Stadt investiert kräftig: Rund 115 Millionen Franken flossen gemäss Angaben des Baudepartements in die Infrastruktur des Gebietes. So wurden vom Kanton Strassen errichtet, Kanalisationen erschlossen und ein Schulhaus gebaut.
Von diesen Kosten werden 41,5 Millionen aus dem Mehrwertabgabefonds gespiesen. Mit der Mehrwertabgabe bezahlen Grundeigentümer in Basel-Stadt 50 Prozent des Mehrwerts, wenn die zulässige Geschossfläche durch Umzonungen vergrössert wird. Das Geld fliesst in Grünflächen.
Dennoch: Auch wenn man diese 41,5 Millionen abzieht, übernimmt Basel-Stadt auf der Erlenmatt Infrastrukturkosten von über 73 Millionen Franken, ohne dass es von den Mieteinnahmen direkt profitiert.
Die Basler Sozialdemokraten fordern einen Paradigmenwechsel. Investoren sollen sich über ihr Projekt hinaus an der Arealentwicklung beteiligen. In ihrem Wohnpapier schreiben sie:
«Der private Investor, der auf einem Areal von einer höheren Ausnutzung finanziell profitiert, beteiligt sich im Gegenzug an den Erstellungskosten der Aussenräume (Plätze, Parks, Strassen), sozialen Einrichtungen (Kinderbetreuung, Schulbauten, Quartierzentren, Sportanlagen etc.) und stellt einen Anteil der Wohnungen in Kostenmiete oder gemeinnützigen Bauträgern zur Verfügung.»
Vorbild ist für die SP die Stadt München, in der seit den 1990er-Jahren das Instrument «Sozialgerechte Bodennutzung» zur Anwendung kommt. «Private Investoren generieren dank staatlichen Investitionen auf einem Areal Gewinne. Wir wollen, dass das Zusammenspiel zwischen Investor und Staat neu definiert wird», sagt SP-Präsident Pascal Pfister.
Es sei richtig, wenn der Kanton in einem Gebiet gewisse Vorleistungen erbringe, damit sich die Bauherren entwickeln könnten. «Es kann aber nicht sein, dass der Staat so viel investiert, ohne eine Leistung dafür zu erhalten. Der Kanton muss auch Bedingungen stellen», sagt Pfister.
Doch würde eine Beteiligung an Plätzen oder Strassen nicht abschreckend auf die Investoren wirken? Pfister winkt ab. «Mag sein, dass dies bei einigen der Fall wäre. Aber Basel-Stadt ist für Investoren genug attraktiv – das gibt dem Kanton Spielraum für Bedingungen.» Zudem handle es sich bei der Immobilienbranche um ein hoch profitables Geschäft. «Beteiligen sich die Investoren an den Kosten, verdienen sie immer noch viel.»
Regierung will Status quo
Pfisters Parteikollege, Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels, will nichts an der jetzigen Praxis ändern. Die Investoren würden sich bereits heute via Mehrwertabgabe (in der auch ein sogenannter Erschliessungsbeitrag enthalten ist) an den Kosten beteiligen.
Das habe sich bewährt, sagt der SP-Regierungsrat. «Was wir seit Jahrzehnten von den Investoren einfordern, hat schweizweit Vorbildcharakter. Ich glaube nicht, dass ein Wechsel sinnvoll wäre, zumal ein Teil der Bürgerlichen das Gegenteil fordert – nämlich, dass die Investoren zusätzlich entlastet werden.»
Zudem profitiere auch der Kanton, wenn er in Areale investiere. «Nur schon aus finanzieller Sicht sind derartige Arealentwicklungen enorme Erfolgsgeschichten, die zu den gesunden Basler Finanzen beitragen», sagt Wessels.
Gemäss dem Statistischen Amt Basel-Stadt zahlte im Jahr 2015 jeder Veranlagte auf der Erlenmatt – es waren 630 und es werden jedes Jahr mehr – durchschnittlich 11’428 Franken an den Fiskus. So bringt jeder «neue» Basler auch einen finanziellen Nutzen in die Stadt.