Der Basler Immobilienmarkt ist schwer zu fassen. Manche Entwicklungen werden evident, wenn Hauseigentümer ihre Mieter en masse rauswerfen. Wie zum Beispiel am Burgweg oder an der Hochstrasse. Solche Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf aktuelle Geschehnisse – längerfristige Entwicklungen oder tiefe Einblicke in die Markt- und Machtverhältnisse im Handel mit Basler Immobilien erlauben sie jedoch nicht.
Wer kauft was, wann und wo? Und wie bewegt sich der Basler Immobilienmarkt grundsätzlich? Diese Fragen wollten wir systematisch angehen. Denn sie bestimmen letztlich, wie die Stadt aussieht.
Systematisch durchs Grundbuch
Jede Veränderung auf dem Immobilienmarkt wird im Kantonsblatt respektive Grundbuch erfasst. Diese Daten sind jedoch nur durch mühsame Einzelabfragen abrufbar. Wir haben also damit begonnen, die Grundbuchdaten systematisch zu erfassen.
Aufgrund der Handänderungen, die zwischen August 2008 und Juni 2017 im Kantonsblatt publiziert wurden, entstand eine Datenbank mit über 9500 Einträgen.
Bei diesen Grundbucheinträgen handelt es sich um sogenannte Handänderungen. Es geht dabei um Immobilien, die den Besitzer gewechselt haben. Meist durch Verkauf, ein kleiner Teil der Handänderungen ist auch auf Erbteilungen und Schenkungen zurückzuführen. Erbgänge werden hingegen nicht im Grundbuch verzeichnet.
Wie kamen wir zu den Daten?
Wir haben die Daten automatisiert aus dem Kantonsblatt heruntergeladen. Da die Daten in einer wenig strukturierten Form vorlagen, mussten wir diese mit Python-Skripts in eine durchsuchbare und filterbare Form bringen. Die verwendeten Skripts und die gesamte Recherchearbeit können Sie in unserem Github-Account einsehen. Vereinzelt können Datensätze noch Fehler aufweisen.
Handänderungen als Indikator
Handänderungen stellen einen guten Indikator für die Aktivität auf dem Immobilienmarkt dar. Nicht ablesen lassen sich jedoch die allgemeinen Besitzverhältnisse. Wir können sagen: Das sind die aktivsten Immobilienhändler und dort wurden am meisten Häuser verkauft. Wir können aber nicht sagen, wem die meisten Liegenschaften gehören.
Alle Handänderungen haben wir auf einer interaktiven Karte eingetragen. Auf den ersten Blick zeigt sich: Der Handel mit Immobilien verteilt sich relativ gleichmässig auf die ganze Stadt.
Wenn Sie die Karte entsperren, können Sie bis auf Strassenebene nachverfolgen, wo es zu einer Handängerung kam.
Gemäss einer oft gehörten These bewegt sich der Immobilienmarkt zum Beispiel im Matthäus oder im St. Johann schneller und hektischer als anderswo. Zudem heisst es, dass sich Spekulanten in den Szene-Quartieren um jede Immobilie reissen würden, Stichwort Gentrifizierung. Diese These lässt sich – zumindest mit unserem Datensatz – nicht bestätigen.
Ein grobes Muster ist trotzdem auszumachen. Die Handänderungen häufen sich in der Peripherie. Liegenschaften in Aussenquartieren, wo hauptsächlich gewohnt wird, werden reger gehandelt als solche im Stadtzentrum. Vor allem in der Grossbasler Altstadt ist der Immobilienmarkt träger.
Dort stehen hauptsächlich grosse Geschäftsliegenschaften und historische Bauten, bei denen es sich wohl um längerfristige Anlageobjekte handelt, die vor allem für institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Immobilienfonds interessant sind. Das zeigt sich am Beispiel der Freien Strasse, wo sich mehr als die Hälfte der Immobilien in den Händen institutioneller Anleger befindet.
Vor allem Wohnhäuser gefragt
Interessanterweise bewegt sich also vor allem der Markt mit Wohnhäusern. Wohnen und Wohnpolitik gehören seit Jahren zu den meistdiskutierten, die Wohnungsknappheit zu den meistbeklagten Themen der Stadt.
Andreas Biedermann, Präsident des SVIT beider Basel (Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft), hat weitere Erklärungen parat:
«Im Zentrum sind die Liegenschaften generell teurer und vor allem knapper. Das ist sicher einer der Gründe, weshalb sich der Immobilienmarkt dort im Vergleich zur Peripherie weniger schnell bewegt. In den Aussenquartieren wurde in den letzten Jahren auch deutlich mehr gebaut als mitten in der Stadt.»
Die Tiefzinsphase habe zudem den Markt für Wohneigentum angekurbelt. «Viele Menschen haben in den vergangenen Jahren von den tiefen Hypothekarzinsen profitiert und in Wohneigentum investiert», sagt Biedermann. Diese Entwicklung habe ihre Spuren vor allem in der Peripherie hinterlassen, weil Aussenquartiere vor allem zum Wohnen genutzt würden.
Auf der Liste der aktivsten Immobilien-Player stehen viele unbekannte Namen. Die Einwohnergemeinde und der Kanton verzeichnen zwar viele Handänderungen, bei diesen beiden handelt es sich jedoch selten um Verkäufe von Immobilien, sondern Umnutzungen zum Beispiel von Verwaltungsgebäuden in Wohnraum.
Neben den weitgehend unbekannten sind auch bekannte Namen wie die Christoph Merian Stiftung (CMS), die in den vergangenen neun Jahren 16 Liegenschaftsparzellen kaufte und 32 weiterverkaufte – wobei bei den Einträgen nicht alles Wohnhäuser sind. Die CMS kaufte zum Beispiel in den letzten neun Jahren nur ein Wohnhaus, alles andere waren Bürogebäude oder einfach nur Land.
Privatwirtschaftliche Player machen jedoch bei Weitem das grösste Geschäft mit Wohnhäusern. So zum Beispiel die Swiss Immo Trust AG oder die Burgfelder Immobilien AG, hinter der Scientology-nahe Kreise stehen. Oder die Immro AG, die als quasi Familienbetrieb die meisten Häuser kauft und verkauft.
Unser Datensatz ist mit dieser ersten, oberflächlichen Analyse noch längst nicht ausgeschöpft. Wir haben noch einige Ideen in petto. Wir wollen aber auch unsere Leser fragen, in welche Richtung wir weiter recherchieren sollen. Das grosse Bild haben Sie nun gesehen, was würde Sie darüber hinaus noch interessieren?