«Es hat sooo viele Kerzen!», sagt ein kleines Mädchen zum anderen.
«Das hat er verdient, gäll?»
Die beiden stehen neben einem Meer von Kerzen in der Dreirosenanlage, es riecht nach Rauch und Glühwein. Rund um die Kerzen drängen sich die Leute, um Georges‘ zu gedenken.
Georges, so hiess der Mann, der kurz vor Weihnachten in der Parkanlage neben der Dreirosenbrücke tot aufgefunden wurde. Die Polizei teilte kurz darauf mit, dass er getötet wurde. Inzwischen wurde ein Verdächtiger festgenommen.
Georges war obdachlos, lebte seit 15 Jahren in diesem Park und wird ganz offensichtlich vermisst. Mindestens 100 Personen haben sich am Donnerstagabend zu einer Mahnwache versammelt, die von Anwohnern organisiert wurde.
Der «guten Seele» wird gedankt
Neben den vielen Kerzen, die an Georges Schlafplatz neben der Brücke aufgestellt und angezündet wurden, liegen auch Kinderzeichnungen, kleine Engelfiguren, Blumen. Eine Bierdose hat ihm jemand hingestellt, eine Packung Zigaretten, einen Fussball.
Der «guten Seele des Parks» wird in Abschiedsbriefen gedankt. Zwei Mädchen wünschen sich in einer selbst gemalten Karte, dass dieser Park künftig von allen Menschen «Georges-Park» genannt wird. In die Trauer mischt sich auch Wut, ein Brief fragt: «Welcher Versager hat das getan?»
Es ist eine ruhige Andacht. Viele Kinder sind gekommen, trotz Kälte – Familien, Studenten, Leute von der Gasse. Ein Hund jault. Im Kreis werden Erinnerungen ausgetauscht:
«Ich habe ihn nicht gekannt, aber wir haben uns immer gegrüsst.»
«Er hat stets auf die Kinder aufgepasst und sie getröstet, wenn sie hingefallen sind.»
«Er hat das selbst so gewollt, dieses Leben. Er liebte die Freiheit.»
Nach etwa 20 Minuten löst sich die Runde wieder auf. Die Kinder schaukeln schon wieder. Zurück bleiben die vielen leuchtenden Kerzen und das Gefühl, dass jemand fehlt.