Mit Wiener Schmäh gegen Basler Gestänker

Ein Kleinbasler Wirt kämpft wenige Wochen nach Eröffnung seines Restaurants bereits mit anonymen Lärmklagen. Er hofft, die Streitigkeiten auf seine eigene Weise beilegen zu können.

Uli Künzer, neuer Wirt am Erasmusplatz, eckt nach einem Monat bereits bei den Nachbarn an. (Bild: Hans-Jörg Walter)

«Grüss Gott meine Herrschaften, Sie haben nun österreichisches Hoheitsgebiet betreten – also wundern Sie sich nicht über diverse Dinge.»

Wir wundern uns vor allem über die Gastfreundschaft. Nicht in jeder Basler Beiz fällt die Begrüssung derart herzlich aus. Wer das «Wiener Beisl» betritt, wird von Wirt Uli Künzer mit Handschlag begrüsst. «Ich bin der Uli, willkommen.»

Mitte Juli hat er das Restaurant am Erasmusplatz übernommen, zuvor war dort viele Jahre das «zem Stänzler» beheimatet. Eine Beiz, in die ausser ein paar Stammgästen kaum jemand einen Fuss gesetzt hat. Doch Uli hat den Laden entstaubt und bietet nun gemeinsam mit seiner Frau Gisi typisch österreichische Küche an.

Launiger Wiener trifft auf Basler Stänkerei

«Herren Toast mit Spiegelei», «Paradeisersupp (böhmisch)» und natürlich das «Original Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat, frittierter Petersilie und Zitrone» sind nur einige der Posten auf seiner Speisekarte. «Wir sind das einzige rein österreichische Restaurant der Stadt», sagt Uli stolz. Damit kommt der Wirt offenbar an. Obwohl seine Küche nicht direkt sommertauglich ist, läuft das Lokal nach knapp einem Monat besser, als er es erwartet hätte.

Kulinarisch steht im «Wiener Beisl» alles zum Besten und Kundschaft hat es auch. Ärger gibts dafür mit Leuten aus der Nachbarschaft. Es dauerte nämlich nicht lange, bis der launige Wiener Bekanntschaft machte mit einer gutbaslerischen Eigenheit: anonymen Lärmklagen. In den Fenstern zur Strasse hin hat er drei Briefe aufgehängt. So, dass man sie von aussen gut lesen kann.

Nachbarschaftlicher Papierkrieg: Wirt Uli hat einen Weg gefunden, mit anonymer Kritik umzugehen.

Beim ersten Brief handelt es sich um ein Schreiben ohne Absender. Drei «lärmgeplagte Mietparteien» wenden sich darin an den Wirt, der mit seinem Gartenrestaurant immer wieder Ruhestörung «betreibe». Konkret beziehen sich die Absender auf einen Abend Anfang August, als der Lärm aus dem Restaurant noch um Mitternacht «gut zu hören» gewesen sei. Der Brief sei als «erste und letzte Reklamation» zu verstehen. «Bei der nächsten Ruhestörung werden wir die Polizei anrufen und eine Lärmklage erheben», drohen die anonymen Nachbarn zum Schluss.

Daneben hat Uli eine selbst verfasste «Gegendarstellung» aufgehängt, weil eine direkte Antwort auf die anonymen Vorwürfe ja nicht möglich war. Er schlägt den Beschwerdeführern vor, sich mal «auf ein Flascherl Wein» zu treffen. Miteinander zu reden sei doch besser, als «ungerechtfertigte Anzeigen zu machen». An besagtem Abend habe er sein Lokal um viertel nach elf geschlossen, also dreiviertel Stunden vor der angeblich durch ihn verursachten Ruhestörung.

Rückendeckung erhält Uli von einem weiteren Briefeschreiber. Ein Anwohner und Stammgast wendet sich mit unmissverständlichen Worten an die anonymen Kläger:

«Sie alle sind schon einen Monat nach Eröffnung auf dem Kriegspfad? Ohne mit dem Wirt zusammen zu sitzen und ihre Anliegen vorzutragen und vielleicht gemeinsam eine Lösung zu finden? Nein, sie sind feige und schreiben anonyme Briefe und äussern sogar Drohungen. Ich sage: Pfui. Schämen sie sich.»

Mit den allermeisten Nachbarn habe er ein gutes Verhältnis, sagt Uli. Hier ein netter Spruch, da ein «Flascherl Wein», der Gastronom hofft, den Konflikt mit seiner charmant-direkten Art beilegen zu können. «Wir Wiener regeln solche Dinge auf unsere Weise, ohne Polizei und Paragrafen.»

Draussen ist um 20 Uhr Schluss

Als grösstes Hindernis könnte sich für Beizer Uli trotzdem ein Paragraf beziehungsweise ein Richterspruch erweisen. 2004 hat nämlich die Baurekurskommission entschieden, dass die damaligen Wirte des «Stänzler» ihre Gartenwirtschaft im Innenhof nur bis 20 Uhr betreiben dürfen, danach müssten Service und Inkasso abgeschlossen sein. Eine Regelung, die den Betrieb des Aussenbereichs faktisch verunmöglicht. Welcher Gast hat schon Verständnis dafür, dass er mitten im Hauptgang seinen Teller nach innen tragen soll.

Bei Ämtern und Richtern wird Uli kaum mit Wiener Schmäh punkten können, deshalb hat er sich bei einem Freund juristische Unterstützung geholt. Sein Ziel: eine neue Verfügung für den Aussenbereich. Es gehe ihm nicht mal darum, seine Gäste bis 22 Uhr draussen bewirten zu dürfen. «Ich will bloss, dass meine Gäste ihr Abendessen auf der Terrasse in Ruhe beenden können.»

Er ist guten Mutes, dass sich die Streitigkeiten bald in Luft auflösen werden und er mit seinen Nachbarn zusammen im «Wiener Beisl» eine gute Zeit haben wird.

Und für unverbesserliche Stänkerer hat Uli noch einen Spruch parat:

«Ein kleiner Tipp. Für manche ein bisschen früher, für andere dauerts noch ein wenig. Am Hörnle wirds dann sehr ruhig. Für immer.»

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