In den Quartiervereinen wird momentan intensiv über die Kantons- und Stadtentwicklung des Präsidialdepartements gelästert. Von einer «feindlichen Übernahme» ist die Rede, von «Geringschätzung» oder einem «Übergriff». Grund für den Ärger ist der Plan der Kantons- und Stadtentwicklung, in den Quartieren St. Alban, Gellert, Breite und Lehenmatt ein neues Stadtteilsekretariat Basel Ost zu installieren.
Solche Stadtteilsekretariate gibt es bereits seit 2005 im Kleinbasel und seit 2010 in Basel West. Sie sind als privater Verein organisiert und werden vom Kanton jährlich mit 110’000 bis 140’000 Franken subventioniert. Die Sekretariate bearbeiten aktuelle Schwerpunktthemen, dienen als Anlaufstelle für die Verwaltung und bieten der Quartierbevölkerung die Möglichkeit zur Mitwirkung. Kurz: Sie sollen ein Bindeglied sein zwischen den Anliegen des Stadtteils und der Stadtverwaltung.
Für die Kantons- und Stadtentwicklung geht es dabei auch um Einflussnahme, denn die Stadtteilsekretariate arbeiten eng mit der Verwaltung zusammen. Sie stellen für diese eine Plattform zur Informationsvermittlung dar.
Die Neutralen Quartiervereine sind anders aufgestellt. Sie bestehen aus Ehrenamtlichen, werden nicht vom Staat subventioniert und agieren losgelöst von der Verwaltung.
Zweifel an der Unabhängigkeit
Beata Wackernagel ist Präsidentin des Neutralen Quartiervereins St. Alban-Gellert. Sie blickt dem Vorhaben des Präsidialdepartements, ein neues Stadtteilsekretariat Ost zu installieren, mit grosser Skepsis entgegen: «Das kommt bei uns nicht gut an. Wir brauchen kein Stadtteilsekretariat.» Das Geld könne der Kanton anderweitig und sinnvoller ausgeben. Zudem seien die Interessen in den betroffenen Quartieren St. Alban, Gellert, Breite und Gundeldingen zu unterschiedlich für ein gemeinsames Sekretariat.
Wackernagel befürchtet, mit einem Stadtteilsekretariat künftig nur noch «gefiltere Informationen» aus der Verwaltung zu erhalten und den direkten Draht in die Verwaltung zu verlieren. Auch zweifelt sie an der Unabhängigkeit der Stadtteilsekretariate. «Finanziert werden sie grösstenteils vom Kanton. Ob sie so unabhägig agieren können wie die Neutralen Quartiervereine, ist deshalb fraglich.»
«Wir zweifeln daran, ob ein Stadtteilsekretariat die Realität im einzelnen Quartier richtig einschätzen kann.»
Vorbehalte hat auch Fausi Marti, Präsident des Neutralen Quartiervereins Gundeldingen. Er begrüsst zwar, dass die Kantons- und Stadtentwicklung sich in den Quartieren engangiert, aber: «Wir lehnen ein Stadtteilsekretariat Basel Ost in dieser Form ab.» Es sei «entmutigend», dass die Stadtentwicklung mit allen Mitteln versuche, eine Nachfrage nach einem Stadtteilsekretariat Basel Ost vorzutäuschen.
«Ausserdem zweifeln wir daran, ob ein Stadtteilsekretariat, das für so viele Quartiere zuständig wäre, die Realität im einzelnen Quartier richtig einschätzen kann», sagt Marti. Die Schaffung eines Stadtteilsekretariats Ost wäre ein Rückschritt fürs Gundeli.
Eine solche Anlaufstelle des Kantons würde dem Engagement der Vereine in den Quartieren Konkurrenz machen, da beide Veranstaltungen organisieren. «Ausserdem zweifeln wir daran, ob ein Stadtteilsekretariat, das für so viele Quartiere verantwortlich wäre, wirklich die richtigen Prioritäten setzen kann», sagt Marti.
Umsetzung bis Sommerferien konkret
Trotz Widerstand in den Quartiervereinen treibt die Kantons- und Stadtentwicklung das Projekt nun voran. Bis zu den Sommerferien soll gemäss Kantons- und Stadtentwickler Lukas Ott eine mögliche Umsetzung konkretisiert werden. Die Quartiervereine können ihre Anliegen in mehreren Workshops einbringen.
Für Ott sind die Stadtteilsekretariate von grosser Bedetung: «Ein Stadtteilsekretariat leistet mit seiner Vernetzungs- und Koordinationsarbeit einen wichtigen Beitrag für attraktive und lebenswerte Quartiere», sagt er.
Die Vorbehalte gegen das Projekt seien ihm bekant. «Inzwischen haben sich jedoch auch andere Stimmen geäussert, die zu einer Wiederaufnahme des Anliegens geführt haben. Bereits vor fünf Jahren wurde etwa im Breite-Quartier das Anliegen eines Stadtteilsekretariates von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren eingebracht.»
Ganz vermasseln mit den Quartiervereinen möchte es sich Ott aber offenbar nicht. Er hält sich auch die Option eines Stopps offen: «Da die Initiative für die Einrichtung eines Stadtteilsekretariats von der Quartierbevölkerung ausgehen muss, ist die Kantons- und Stadtentwicklung ergebnisoffen, was eine mögliche Umsetzung betrifft.»