In den letzten fünf Jahren entstanden in Basel-Stadt 143 neue Genossenschaftswohnungen – das sind sieben Prozent aller neugebauten Wohnungen im Kanton. Ist das viel oder wenig? Der neue Stadtentwickler Lukas Ott wollte sich in dieser Frage nicht festlegen. Es gebe noch «Entwicklungspotenzial», räumte er an der Medienkonferenz zur Wanderungsanalyse 2018 am Donnerstag ein.
Der Stadtentwickler hatte geladen, um Zahlen zu Bevölkerungsbewegungen und neuen Wohnungen zu präsentieren. Er zeigte sich erfreut darüber, dass Neubau-Wohnungen nicht nur an Expats vermietet würden und wie im Erlenmattareal eine Durchmischung stattfinde. Ob das tatsächlich so zutrifft, ist anhand der präsentierten Zahlen jedoch fraglich.
Begrenztes Datenmaterial
Denn das Statistische Amt Basel-Stadt kennt nur das Alter, den Zivilstand, die Herkunft und den vorigen Wohnort derjenigen, die in die neuen Wohnungen einzogen. Beim Erlenmattareal lässt sich Folgendes sagen:
- 69 Prozent der Erstbezüger haben vor dem Einzug in Basel gewohnt
- 43 Prozent sind Schweizer
- 55 Prozent sind zwischen 25 und 39 Jahre alt
- und 42 Prozent sind verheiratet
Für Ott zeigten diese Zahlen, dass sich die neu erstellten Wohnungen an verschiedene Lebensentwürfe richteten und auch von Familien und Berufseinsteigern gemietet oder gekauft würden.
Basel baut weniger als Zürich
Ott zeigte sich auch erfreut darüber, dass in Basel so viel gebaut werde. Was Ott nicht erwähnte: Im Vergleich zu anderen Städten wie Zürich oder Lausanne hinkt Basel beim Wohnungsbau deutlich hinterher.
In Zürich wurde im Verhältnis zum Wohnungsbestand in den letzten Jahren deutlich mehr gebaut als in Basel. In absoluten Zahlen entstanden in der Stadt Zürich seit 2013 13’408 neue Wohnungen, in Basel waren es nur 2115.
Bei den gemeinnützigen Wohnungen zeigt sich ein noch krasseres Bild. Während in Basel seit 2013 gerade mal 143 Genossenschaftswohnungen entstanden, waren es in Zürich im gleichen Zeitraum ganze 3929.
Im letzten Jahr wurden in Basel 136 Genossenschaftswohnungen fertig gestellt – ein Grossteil davon in Riehen bei der Überbauung am Kohlistieg. In den Jahren zuvor wurden aber fast gar keine Genossenschaftswohnungen gebaut: von 2004 bis 2016 nämlich nur gerade 76 neue Wohnungen.
Ott betont, dass in den nächsten Jahren rund 1000 neue Genossenschaftswohnungen angekündigt seien. Tatsächlich tut der Kanton seit dem Inkrafttreten des Wohnraumfördergesetzes einiges, um den Genossenschaftsbau zu fördern. So hat Immobilien Basel-Stadt einige Areale im Baurecht an Genossenschaften vergeben; das Grösste davon ist das ehemalige Felix-Platter-Areal, wo bis 2019 über 500 Genossenschaftswohnungen fertiggestellt werden.
Druck durch angenommene Wohninitiativen
Das wird aber wenig daran ändern, dass Zürich gemessen am Gesamtwohnungsbestand viel mehr Genossenschaftswohnungen hat. Dort beträgt der Anteil von Genossenschaftswohnungen derzeit 18 Prozent, in Basel sind es 11 Prozent. Zum Vergleich: Bern hat einen Anteil von 10 Prozent.
Die SP Basel-Stadt fordert in ihrem Wohnpapier, den Anteil an Genossenschaftswohnungen auf 15 Prozent zu steigern. Diese Forderung könnte nun Schub erhalten, da sich die Bevölkerung unlängst für ein «Recht auf Wohnen» aussprach. Wie diese Initiative und die drei weiteren angenommenen Wohninitiativen umgesetzt werden, ist derzeit noch offen.
«Schneller geht gar nicht»
Lukas Ott gab dazu an der Medienkonferenz nur sehr wenig Anhaltspunkte. Er sagte lediglich: «Es braucht neuen Wohnraum, auch um das ‹Recht auf Wohnen› umsetzen zu können.» Er habe von der Regierung den Auftrag erhalten, eine Auslegeordnung zu machen, um Optionen zu prüfen.
Der Mieterverband zog erst am Mittwoch in Zweifel, ob der Kanton die Initiativen in absehbarer Frist umsetzen könne. Ott sagte dazu sichtlich genervt: «Schneller kann man gar nicht reagieren, als wir es gemacht haben.»