Personenkontrollen der Basler Polizei sorgen immer mal wieder für Kontroversen. Im Mai brachte eine Kontrolle im Dreirosenpark viel Aufregung, nun machte die TagesWoche den Fall zweier junger Grafikerinnen publik, die auf dem Weg nach Hause illegaler Sprayereien verdächtigt wurden.
Weil die Kontrollen gerade im Kleinbasel zu einigem Unverständnis bei Teilen der Bevölkerung führen, hat die Polizei im Juni einen Informationsanlass im Quartierzentrum Union abgehalten. Dabei hat sie am Beispiel der Kontrolle eines mutmasslichen Sprayers veranschaulicht, wie Polizeikontrollen üblicherweise ablaufen.
Ein Polizist erklärte den ordnungsgemässen Ablauf wie folgt:
Der erste Satz lautet demnach: «Guten Tag, wir führen eine Polizeikontrolle durch.» Dann stellen sich die Polizisten kurz mit Namen vor und fragen die Person, woher sie gerade komme und was sie dort gemacht habe.
1. Die Person werde gebeten, die Schuhsohlen zu zeigen. Beim Sprayen fliesse manchmal Farbe auf den Boden und der Täter trete rein.
2. Die Person werde gebeten, sich umzudrehen. Dabei würden die Polizisten auf allfällige Farbflecken achten.
3. Die Person werde gebeten, Handrücken und Handflächen zu zeigen. Die Polizisten suchen nach Rückständen von Farbe (auch unter den Fingernägeln) oder von weissem Kalkpuder, das von Einweggummihandschuhen stammen könnte.
4. Die Person werde gebeten, den Polizisten die Tasche zur Inspektion zu übergeben. Während ein Polizist die Tasche durchsuche, beobachte der zweite Polizist die Person.
5. Die Person werde aus der Distanz auf Farbflecken in Haaren oder Ohren begutachtet.
6. Wenn die Person beispielsweise sage, sie komme vom Einkaufen, sich aber im Rucksack keine Einkäufe befänden, sei dies ein Hinweis, dass diese Geschichte vielleicht nicht stimme. Habe die Person gesagt, sie komme vom Sport und im Rucksack befänden sich verschwitzte Sportsachen, so könne man davon ausgehen, dass diese Geschichte stimme.
7. Sofern die Kontrolle der Person und der Personalie nichts Auffälliges ergebe, sei die Kontrolle nach 2.30 Minuten beendet.
8. Der Person werde zum Abschluss noch der Grund der Kontrolle genannt: «Wir haben per Funk eine Durchsage bekommen. Es habe jemand etwas gesprayt und er trage einen Rucksack wie Sie. Besten Dank und einen schönen Tag.»
Keine übliche Sprayer-Kontrolle
Die Polizeikontrolle von Sinja Steinhauser und Elodie Märki lief anders ab. Die beiden Frauen wurden nach einer kurzen Befragung vor Ort auf den Posten gebracht, wo sie sich nackt ausziehen und ein aggressives Verhör über sich ergehen lassen mussten. Märki wurde zudem vorübergehend in eine Zelle gesteckt.
Die beiden beklagen sich in einer formellen Beschwerde über das Vorgehen, sie fühlen sich «erniedrigt und diskriminiert». Auch seien sie nie über ihre Rechte aufgeklärt worden und hätten die Namen der Beamten nie erfahren. Die Kantonspolizei bezieht nun durch Sprecher Toprak Yerguz Stellung zu den Vorwürfen:
Weshalb haben sich die Beamten während, vor und nach dem Verhör nicht mit Namen vorgestellt? Entspricht das der Praxis der Kantonspolizei?
Uniformierte Polizistinnen und Polizisten sind immer mit Namen oder mit Nummer angeschrieben und somit eindeutig identifizierbar.
Eine Anmerkung: Die Kantonspolizei führt keine Verhöre durch, sondern Kontrollen. Dabei stellt sie selbstverständlich auch Fragen, um den Sachverhalt zu ergründen.
Polizeigesetz §33 zu Legitimation
Weshalb wurden die Frauen gezwungen, sich nackt auszuziehen? Wie steht diese Anordnung zum vorgeworfenen Delikt?
Die Durchsuchung der Kleidung einer Person kann erforderlich sein, wenn dies zum Schutz der Polizistin/des Polizisten oder der durchsuchten Person selbst (siehe Obhutspflicht in der nächsten Antwort) geschehen muss. Ein weiterer Grund kann der begründete Verdacht sein, dass die kontrollierte Person Sachen in Gewahrsam hat, die von Gesetzes wegen sichergestellt werden dürfen. Falls sie durchgeführt wird, folgt die Durchsuchung der Kleidung immer demselben Ablauf. Dieses Standardvorgehen ist unabhängig vom Grad der möglichen Delinquenz.
Polizeigesetz §34 zur Kontrolle und §45 zur Durchsuchung
Wurde vor dem Alkoholtest die Einwilligung des Staatsanwalts eingeholt?
Der Atemalkoholgehalt wird gemessen, weil die Polizei einer Obhutspflicht für Personen unter ihrer Aufsicht untersteht und damit für ihr Wohlergehen verantwortlich ist. Bei hoher Intoxikation müssen allenfalls medizinische Abklärungen vorgenommen werden. Die Messung ist keine Zwangsmassnahme und bedarf nicht der Einwilligung der Staatsanwaltschaft.
Weshalb wurde Elodie Märki vorübergehend in eine Zelle gesteckt?
Polizeiliche «Anhaltungen» können notwendig sein, um weitere Abklärungen vorzunehmen. Angehaltene Personen, die wegen solcher notwendiger Abklärungen in Zellen verbracht wurden, können jederzeit mit den überwachenden Polizisten Kontakt aufnehmen.
«Festnahmen» werden von der Staatsanwaltschaft angeordnet.
Polizeigesetz §35 zu Anhaltungen, §37 zu Polizeigewahrsam
Kontrollierte Personen können sich äussern oder auch nicht – niemand ist zur Beantwortung der Fragen verpflichtet.
Läuft gegen Steinhauser und Märki ein Verfahren? Wegen welcher Vorwürfe wurde der Fall an die Staatsanwaltschaft überwiesen?
Zu konkreten Fällen können wir keine Auskunft geben.
Entspricht der in der Beschwerde geschilderte Ablauf der Kontrolle der Praxis der Kantonspolizei Basel-Stadt?
Siehe vorherige Antwort. Wenn sich eine Person an die Beschwerdestelle richtet, wird sie immer Antwort auf ihr Schreiben erhalten.
Weshalb wurden die beiden Frauen zu keinem Zeitpunkt auf ihre Rechte hingewiesen?
Die Kantonspolizei führt keine Einvernahmen durch, vielmehr ergründet sie den Sachverhalt. Kontrollierte Personen können sich äussern oder auch nicht – niemand ist zur Beantwortung der Fragen verpflichtet (Ausnahme bei Gefährdung von Leib und Leben). Die Rechte im polizeilichen Freiheitsentzug sind sowohl in den Abklärungsräumen wie in den Zellen klar aufgeführt. Ganz grundsätzlich gilt für kontrollierte Personen im Gespräch mit der Polizei: Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück.