Boden und Erde sind teuer und rar, darin sind sich die Agrarminister Mitteleuropas einig. Am Donnerstag trafen sich die Magistraten im aargauischen Frick, um sich darüber auszutauschen, wie dem Bodenschwund entgegenzutreten ist.
Eigentlich zieht Christian Schmidt die Wurst vor. Das zeigte jedenfalls das Fleischtablett, das er diese Woche der «Bild» lächelnd vor die Kamera hielt. Die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO hatte vor verarbeitetem Fleisch gewarnt, Schmidt, der Landwirtschafts- und Ernährungsminister Deutschlands, relativierte umgehend.
Am Mittwoch wandte er sich nun dem Fisch zu. Auf Einladung seines Schweizer Pendants, Bundesrat Johann Schneider-Ammann, speiste Schmidt gemeinsam mit dem Luxemburgischen Agrarminister Fernand Etgen und der Österreichischen Agrarministeriumsvertreterin Christa Bauer Fisch aus einer Aquaponic-Kultur in Basel. «Der Tomatenfisch», verkündete Schmidt schliesslich am Donnerstag vor versammelter Presse in Frick, habe hervorragend gemundet.
«Die zweitwichtigste Ressource der Menschheit»
Hier, genauer am FiBL, dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau, debattierten die Agrarminister darüber, weshalb sie zusammengekommen waren: wegen dem Boden. Dem geht es nämlich nach einhelliger Meinung ziemlich dreckig.
In einem «Communiqué zur Bewahrung der landwirtschaftlichen Flächen» wurde das Thema von denselben Vertretern vor einem Jahr im bayerischen Bad Windsheim angestossen. Das von den Vereinten Nationen proklamierte «Internationale Jahr der Böden» ist also nicht der Grund, weshalb die Problematik nun in Frick vertieft wurde. Denn immerhin, so Luxemburgs Agrarminister Etgen, sei er, der Boden, nach dem Wasser die wichtigste Ressource der Menschheit.
Oberste Priorität auf der politischen Agenda
«Doch der Agrarlandverlust ist zu gross, und die Bodenpreise steigen», erklärte Bundesrat Schneider-Ammann. Darum geniesse das Thema Boden oberste Priorität auf der politischen Agenda. Und die befasst sich mit Fragen, wie der Landwirtschaft auch in Zukunft die nötigen Flächen zur Verfügung gestellt werden können. Oder wie der Problematik anonymer Anlagegesellschaften, die den agrarischen Boden vielmehr als Anlage denn als schützenswertes Nutzungsmodell sehen, rechtlich beizukommen sei. Schneider-Ammann lobte, dass die Sensibilität für die Thematik sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene gewachsen sei.
Christian Schmidt betonte, dass die familienorientierte bäuerliche Produktion durch den ansteigenden Nutzungsdruck beeinträchtigt werde. «Um dem zu begegnen, müssen wir auch unorthodoxe Wege beschreiten», erklärte er und war wieder bei den Urban Farmers in Basel angelangt, die mit ihrem Aquaponic-Projekt auf vermeintlich landwirtschaftlich nicht nutzbarem Raum Fisch und Gemüse in gegenseitigem Einklang kultivieren. An der abschliessenden Führung durch die Forschungsanstalt kamen die Politiker dann übrigens auch noch in direkten Kontakt mit dem corpus delicti – Erde – in Berührung.
Dass das Treffen auf dem Gelände des FiBL in Frick stattfand, wo die Forschung am Erhalt der landwirtschaftlichen Böden wichtiger Pfeiler ist, ist kein Zufall. Hier arbeiten europäische Partner Hand in Hand. Ausserdem ist die reduzierte Bodenbearbeitung, die hier erforscht wird – also die Reduktion oder gar der Verzicht auf das Pflügen und eine Landwirtschaft ohne Herbizide und leicht lösliche Mineraldünger – bisher äusserst erfolgreich. «Wir sind selbst überrascht», so FiBL-Direktor Urs Niggli.