Die Spitzenmieten in der Innenstadt sinken

Hausbesitzer können mit der Vermietung heute mehr Geld verdienen als mit dem Betrieb eines eigenen Geschäftes. Die Geschäftsmieten an der Freien Strasse steigen seit Jahren, allerdings sinken die Spitzenmieten nun in der Tendenz.

Steigen die Mieten, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass aus Verkäufern Immobilienbewirtschafter werden.

(Bild: Nils Fisch)

Hausbesitzer können mit der Vermietung heute mehr Geld verdienen als mit dem Betrieb eines eigenen Geschäftes. Die Geschäftsmieten an der Freien Strasse steigen seit Jahren, allerdings sinken die Spitzenmieten nun in der Tendenz.

Sie gehörten zu den letzten Basler Traditionsgeschäften in der Freien Strasse und galten für viele als ultimatives Überbleibsel der einstigen illustren Basler Einkaufsmeile: das Sportgeschäft Kost Sport und das Modehaus Spira. Während ringsum die internationalen Ladenketten einzogen, hielten sie das lokale Fähnchen hoch. Kost Sport hat sein Geschäft bereits vor einigen Monaten geschlossen, letzte Woche gab nun auch Spira das Aus bekannt.

Der Grund, dass diese beiden Geschäfte so lange ausgeharrt haben, ist einfach: Beide Geschäftsinhaber sind Eigentümer der betreffenden Liegenschaft und konnten sich dadurch lange halten, obwohl die Mietpreise entlang der Freien Strasse seit Jahren steigen. Zwar steht der frühere Kost Sport noch leer, doch die Vermietung der Ladenfläche dürfte für die Aktionäre der Kost Sport AG weitaus lukrativer werden, als es der Betrieb des Sportgeschäftes zuletzt war. Gleiches gilt für Spira, dessen Geschäftsführer François Spira noch vor einem halben Jahr gegenüber «20 Minuten» angab, regelmässig lukrative Angebote für seine Immobilie zu bekommen.

Das Geschäft mit Immobilien an einer Toplage wie der Freien Strasse ist einträglich, das bestätigt Michel Molinari, Präsident des hiesigen Ablegers des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT). «Die Mietpreise in der Freien Strasse sind in den letzten zehn, zwanzig Jahren stetig gestiegen, die Umsätze und Margen hingegen wurden zuletzt immer kleiner.»

Als Vermieter sind die Kosten überschaubar, während man sich als Ladenbetreiber mit hohen Fixkosten einem grossen Risiko aussetzt.

Aus wirtschaftlicher Sicht sei es also durchaus nachvollziehbar, wenn sich ein Ladenbesitzer entschliesse, sein Geschäft aufzugeben und stattdessen Vermieter zu werden. «Das gilt insbesondere für diejenigen Anbieter, deren Geschäft durch Onlinehandel und Einkaufstourismus besonders bedroht ist», sagt Molinari.

Hinter einem solchen Entscheid steht eine simple Rechnung: Als Vermieter sind die Kosten überschaubar, während man sich als Ladenbetreiber mit hohen Fixkosten einem grossen Risiko aussetzt. «Anders als bei Wohnflächen wird bei Geschäftsflächen ein grosser Teil des Unterhalts an den Mieter übertragen», sagt Molinari. Wie einträglich das Immobiliengeschäft an attraktiver Lage ist, zeigt ein Blick auf die aktuellen Mietzinse.

Denn die Miete von Verkaufsflächen in der Basler Innenstadt geht ins Geld. Der Immobiliendienstleister Wüest & Partner (W&P) errechnet in Basel-Stadt für das teure Segment einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 356 bis 870 Franken pro Jahr. Möchte man hingegen einen Laden in der Innenstadt mieten, gehen die Preise rasant hoch. In der Grossbasler Altstadt oder in Bahnhofsnähe liegen die Mieten bereits zwischen 723 und 1610 Franken.

An der Freien Strasse betragen die Spitzenmieten 3000 Franken pro Quadratmeter – und dabei sind die Preise bereits gesunken.

Die Entwicklung der marktüblichen Mieten ist dabei höchst dynamisch. «Von 2010 bis 2015 sind die Mieten in der Basler Innenstadt bei den ausgeschriebenen Verkaufsflächen zwischen 25 und 30 Prozent angestiegen», sagt Robert Weinert, Ökonom bei W&P. Die Preisentwicklung hänge aber stark von der Lage ab.

Erstaunlicherweise sind gerade die Mieten an der besten Lage in der Freien Strasse in den letzten Jahren gesunken, wie die Beobachtungen von W&P zeigen. Seit 2013 sanken die Spitzenmieten dort von 3700 Franken auf 3000 Franken. «Auch in anderen Schweizer Städten zeigt sich diese Entwicklung an Toplagen», sagt Weinert. Er geht davon aus, dass für den Rest der Innenstadt der Höhepunkt ebenfalls erreicht sei: «Die Preise in der Innenstadt werden dem Trend der Spitzenmieten an der Freien Strasse voraussichtlich folgen.»

Konkret bedeutet das, dass ein Laden wie etwa das Modehaus Esprit an der Freien Strasse 23 (vormals Füglistaller) einen jährlichen Mietzins in Millionenhöhe bezahlt. Die Verkaufsfläche bei Esprit beträgt gemäss Immobilieneigentümerin 900 Quadratmeter. Es ist eines der schönsten Ladenlokale an der Freien Strasse und dank der Nähe zum Marktplatz dürfte dort auch die Kundenfrequenz enorm hoch sein. Es liegt also nahe, dass sich der Mietzins im Bereich der Spitzenmiete bewegt. Bei 3000 Franken pro Quadratmeter und Jahr würde der Mietzins für Esprit also 2,7 Millionen Franken betragen.

Auch SVIT-Präsident Molinari beobachtet sinkende Mieten. «Das schlechte Geschäft im Einzelhandel drückt auch auf die Mieten. Bei fallenden Umsätzen sind die Mieter weniger bereit, allzu hohe Mietzinsen zu bezahlen.» Weil die Laufzeiten solcher Mietverträge jedoch selten weniger als fünf Jahre betragen würden, sei dies eine mittelfristige Entwicklung. Wer jetzt in einer teuren Immobilie geschäftet, kann lange warten, bis seine Miete sinkt.



Das Gebäude an der Freien Strasse 23 gehört der Fondsgesellschaft Aachener Grundvermögen. Esprit mietet dort über 900 Quadratmeter Ladenfläche.

Das Gebäude an der Freien Strasse 23 gehört der Fondsgesellschaft Aachener Grundvermögen. Esprit mietet dort über 900 Quadratmeter Ladenfläche. (Bild: Hans-Joerg Walter)

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