Lohnskandal auf Messebaustelle

Mutmasslich über fünfzig Elektriker bekamen keinen Lohn, weil in einer Subunternehmerkette Geld verschwand. Messe und der Generalunternehmer bestätigen den wohl grössten Lohnskandal, verschweigen aber das Ausmass.

In der Elektriker-Subunternehmerkette auf der Messebaustelle verschwand Geld. (Bild: Michael Würtenberg)

Mutmasslich über fünfzig Elektriker bekamen keinen Lohn, weil in einer Subunternehmerkette Geld verschwand. Messe und der Generalunternehmer bestätigen den wohl grössten Lohnskandal, verschweigen aber das Ausmass.

Es ist wohl der grösste Lohnskandal auf der Messebaustelle: Insgesamt gegen hundert Elektriker hätten seit Dezember keinen Lohn mehr bekommen. Dies schreibt einer der Betroffenen in einem anonymen Mail an die Gewerkschaft Unia. Messe und der Generalunternehmer HRS bestätigen den Vorfall, wollen sich aber nicht zum Ausmass äussern. «Es sind Abklärungen in Arbeit und solange nichts nachgewiesen ist, können wir keine Stellungnahme abgeben», so Martin Kull, CEO des Genralunternehmers HRS Real Estate. Doch Recherchen der TagesWoche zeigen, dass es sich wohl um den grössten Lohnskandal auf der Messebaustelle handelt.

Unbestritten ist, dass in einer Subunternehmerkette der Elektriker Geld verschwand. Oberstes Glied dieser Kette ist die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Elektro bestehend aus vier Elektrofirmen. Diese wiederum haben einen Teil des Auftrags weitergeben, weil sie wegen des «äusserst engen Bauprogramms» auf zusätzliches Personal angewiesen gewesen seien. Den Zuschlag bekam die Firma Trigon Elektro AG mit Sitz in Zürich. Diese wiederum gab den Auftrag noch einmal weiter an die slowenische Firma Hidro Mat. Und deren Angestellte am Ende der Kette sind es offenbar, die auf den Dezember- und Januarlohn warten.

Über das Ausmass der Betroffenen gehen die Aussagen auseinander. Gemäss Arge Elektro habe Hidro Mat aber nie mehr als 45 Elektriker auf der Messebaustelle eingesetzt. Die Gewerkschaft Unia hingegen spricht von gegen 70 Elektrikern, die am Ende dieser Kette die elektrischen Arbeiten ausgeführt hätten.

Alle schweigen zum Ausmass

Die Arge Elektro betont, dass «die im Jahre 2012 erbrachten Leistungen in der Subunternehmerkette von der Arbeitsgemeinschaft vollumfänglich und vertragskonform an die Trigon Elektro vergütet worden seien.» Doch zum Ausmass des Lohnskandals will sich die Arge Elektro wie die Messe und der Generalunternehmer HRS nicht äussern: «Auskunftsberechtigt in dieser Angelegenheit ist die Trigon Elektro AG», erklärt die Arge. Doch dort bleiben mehrere mündliche und schriftliche Anfragen der TagesWoche unbeantwortet.

Auskunftsfreudiger zeigt sich der ehemalige Verwaltungsratspräsident der Firma Trigon Elektro, André Walter Dürst. Er sei aus der Firma ausgestiegen, weil die Trigon den Auftrag der Arge Elektro für Elektrikerarbeiten auf der Messebaustelle zu einem viel zu tiefen Preis angenommen habe. Denn er habe überschlagsmässig berechnet, was der Firma bleibe, wenn sie sich an Mindestlöhne und Vorschriften halte: ein Verlust von 150 000 Franken. Er habe deshalb die Verantwortlichen der Firma zur Rede gestellt: «Bei einem solch tiefen Preis, müsstet ihr ja das ganze Material stehlen, damit es noch rentieren würde, habe ich ihnen gesagt.» Sie hätten ihn beschwichtigt: Das sei deshalb kein Verlustgeschäft, weil sie «unheimlich günstige» Elektriker auftreiben könnten.

Verwaltungsratspräsident trat sofort zurück

Für Dürst war klar: Das können nur ausländische Elektriker sein, die zu Dumpinglöhnen von fünf Franken die Stunde arbeiten würden. Er legte sein Mandat sofort nieder. Das war Ende Mai 2012 – keine zwei Monate nach der Gründung der Trigon Elektro AG. Tatsächlich standen am Ende der Subunternehmerkette auf der Messe-Baustelle schliesslich slowenische Elektriker im Einsatz.

Und diese slowenischen Elektriker arbeiteten zu einem Dumpinglohn, hatte die Gewerkschaft Unia schon vor Monaten gewarnt. Gestützt auf diesen und weitere Fälle von mutmasslichem Lohndumping hatte die Gewerkschaft eine Grosskontrolle verlangt. Das Amt für Wirtschaft und Arbeit liess schliesslich im November 130 Arbeiter kontrollieren. Dort stiessen die Kontrolleure wiederum auf neue Fälle, nämlich auf über ein Dutzend polnischer Gipser, die zu einem Dumpinglohn von 14 Franken arbeiteten.

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