«Man kann auch in Schönheit sterben»

Die Direktorin des Schweizerischen Markenverbands Promarca, Anastasia Li–Treyer, über die Bedeutung von Swissness und Marken anhand der Beispiele Elmex, Toblerone und Ovomaltine.

Symbole: Die Franzosen haben den Eiffelturm, die Spanier den Stierkampf, wir Schweizer Kuhglocken und Toblerone. (Bild: Keystone/Peter Klaunzer)

Die Direktorin des Schweizerischen Markenverbands Promarca, Anastasia Li–Treyer, über die Bedeutung von Swissness und Marken anhand der Beispiele Elmex, Toblerone und Ovomaltine.

Die Aufrufe der Konsumenten, die Elmex-Zahnpasta künftig zu boykottieren, zeigten auch, dass Elmex als Schweizer Marke wahrgenommen wird. Obwohl Gaba seit 2004 zum interna­tionalen Konzern Colgate-Palmolive gehört. Wir fragten Anastasia Li-Treyer, Direktorin des Schweizerischen Markenverbands Promarca, nach der Bedeutung von Swissness.

Anastasia Li-Treyer

(Bild: zVg)

Frau Li, was sagen Sie zu den heftigen ­Reak­tionen der Kon­sumentinnen und Kon­sumenten auf die ­An­kündigung von Gaba, künftig in Polen zu pro­duzieren?

Wegen des starken Frankens ist die Situation für export­orientierte Unternehmen sehr schwierig. Man sollte es ­deshalb einem Unternehmen nicht übel nehmen, wenn es versucht, langfristig wett­bewerbsfähig zu bleiben. Vor allem nicht, wenn wertsteigernde Arbeitsplätze in der Schweiz bleiben. Mit der Marke Elmex verbindet der Konsument vor allem Einzigartigkeit und Qualität, diese kann jedoch unabhängig vom Produktionsstandort gewährleistet werden.

Aber verbindet man nicht immer noch Qualität sehr stark mit der sogenannten Swissness?

Mit Swissness allein kann ich kein Produkt ­verkaufen! Trotzdem sollte in der Swissness-Debatte bald eine Lösung gefunden werden, damit der Schutz von Schweizer Produkten im Ausland sichergestellt werden kann. In der Debatte sollte nicht der Prozentsatz der in der Schweiz hergestellten Anteile eines Produkts im Mittelpunkt stehen, sondern der Innovations- und Produktionsstandort Schweiz.

Drei Stichworte zum Thema Marke und Verbraucher, von Ihrem Verband übernommen: Vertrauen, Orientierung, Identifikation. Wie steht es denn damit, wenn ein Produkt irgendwo auf der Welt hergestellt wird?

Es kommt auf das Produkt an. Für ein Heimatwerk beispielsweise ist die Positionierung als klassisches Schweizer Produkt selbstverständlich wichtig. Aber für die meisten anderen Produkte sind andere Merkmale ebenso wichtig. Nochmals: Swissness allein reicht nicht. Letztlich zählt die Erfahrung, die ein Konsument mit einer Marke macht. Ist sie gut, wird er die Marke weiterhin kaufen.

Es gingen schon einige typische Schweizer Marken verloren. Berühmte Beispiele sind die Toblerone oder die Ovomaltine, die beide in internationalen Nahrungsmittelkonzernen aufgegangen sind.

Das sind gute Beispiele. Diese beiden Marken sind stärker geworden, sie wurden weiterentwickelt. Es kann sein, dass das nicht möglich gewesen wäre, wenn sie nicht von den grossen Konzernen übernommen worden wären. Man kann auch in Schönheit sterben. Ausserdem werden sowohl Toblerone als auch Ovomaltine weiterhin in der Schweiz produziert. Wichtig ist, dass bei jedem neuen Schritt der Kern der Marke im Mittelpunkt bleibt.

Braucht es Ihren Verband noch, wenn die Marken als Originale verloren gehen?

Marken gehen ja nicht verloren. Im Gegenteil: Marken haben ein enormes Potenzial, weil sie Einzigartigkeit vermitteln. Das sucht der ­Konsument. Und wir setzen uns ein für die ­Interessen der Markenproduzenten im Konsumgüterbereich und für ein faires Marktumfeld.
tageswoche.ch/+bbjml

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.11.12

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