Die Stimmberechtigten der Gemeinde Risch-Rokreuz bewilligten am Wochenende ein Ausbildungszentrum der Novartis. Wie eine Nachfrage ergibt, wurde das Pro-Komitee von der Firma Novartis finanziell unterstützt. Über die Höhe der Unterstützung schweigen sich die Beteiligten aus. Der Fall zeigt exemplarisch: Der von der Lehre und der Politik erhobenen Forderung nach Transparenz bei Abstimmungen wird auch auf lokaler Ebene noch kaum je nachgelebt.
Die ehemalige Rischer Kantonsrätin Anne Ithen hatte sich in Leserbriefen wiederholt deutlich gegen das Vorhaben der Novartis im Gut Aabach ausgesprochen. Sie stellte unter anderem auch die Frage nach der Herkunft und Höhe der finanziellen Mittel des Pro-Komitees: «Die Befürworter der Umzonung konnten es sich zum Beispiel leisten, im Dorf unzählige Ja-Plakate in Grossformat aufzuhängen. Ich möchte einfach wissen, wer dies alles bezahlt.»
Tatsache ist: Das Rotkreuzer Pro-Komitee betrieb im Vorfeld der Abstimmung einen ungewöhnlich aktiven Abstimmungskampf. Wer bezahlte diese Aktivitäten? Die Nachfrage im Vorfeld der Abstimmung gestaltete sich schwierig. Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella verwies auf Anfrage auf die Novartis-Pressestelle: «Ich bin über diese Aktion weder informiert noch bin ich in sie involviert.» Isabel Guerra, Pressesprecherin von Novartis International AG, erklärte: «Wir begrüssen das Engagement des Aktionskomitees für unser Projekt sehr und haben unsere Unterstützung zugesagt.» Von den angefragten Mitgliedern des Pro-Komitees nahm einzig Michel Ebinger Stellung: «Die Firma Novartis hat uns ihre Unterstützung zugesagt und einen Beitrag zur Bezahlung der Kosten geleistet.»
Keine Auskunft war in Bezug auf das Ausmass der Unterstützung erhältlich. Michel Ebinger: «Das Komitee arbeitet ehrenamtlich und somit sind nur Plakate und Flyer zu finanzieren. Diese Kosten sind nicht sehr hoch und weitere Auskünfte sind weder notwendig noch sinnvoll.» Auch Isabel Guerra vom Novartis Pressedienst gab sich zugeknöpft: «Über die Höhe einzelner Beiträge geben wir keine Auskunft.»
Freiwillige Deklaration als möglicher Ausweg
Rechtsprofessorin Martina Caroni von der Universität Luzern forscht unter anderem im Bereich der Finanzierung politischer Kampagnen. «Aus demokratie- und grundrechtstheoretischen Überlegungen sollte für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger transparent gemacht werden, wer politische Kampagnen finanziert.» Nach Ansicht von Martina Caroni sollte dabei nicht nur dargelegt werden, wer eine Kampagne finanziert, sondern insbesondere auch, in welcher Grössenordnung dies passiert: „Die Forderungen gehen in der Regel dahin, dass nicht jeder kleinste Betrag offengelegt werden soll, sondern dass eine gewisse Untergrenze zu definieren wäre.»
Rechtsprofessor Markus Schefer von der Universität Basel verweist auf die Anliegen der Wahl- und Abstimmungsfreiheit (Art. 34 BV). Leider fehle es in der Schweiz in Sachen Transparenz noch an den nötigen Vorschriften. Je nach Höhe der eingesetzten Mittel sei nämlich für den Stimmbürger eine einigermassen freie Willensäusserung unter Umständen gar nicht mehr möglich. Lukas Schaub von der Universität Basel, der soeben eine Dissertation zum Thema der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen geschrieben hat, ergänzt: «Transparenz dient der Chancengleichheit in Abstimmungskampagnen, weil dadurch Partikularinteressen sichtbar werden.»
Angesichts der fehlenden gesetzlichen Regelung sieht Daniela Christen von Transparency International Schweiz einen möglichen Ausweg darin, dass die Bürgerinnen und Bürger die Firma Novartis und das Komitee zu einer freiwilligen Deklaration auffordern würden. Transparenz sei nämlich geradezu ein Kernthema der Demokratie. Die Gegner der Rischer-Umzonung legen ihre Ausgaben offen. Gemäss Auskunft von Hanni Schriber, Präsidentin von Gleis 3 Alternative Risch-Rotkreuz, betrug der Aufwand der Projektgegner rund 2’400 Franken.