Die Basellandschaftliche Kantonalbank stand oft im Schatten der Basler. Heute ist sie ganz froh darüber. Sie kann in aller Ruhe zuschauen, wie die Basler Kantonalbank im US-Steuerstreit strampelt
Wie auch immer das Schwarzgeld-Abenteuer für die Basler Kantonalbank ausgeht, eine Frage wird bleiben: Wie konnte es so weit kommen, dass der Kanton Basel-Stadt für US-Steuerschwindler geradestehen muss?
In der Stadt sind dazu kaum Antworten zu erhalten – und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand. Das Finanzdepartement von Eva Herzog (SP) hat ein Gesuch der TagesWoche zur Einsichtnahme in die Berichte abgelehnt, die vom und zum Bankrat übermittelt worden sind und in denen die Offshore-Kunden Thema waren.
Doch es gibt schon Antworten auf die Kardinalfrage. Sie liegen in der Vergangenheit und sie liegen draussen auf dem Land, wo auch das Bankwesen einen anderen Charakter hat als in der Stadt. Antworten findet man bei Werner Degen, der bis 2007 Bankratspräsident der Basellandschaftlichen Kantonalbank war. Heute ist Degen pensioniert, er betreibt noch ein kleines Beratungsunternehmen. Er ist ein prinzipienfester Mann. «Man tut immer so, als gebe es keine ethischen Regeln beim Banking», sagt Degen.
Er sagt auch: Das Bankgeschäft ist eine Folge von Entscheiden, kein Lauf der Dinge, der eine Bank in eine kompromittierende Situation schlittern lässt. «In unserer Kantonalbank hatte das Geschäft mit unversteuerten Geldern keinen Platz. Wir haben nach der Devise gehandelt: Wer in einem Rolls-Royce vorfährt, kann kein BLKB-Kunde sein.» Degen räumt aber ein, dass es mitunter schwer nachzuvollziehen ist, ob es sich bei den Einlagen um Schwarzgeld handelt. Heikel wird das bei US-Kunden. Um hier die Übersicht zu bewahren, sei ein gigantischer Kontrollapparat nötig.
Ein Linker baute die Bank aus
Diesen Apparat hat sich die Basler Schwesterbank nach und nach aufgebaut. Sie ist dank der Erträge aus der Vermögensverwaltung, aber auch aufgrund des starken Handelsgeschäfts den Baselbietern in den letzten 15 Jahren enteilt, wie aus den Grafiken deutlich wird. Dabei war die Ausgangslage für beide Banken Anfang der 1990er-Jahre gleich. Die Immobilienkrise hatte deutliche Spuren hinterlassen. Die BKB sass auf faulen Krediten in Millionenhöhe. Ausgerechnet ein einst bis ins Knochenmark Linker zog den Umbau durch. Willi Gerster, einst Poch-Mitglied, heute bei der SP, richtete die Bank zusammen mit dem ehemaligen CS-Banker Guido Utzinger neu aus.
Das Duo holte Werner Sigg von der Volksbank als neuen Bankchef. Daraufhin wurde nahezu das gesamte Topkader ausgetauscht, wodurch eine neue Mentalität in die Bank kam. Die BKB sollte nicht mehr nur die biedere Bank der Bausparer und von Malermeister Müller sein, der sich Geld für einen Kia Bongo borgen will.
Hans Ringger, ein ehemaliger Weggefährte Siggs, war der richtige Mann dafür. Privat Banker Ringger schaffte als Chef des Basler Ablegers in Zürich gewaltige Summen heran. Im Zuge des US-Steuerstreits hat er sich unlängst in Richtung Pension verabschiedet. Seine Leute sollen Türöffner für ehemalige UBS-Kunden gewesen sein.
Die BKB wuchs und wuchs. Sie übernahm Mitarbeiterbanken aus der Pharmaindustrie und schliesslich als grossen Coup die Bank Coop. Auch das Geschäft mit vermögenden Kunden florierte, auch wenn die BKB nicht wie die Bank Sarasin der Geldverwalter des Daig wurde.
Erhöhte Temperatur
Während die BKB in eine andere Liga aufstieg, blieb die basellandschaftliche die bedächtige und belächelte klassische Kantonalbank. Als sie einmal ihr Image abstreifen wollte, gings daneben: Mit dem Kauf der Privatbank AAM 2001 schien sie den Einstieg in die nationale und internationale Vermögensverwaltung geschafft zu haben. 2009 war der Zauber bereits wieder aus: Die Baselbieter verkauften die AAM mit 3 Milliarden Franken Kundengeldern an die BKB, wo Gersters Nachfolger Andreas Albrecht (LDP) und Bankchef Hans Rudolf Matter die Betriebstemperatur nochmals erhöhen wollten.
Die emsigen AAM-Geldsammler, die auch US-Klientel betreuten, und die Kantonalbanker fanden nicht zusammen. Zudem blickte die BLKB sorgenvoll auf die veränderte Grosswetterlage in der Vermögensverwaltung: «2007 zeichnete sich ab, dass sich das regulatorische Umfeld stark verändert», begründet der heutige BLKB-Chef Beat Oberlin den Kurswechsel. Oberlin ist 2005 an die Spitze der Geschäftsleitung gerückt. Offenbar waren die Sensoren im Baselbiet feiner eingestellt als jene in der Stadt.
Oberlins Prinzipien mögen in den Ohren ehrgeiziger Geldvermehrer wie eine faule Ausrede klingen. Sie führten aber dazu, dass die Baselbieter gelassen beobachten können, wie die Basler strampeln. Oberlins Losung: «Wir machen nur Geschäfte, die wir verstehen. Angelsächsisches Recht verstehen wir nicht.» Auf die Frage, ob denn nie die Forderung des Kantons gekommen sei, mehr Gewinn abzuliefern, antwortet er: «Wir haben einen sehr besonnenen Eigentümer.» In Basel, heisst es, hätten Eva Herzog wie auch ihr Vorgänger Ueli Vischer (LDP) nie vergessen, auf das Wohl der Staatskasse hinzuweisen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.02.12