Warnstreik auf dem Novartis-Campus

Fünf Bauarbeiter der e-Therm, einer Tochterfirma der Thuner Baufirma Frutiger AG, legten am Donnerstagmorgen ihre Arbeit auf dem Novartis-Gelände nieder. Sie wollen nicht länger zu den schlechteren Bedingungen arbeiten als die anderen Arbeiter auf der Baustelle.

 

Warnstreik auf dem Novartis-Campus. (Bild: Jan Krattiger)

Fünf Bauarbeiter der e-Therm, einer Tochterfirma der Thuner Baufirma Frutiger AG, legten am Donnerstagmorgen ihre Arbeit auf dem Novartis-Gelände nieder. Sie wollen nicht länger zu den schlechteren Bedingungen arbeiten als die anderen Arbeiter auf der Baustelle.

Umringt von zahlreichen Gewerkschaftsvertretern in roten Jacken und Helmen stehen die fünf Bauarbeiter der e-Therm auf der Baustelle des Novartis Campus, wo sie normalerweise Erdwärmebohrungen durchführen. Heute jedoch bleiben die imposanten, meterhohen Bohrmaschinen unbedient – die Arbeiter sind um 7 Uhr morgens in einen Warnstreik getreten.

Gemäss Hansueli Scheidegger, Leiter des Bereichs Bau der Gewerkschaft Unia, machen auf der selben Baustelle – nur einige Meter von den Bohrmaschinen der e-Therm entfernt – Arbeiter von einer anderen Baufirma dieselben Bohrungen mit denselben Maschinen, allerdings unter dem sogenannten Landesmantelvertrag (LMV). Die fünf Bauarbeiter der e-Therm würden so in vier Punkten benachteiligt: «Sie arbeiten über 50 Stunden pro Woche, das heisst 228 Stunden pro Jahr mehr als erlaubt», so Scheidegger. Ausserdem hätten viele, insbesondere ältere Arbeiter, eine Woche weniger Ferien als im LMV vorgesehen und es sei nicht klar, wann und wie sie von einer Frühpensionierung profitieren könnten. Schliesslich werden den Bauarbeitern der e-Therm, die von weiter her zur Baustelle kommen müssen, diese Umtriebe nicht vergütet.

Entscheid vor fünf Jahren

«Vor fünf Jahren wurde von Arbeitgebern und -nehmern entschieden, dass Erdbohrungen zum Landesmantelvertrag dazugehören», erklärt Scheidegger. Die Unia als Gewerkschaftsvertreterin habe bereits vor zwei Monaten das Gespräch mit der Thuner Frutiger AG, einer der grössten Schweizer Baufirmen, gesucht. Resultate wurden keine erzielt, weshalb die fünf Bauarbeiter nun mit einem Warnstreik ein Zeichen setzen wollen.

Der Bauführer der kleinen Gruppe, Franz Stützer, verfolgt mit dem Warnstreik ein Ziel: «Wir möchten unter den Bedingungen des LMV arbeiten wie die anderen Bauarbeiter». Wie die Frutiger AG auf die Massnahme reagieren werde, sei indes ungewiss. «Ich habe die Firma während der letzten 20 Monate immer wieder darüber informiert, dass das nicht richtig ist». Die Antwort sei deutlich gewesen: «Wir sind die Firma e-Therm, wir dürfen das.»

Rechtszustand herstellen

Die streikenden Bauarbeiter hoffen nun, mit Unterstützung der Unia schnellstmöglich mit der Frutiger AG an einen Tisch sitzen zu können, um diese Forderungen durchzusetzen. Der Unia geht es darum, «den Rechtszustand herzustellen». In einem schweizweiten Kontext gehe es auch um das Prinzip, denn «im Extremfall sind bis zu 500 Leute betroffen von solch ungleichen Arbeitsverhältnissen» – insgesamt gebe es 12 Baustellen, auf denen Verhältnisse wie auf dem Novartis Campus herrschten. Scheidegger befürchtet, dass viele kleinere Bauunternehmen nachziehen und dieselben Anstellungsverhältnisse abseits des LMV durchsetzen würden, wenn jetzt nichts passiert.

Die Unia sieht auch die Novartis in der Pflicht, da sie Auftraggeberin der Baustelle ist: «Wir erwarten von der Novartis, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt und bei der Frutiger AG interveniert», sagt Scheidegger. Ansonsten mache sie sich mitschuldig. Jetzt hofft die Gewerkschaft, möglichst bald mit Vertretern der Frutiger AG an den Verhandlungstisch sitzen zu können. Kritik kommt jetzt auch von den Sozialdemokraten: Diese fordern von der Frutiger AG ein konsequentes Eingreifen.

 

 

Nächster Artikel