Mitten im Lysbüchel-Areal befindet sich ein kleines Restaurant, das mit unzähligen Schweinefiguren geschmückt ist. Die Säulikantine wird vor allem um die Mittagszeit von Arbeitern aufgesucht. Mit dem geplanten Ende der Gewerbezone steht auch die Beiz vor einer ungewissen Zukunft.
Es ist wohl das versteckteste Restaurant Basels. Zugleich ist es vielleicht der weniger bekannte Gegenpol zu so manchem schicken Szenelokal im St. Johann: Verborgen zwischen Werkstätten und einem Schrottplatz, im Niemandsland bei der Grenze zu Frankreich, ist die von aussen eher unauffällige Säulikantine zu finden.
In der Beiz, die sich mitten in der Gewerbezone Lysbüchel befindet, ist vor allem währschafte Hausmannskost angesagt. Fünf Arbeitskollegen einer Baufirma unterhalten sich gemütlich zu Paprikahühnchen mit Teigwaren. Sie kommen jeweils einmal pro Woche über Mittag vorbei und schätzen die fairen Preise. «Zudem kennt’s nicht jeder», meint einer von ihnen.
Von aussen her eher unauffällig: Hinter der Lysbüchelstrasse versteckt sich eine der letzten Gewerbebeizen Basels. (Bild: Michel Schultheiss)
Ein kleines Schweinchen-Museum
Lokale dieser Art sind mit dem Verschwinden der städtischen Industrieareale zu einer Seltenheit geworden: «Wir gehören noch zu den wenigen Beizen innerhalb einer Gewerbezone», sagt der «Säuliwirt» Martin Kocher, welcher das Lokal seit 13 Jahren führt. Eine Kantine war’s früher mal, heute ist’s ein eigenständiger Gastrobetrieb, der aber seinen lustigen Namen beibehalten hat.
So fanden immer mehr Schweinchen ihren Weg ins Lysbüchel-Areal: Gäste spendeten unaufgefordert «Säuli» aller Art – ob Miniaturen, Fasnachtslarven oder Flaschenhalter. Von allen Seiten schauen nun herzige und kitschige Ferkel und Eber in allen Varianten den Gästen zu. Somit macht die Beiz zwar noch lange nicht dem Schweinemuseum in Stuttgart Konkurrenz, doch die Sammlung lässt sich durchaus sehen.
Schweinchen, so weit das Auge reicht: In der ehemaligen Lagerhalle hausen nun viele Säuli. (Bild: Michel Schultheiss)
Vom Eisenlager zur Familienbeiz
Das Restaurant ist aus einem Hobby heraus entstanden: Martin Kocher führt eigentlich einen Eisenlegerbetrieb. Er steht aber – ganz seinem Nachnamen entsprechend– seit Jahren gerne hinter dem Kochherd und war Küchenchef im Zivilschutz. Die heutige Säulikantine war ursprünglich eine Lagerhalle seines Betriebs. Allmählich baute er sich das Restaurant auf, und so wichen die Armierungseisen langsam den Kochtöpfen. Nun kann er jeweils direkt vom Büro in die benachbarte Küche wechseln. Dabei ist die Säulikantine ein waschechter Familienbetrieb: Martin Kocher kann auf die Unterstützung seiner Schwestern, seiner Frau, seines Sohnes und der Tochter zählen.
Laut Kocher kommen die meisten Gäste nicht in erster Linie von den rund dreissig Betrieben auf dem Lysbüchel, sondern von ausserhalb. «Darunter hat es viele Lieferanten und Chauffeure, da diese auf dem Areal sehr einfach einen Parkplatz finden können», sagt der Wirt. Tagsüber ist es eine Arbeiter- und Gewerbebeiz, abends ein Probelokal für Guggenmusiken – schliesslich können sie im Gewerbeareal ungestört spielen. Ansonsten ist das Lokal, das auch einen grossen Feuergrill hat, für Partys wie gemacht. Auch ein Catering-Service – so etwa für Aufrichte-Feste auf den Baustellen – wird von der Familie geführt.
Eine Gugge-Hochburg: Proben und Partys sind im Lysbüchel noch gut möglich, da sich hier niemand gestört fühlt. (Bild: Michel Schultheiss)
Ungewisse Zukunft auf dem Lysbüchel-Areal
Dass eine der letzten Gewerbezonen der Stadt vor grossen Umwälzungen steht, hat auch Konsequenzen für die Säulikantine. Eine Mischnutzung soll dereinst den Charakter des Areals merklich verändern. Die SBB haben als Grundeigentümerin dieses Jahr ihren Mietern die Kündigung ausgesprochen. Mehrere Gewerbe- und Industriebetriebe wehren sich nun gegen den Entscheid. Im südlichen Teil des Areals sollen die Betriebe neuen Wohnungen weichen. Zudem hat der Kanton 2013 gemeinsam mit der Stiftung Habitat einen Teil des Areals von Coop gekauft. Dort ist ebenfalls eine Mischzone vorgesehen.
Dementsprechend ist auch die Zukunft der Säulikantine noch ungewiss. Immerhin läuft ihr Vertrag noch bis Mitte 2021. In diesen verbleibenden sechs Jahren möchte die Familie Kocher aber nicht mehr gross umbauen oder investieren. Ob danach immer noch gewirtet werden kann, steht noch in den Sternen. «Vielleicht müssen wir dann das Konzept ändern», meint Martin Kocher. Er möchte aber den Teufel nicht an die Wand malen. Vielleicht könnten die Änderungen auch positive Effekte haben– es komme halt ganz darauf an, welche Leute zukünftig auf dem Lysbüchel wohnen werden. Ob dann immer noch Interesse an der urchigen Gewerbebeiz mit den vielen Schweinchen herrscht, wird sich dann zeigen.
Es waren die Gäste, welche all diese Schweine mitbrachten: Seit 2002 ist die Sammlung ordentlich gewachsen. (Bild: Michel Schultheiss)
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Mit diesem Artikel verabschieden wir uns definitiv vom Quartier-Blog, wie bereits angekündigt. Michel Schultheiss wird weiter für uns schreiben – unter anderem auch solche Geschichten wie diese hier.